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Verschoben, verschmolzen, verschwommen - Ivonne Thein bei Art Claims Impulse

von Katja Hock (29.03.2022)
vorher Abb. Verschoben, verschmolzen, verschwommen - Ivonne Thein bei Art Claims Impulse

© Ivonne Thein / VG Bildkunst Bonn

Künstliche Intelligenz wird auf menschliche Körperbilder angesetzt und stößt an ihre Grenzen. Die Kreuzberger Galerie Art Claims Impulse zeigt in der Solo-Schau Techno Bodies II eine Zusammenstellung medial übergreifender Arbeiten der Künstlerin Ivonne Thein.

Gegenüber des Jüdischen Museums und unweit der Berlinischen Galerie lässt Art Claims Impulse in ihren Räumlichkeiten in der Markgrafenstraße drei Medien aufeinandertreffen: Plastik, Print und Videosequenz oder anders ausgedrückt: zwei-, drei- und - sagen wir vierdimensionale - Abbildungen von Körpern. So wie wir den eigenen Körper erleben, als Bild, als Volumen und in seiner Veränderung über die Zeit – oder eben wie hier digital manipuliert.

Ein gerahmtes Bild an der Wand, eine kleine Plastik aus Silikon auf einem Sockel und mehrere große Bildschirme, die wie übergroße Smartphones an der Wand lehnen, scheinen alle dasselbe zu zeigen: etwas Menschliches. Aber die Bildschirme nehmen physisch den kleinen zimmergroßen Galerieraum ein, wie das Digitale unsere Zeit.

Ivonne Thein, die in Dortmund Fotografie und in Melbourne Freie Kunst studiert hat, programmiert einen Algorithmus und setzt ihn auf Stockfotos von Personen an. Dabei legt sie ein Anfangs- und ein Endbild fest und bestimmt die Suchspanne der KI, um Körperbilder nachzeichnen zu lassen. Die KI scheitert daran, Körper genau oder gar noch besser wiederzugeben. Stattdessen entstehen Verzerrungen und Vermischungen. Arme verschmelzen mit Köpfen, Augen rutschen auf Brusthöhe, nur durch dunkle Schatten sind Haare angedeutet. Herkunft, Alter und Geschlecht kann man nur vermuten, Kleidung ist keine zu sehen.


© Ivonne Thein / VG Bildkunst Bonn

Die Verschmelzungsprozesse rütteln an unseren festgefahrenen Vorstellungen von Körperbildern, von Körperidealen aus Antike, Renaissance oder von heute, denen wir noch immer nur zu gerne nacheifern. Klassisch ideal geformte Proportionen gibt es in den Arbeiten nicht, viel mehr wird mit Verfremdung und Entrückung gespielt. Obwohl die Körper durch das Scheitern der Nachzeichnung von KI bis zur Unkenntlichkeit verfremdet werden, wirkt das Auslassen von Gliedmaßen nicht sonderbar, sondern gehört genauso in die reale Welt, wie sie in der virtuellen wiedergegeben wird. Die nicht-menschlich erscheinenden Aufnahmen präsentieren sich seelenvoll wie Personen unserer Realität.

Während die Videoarbeiten sich wiederholen, bleibt die kleine Plastik und das Fotoprint an der Wand starr in ihren Moment eingefangen. Mit bläulichem Licht, wie man es von nicht verbundenen Monitoren kennt, wird die Plastik angeleuchtet und zeichnet einen Schatten einer nachdenklich sitzenden Figur an die Wand. Ihre Silhouette wirkt vertrauter als die Plastik selbst. Über ihr in schwarzem Rahmen hängt das Standbild eines KI-Prozesses, ein Zyklop mit vollen Lippen aber ohne Arme, der sein Gegenüber mustert.

Bei alldem bleibt die Frage, inwieweit wir digitalen Darstellungen - oder künstlich digital erzeugten - Glauben schenken sowie vertrauen wollen und sollen. Andererseits provoziert das Surreale, Verfremdete und Veränderte (das eben seltener zu sehen ist als eine gefilterte, optimierte Version unserer Selbst) auch eine Auseinandersetzung mit der realen Welt, deren Teil das Digitale untrennbar geworden ist. Wie entkoppelt ist unsere digitale von unserer physischen Präsenz im Leben?

Art Claims Impulse
Markgrafenstraße 86
10969 Berlin

Öffnungszeiten:
Di - Sa
12:00 - 16:00 Uhr

Achtung: Während Ausstellungen gelten andere Öffnungszeiten.
Bitte überprüfen Sie die Daten der Ausstellung.

Katja Hock

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Titel zum Thema Art Claims Impulse:

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Nur noch bis Donnerstag: Künstliche Intelligenz wird auf menschliche Körperbilder angesetzt, und stößt an ihre Grenzen. Mehr dazu in unserer Besprechung.

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