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Berlin Daily 18.04.2024
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18 Uhr: Ins Gespräch kommen mit den anwesenden Künstler*innen und dem Kuratorenteam des ZAK – Zentrum für Aktuelle Kunst | Zitadelle, Am Juliusturm 64, 13599 Berlin

Die Kunstsammlung im Willy-Brandt-Haus

von chk (20.08.2021)
vorher Abb. Die Kunstsammlung im Willy-Brandt-Haus

Raumansicht: Atrium des Willy-Brandt-Hauses mit der Willy-Brandt-Skulptur von Rainer Fetting, Foto: kuag

Seit Juni dieses Jahres ist die Kunstsammlung des Willy-Brandt-Hauses in einer ständigen Ausstellung mit ausgewählten Werken aus über 100 Jahren öffentlich zugänglich. art-in-berlin sprach vor Ort mit der Geschäftsführerin des Freundeskreises Willy-Brandt-Haus e.V., Mirja Linnekugel, über die Sammlung.

Carola Hartlieb-Kühn: Die Präsentation der Kunstsammlung soll der Auftakt sein zu vielfältigen Begegnungen mit bildender Kunst im Willy-Brandt-Haus. Wann wurde die Sammlung des Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V. gegründet.

Mirja Linnekugel: Die Sammlung existiert seit 25 Jahren. Sie begann mit dem Bau des Willy-Brandt-Hauses 1996 und hängt eng mit der Idee des Hauses zusammen: Hier sollte nicht nur ein Bürohaus für die Belange der Partei entstehen, sondern ein lebendiger Ort der Begegnung, der Kunst und Kultur offen steht.

CHK: Was waren die ersten Werke, die angekauft wurden?

ML: Das war die Skulptur, die Sie unten im Atrium des Hauses sehen. Es ist die große bronzene Willy-Brandt-Skulptur von Rainer Fetting. Es handelt sich um eine Auftragsarbeit. Die Idee, dieses Werk zu Ehren Willy Brandts anfertigen zu lassen und nicht nur das Haus Willy-Brandt-Haus zu nennen, zeigt zugleich, dass Kunst einen besonderen Stellenwert für diesen Ort haben sollte.

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Raumansicht: Blick in die aktuelle Präsentation der Kunstsammlung, Foto: kuag

CHK: Die über 2000 Werke umfassende Kunstsammlung besteht ja nicht nur aus Auftragsarbeiten. Woher stammen die Werke und wer entscheidet, was in die Sammlung aufgenommen wird?

ML: Die meisten Kunstwerke wurden in Galerien gekauft oder direkt bei den Künstler*innen.
Im Moment ist die Sammlung allerdings schon so groß, dass aktuell nichts mehr angekauft wird.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Der Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e. V. ist die Instanz, die für die Sammlung zuständig ist und den Bestand verwaltet.

CHK: In der Sammlung befinden sich Werke von Max Beckmann über Hermann Glöckner bis hin zu Cornelia Schleime, um nur einige zu nennen. Wie lässt sich die inhaltliche Ausrichtung beschreiben?

ML: Ja, die gesamte Sammlung umfasst einen Zeitraum von 1896 bis ungefähr 2016. Es gibt drei inhaltliche Schwerpunkte: Der erste ist die Klassische Moderne mit Künstlern und Künstlerinnen bis ungefähr 1945. Wobei wir uns hier auf deutsche Kunst konzentriert haben, die soziale Brennpunkte ihrer Zeit widerspiegelt.
Es geht in diesem Kontext natürlich auch um das Schicksal der SPD und deren Mitglieder, die nach 1933 ähnlich unter Verfolgung und anderen Repressalien zu leiden hatten wie die Künstler und Künstlerinnen, deren Werke von den Nationalsozialisten als Entartete Kunst eingestuft wurden.
Der zweite Schwerpunkt lenkt den Blick nach Kriegsende in Richtung Ostdeutschland. Wie verhielt es sich dort mit der nonkonformen Kunst? Welche Freiräume gab es bzw. welche Nischen wurden jenseits des Sozialistischen Realismus genutzt? Beispielsweise von Künstlern wie Hermann Glöckner, Arno Rink als Lehrer vieler Künstler und Künstlerinnen oder die Künstlergruppe Clara Mosch (Michael Morgner, Thomas Ranft, Carlfriedrich Claus, Gregor-Torsten Schade und Dagmar Ranft-Schinke).
Den letzten Schwerpunkt nenne ich gern “Kunst von Jetzt”. Dabei liegt der Fokus auf Berlin, das schließt sowohl die Künstler und Künstlerinnen ein, aber auch Berlin selbst als Thema. Hier ist nichts abgeschlossen, hier stecken wir sozusagen mittendrin. Deshalb lässt sich dieser Schwerpunkt offener gestalten, auch was Materialien betrifft oder andere Medien.

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Elfriede Lohse-Wächtler, Paar (Zwei in der Heuernte), 1930 (Aquarell), Foto: Jörg F. Müller, Courtesy Willy-Brandt-Haus

CHK: Wenn die Kunst gerade nicht in Ausstellungen gezeigt wird, landet sie dann im Depot?

ML: Nein. Es gibt zum Beispiel für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Möglichkeit, sich Werke für ihre Büros auszuleihen, was im Haus auf großes Interesse stößt. Es wird auch nicht unterschieden, ob etwas für die Vorstandsetage oder das Sekretariat gewünscht wird.

CHK: Inwieweit wirken sich aktuelle Debatten wie bspw. die über das Ungleichgewicht von Künstlerinnen im Kunstbetrieb auf Ihr Programm aus?

ML: Das ist eine interessante Frage, weil mir das Thema besonders am Herzen liegt. Natürlich haben wir vereinzelt tolle weibliche Positionen in der Sammlung vertreten wie Elfriede Lohse-Wächtler (1899 – 1940) oder aktueller Heike Jeschonnek. Aber ich werde in Zukunft verstärkt den Blick auf Künstlerinnen lenken, wenn wir zum Beispiel zukünftig bestimmte Themenfelder in der Sammlung ergänzen. Da können wir noch mehr tun.

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Raumansicht: Im Fokus: Roland Borchers: li. Roland Borchers, Heartbreakhotel , 1986 | re. Roland Borchers, Kalter Rauch, 1990, Foto: kuag

CHK: Neben dem Sammlungsüberblick zeigen Sie darüber hinaus, im hinteren Galeriebereich (räumlich leicht abgetrennt), eine Reihe von Werken von Roland Borchers.

ML: Der Sammlungsüberblick ist noch etwa ein Jahr zu sehen. In dem abgegrenzten Raum zeigen wir zusätzlich Wechselausstellungen: aktuell Arbeiten des Leipziger Künstlers Roland Borchers. In unserer Sammlung verfügen wir über Bilder Borchers aus verschiedenen Perioden, die zum Teil noch aus seiner Studienzeit in der DDR stammen. Seine Entwicklung ist äußerst spannend: er hat mit Neo Rauch studiert und war sein Ateliernachbar. Zur Leipziger Schule gehörte Borchers aber nie. Er ist, wie man hier sehen kann, einen ganz eigenen Weg gegangen. An der kleinen Auswahl lässt sich sehr schön erkennen, wie er - nach dem Ende der DDR - mit den ganzen Veränderungen künstlerisch ringt. Und es ist natürlich interessant, eine Position aus der Sammlung einmal genauer vorzustellen.

CHK: Letzte Frage: Was kommt als Nächstes?

ML: Ab Oktober ist geplant, nochmals Willy Brandt in den Fokus zu rücken. Anlass ist das 50. Jubiläum seines Friedensnobelpreises. Und natürlich verfügen wir in unserer Sammlung über eine Menge Brandt-Porträts von Fotografie über Malerei, Grafik bis hin zu Skulpturen.
Und für nächstes Jahr bin ich im Gespräch mit jungen Künstlern und Künstlerinnen, denen ich diesen Ort hier nicht nur vorstellen, sondern auch zur Verfügung stellen möchte.
Aber unser Programm beschränkt sich natürlich nicht nur auf die ständige Ausstellung. Wir wollen das Bildungsprogramm verstärken und weiterhin Fotografieausstellungen zeigen. Die nächste folgt ab 19. August und heißt "about last year - Lockdown Photography".

Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.
WILLY-BRANDT-HAUS
Stresemannstr. 28 10963 Berlin (U-Bhf. Hallesches Tor)
Facebook/freundeskreis.wbh
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.

chk

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