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>Und irgendwann will ich es wissen< - Zur Ausstellung Fraktale IV – tod

von Stefanie Ippendorf (18.09.2005)


>Und irgendwann will ich es wissen< - Zur Ausstellung Fraktale IV – tod

Ich will es wissen und den Zeitpunkt selber wählen: ganz oben im Palast der Republik, nahe unter der Decke des geschichtsträchtigen, zum Abriß freigegebenen Gebäudes, wartet ein Fahrrad darauf, durch Gummibänder auf eine Rampe katapultiert zu werden. Ein Selbstversuch würde zumindest einen Blick ins Angesicht des Todes bedeuten. Benjamin Bergmanns Installation >Und irgendwann will ich es wissen< spielt mit genau diesen Assoziationen vom Freitod. Sein Beitrag ist einer von 25 Positionen zeitgenössischer Kunst, die auf der Fraktale zu sehen sind.

Nach >Relikt ist Keim<, >Mensch baut Mensch< und >Faktor Transzendenz< geht die Fraktale nun mit dem existentiellen Phänomen >Tod< als Themenvorgabe in die vierte Runde. Es gehört zu den Besonderheiten der im Jahre 2000 von den beiden Künstlern Jonas Burgert und Ingolf Keiner ins Leben gerufenen Ausstellungsreihe, nichtmuseale Orte zur Präsentation der Kunstwerke zu erschließen. Mit dem Palast der Republik konnte eine Räumlichkeit mit Kunst okkupiert werden, die im buchstäblichen Sinne aus dem letzten Loch pfeift. Daran kann auch der eigens für die Fraktale gezimmerte "white cube" im Kern des Baus nichts ändern.

"Das Wissen um seine Endlichkeit", so Burgert, "definiert den Menschen als das, was er ist. Weil wir wissen, daß wir endlich sind, sind wir produktiv." Burgert und Keiner, beide mit eigenen Beiträgen auf der Fraktale IV vertreten, geht es um einen unabhängigen Diskurs zum Thema Tod, der über die Grenzen der Wissenschaft, Religion und Erkenntnistheorie hinaus geführt werden soll. Auch auf die Gefahr hin, in puren Pathos abzudriften bzw. an solch einer Thematik zu scheitern, stellten sich namenhafte Künstler wie Jörg Herold, John Bock, Anri Sala, Roman Singer, John Insaac oder Boris Nieslony der Herausforderung.

Und tatsächlich: mit >Der Mensch ist ein Schrank< verweist Nieslony mit seinem „Archiv des Todes“, sprich großformatigen Leichenporträts, auf die unheilvollen Momente der Menschheit. Anbei eine Liste aller Massaker und Völkermorde von 1209 bis 2005. So grausam die Geschehnisse waren, so plump wirkt das Kunstwerk darüber. Die Photos der Verstorbenen sind auf einer Wäscheleine mit gebatikten Stoffstücken an schwarzen Wäscheklammern aufgehängt... Ähnliches gilt Jörg Herolds Riesensandkasten, den der Künstler nach einer ausgiebigen Recherche zu Kindergräbern ins Werk gesetzt hatte. Geschmückt mit niedlichen Stofftieren, ist er zu kitschig, als daß er zu einer wirklich emotionalen Auseinandersetzung mit der Tragik des viel zu frühen Endes eines Lebens führen würde.

Interessante Fragestellungen wirft dagegen die Videoinstallation von Stefan Berchtold auf. Zu sehen ist eine Puppe, die im freien Fall ins Leere stürzt- hat man jemals vom eigenen Lebensende geträumt? Oder ist es nicht so, daß man immer kurz vor dem Aufprall, dem Eintritt des Todes, aufwacht? Gibt es ein Regulativ tief in uns, das verhindert, daß wir uns tatsächlich ein Bild von unserem eigenen Ableben machen? Berchtold dringt in Mysterien vor, die jeden von uns berühren.

"Tod? Die Menschen haben Angst vor diesen drei Buchstaben." Die Kunst kann uns die Angst davor nicht nehmen. Sie kann uns jedoch neue Perspektiven eröffnen, die das Unumgängliche weniger schauderhaft erscheinen lassen.


Fraktale IV - tod
17.09. - 22.10.2005
Palast der Republik
täglich 10 - 20h

Stefanie Ippendorf

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