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Daily Grind: Visionen aus dem Lockdown

von Hanna Komornitzyk (27.08.2021)
vorher Abb. Daily Grind: Visionen aus dem Lockdown

Shir Handelsman, Stress Fractures - Courtesy of the artists.

Eineinhalb Jahre Pandemie, eineinhalb Jahre Ausnahmezustand: Wie haben Kontaktsperren und anhaltender Lockdown Künstler*innen und ihre Kunst geprägt? Shir Handelsman antwortet mit “Stress Fractures” auf seine Weise – noch bis zum 28.08.2021 in der Kreuzberger Galerie Art Claims Impulse.

Allmählich, aber beständig schlagen sie in pausenlos wechselnden Abständen zu: Fünf Hämmer – handelsübliche aus dem Baumarkt – arbeiten sich an einem mittelgroßen Stück Kalkfelsen ab und scheinen auch den eigenen Verstand in mühsamster Kleinarbeit zu zermürben. In etwa so müssen sich für viele die vergangenen eineinhalb Jahre angefühlt haben. Lockdown, das bedeutete Zeit allein. Ein Privileg gegenüber jenen in prekären Situationen oder ohne eigenen Wohnsitz – und doch eine schwierige und in diesem Ausmaß völlig neue Situation. Die Konsequenzen für Kulturinstitutionen war vor allem durch die stark eingeschränkten Konsumierungsmöglichkeiten dauerhaft präsent. Die Auswirkungen auf die Arbeit von Künstler*innen wurden in erster Linie durch finanzielle Aspekte beleuchtet. Und doch, obgleich diese elementar wichtig sind und bleiben, wurden kreative Arbeitsprozesse auch durch ganz andere Dimensionen beschränkt. Kunst lebt vom Austausch mit anderen, den Interaktionen, bedingt bestimmte Kulissen und Arbeitsorte, Materialien und Technologien.

Was aus diesen Einschränkungen heraus entstehen kann, zeigt der israelische Künstler Shir Handelsman(*1989) in seiner Ausstellung Stress Fractures am eigenen Beispiel. Einem Ermüdungsbruch kommt diese dabei überraschend nahe. Im Dialog mit der Skulptur, die Hämmer über einen Bewegungsapparat auf einen Stein einschlagen lässt, zeigt der Film Who Owns the Sun? Handelsman in den vermeintlich eigenen vier Wänden: Er sieht Tiere, sich selbst auf den Tasten eines Klaviers und die vermisste Sonne im Inneren einer Konservendose, die er zunächst singend selbst verkörpert und später in seiner Wohnung heraufbeschwört. Die zweiteilige Arbeit hat Humor, digital wie analog.
Der durch den Einschlag erwirkte feine Felsenabrieb ist auf dem Galerieboden zu sehen – Wunsch des Künstlers ist es, dass die Arbeit bis zu ihrer kompletten Selbstauflösung bestehen bleibt. Eine charmante Sichtweise nicht nur auf die Kunst, sondern auch das eigene, befristete Dasein. Sofern von Menschenhand zugelassen, wird die Skulptur mehrere menschliche Generationen überdauern. Wie unbedeutend erscheint dagegen der für den Zeitraum der Pandemie monotonisierte Alltag?

Gleichzeitig geht von Handelsmans Arbeit Ruhe und Sicherheit aus: ein Hammerapparat, der einen Stein zermalmt, neben einem Video, das den Künstler vertieft in die Beschäftigungstherapie gegen die Langeweile zeigt. Bewusst stellt sich die Frage, warum unsere Routinen von Effizienz und Sinn erfüllt sein müssen. Für die Kunst haben beide nie eine Rolle gespielt, richten sich ihr sogar explizit entgegen. Somit kämpft Handelsman nicht nur gegen sich selbst, sondern auch gegen die gesellschaftliche Selbstoptimierungsschleife an. Diese vermochte schon lange vor der Pandemie kreative Impulse auszulöschen. Das menschliche Dasein als losgelöst von wirtschaftlichen Parametern zu betrachten ist eine in der Kunst oft romantisierte Vorstellung. Bei Shir Handelsman wird sie gerade über die vermittelte Illusion erfrischend real – als Handlungsanweisung zur eigenen Entschleunigung und Selbstreflexion.

Art Claims Impulse
Shir Handelsman - Stress Fractures
Ausstellung 10.08.2021 – 28.08.2021
Die-Sa 12:00 - 18:00 Uhr
Markgrafenstraße 86, 10969 Berlin
Art Claims Impulse

Hanna Komornitzyk

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Titel zum Thema Art Claims Impulse:

Verschoben, verschmolzen, verschwommen - Ivonne Thein bei Art Claims Impulse
Nur noch bis Donnerstag: Künstliche Intelligenz wird auf menschliche Körperbilder angesetzt, und stößt an ihre Grenzen. Mehr dazu in unserer Besprechung.

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