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Haus am Lützowplatz / Studiogalerie

(Ver-)Handlungsräume

Vajiko Chachkhiani, Andreas Greiner, Fabian Knecht und Vinzenz Reinecke



Fabian Knecht, Befreiung, 2012

1. FEBRUAR – 2. MÄRZ 2014
Kuratiert von Dr. Ursula Ströbele

„Der Raum scheint entweder gezähmter oder harmloser zu sein als die Zeit: man begegnet überall Leuten, die Uhren haben, und sehr selten Leuten, die Kompasse haben. Man muss immer die Zeit wissen [...], doch fragt man sich nie, wo man ist. Man glaubt es zu wissen: man ist zu Hause, man ist in seinem Büro, man ist in der Metro, man ist auf der Straße.“
(Georges Perec, Träume von Räumen, (1974), Frankfurt am Main 1994, S. 103.)

Was ist Raum? – ein Begriff, der jedem von uns vertraut ist und mit dem wir täglich in den verschiedensten Formen konfrontiert werden. Seine komplexe Bedeutungsgeschichte changiert zwischen dem aus Schulgeometrie und Physik bekannten metrisch erfassbaren, geschlossenen Container-Raum und diffusen Alltagsvorstellungen von Welt-, Wohn-, Kultur- und sozial- öffentlichem, politischem Raum, Gedanken- und mentalem Reflexionsraum. Literarisch beschreibt Georges Perec Raum als „das, was den Blick aufhält, das, worauf die Augen treffen [...], wenn es einen Winkel bildet, wenn es aufhört, wenn man sich umdrehen muss, damit es wieder weitergeht….“. (s.o., ebd., S. 100.) Sein Versuch, Räumlichkeiten schriftlich zu fixieren, in ihren Grenzen abzustecken und sichtbar zu machen, sollen zu einer eigenen kritischen Standortbefragung anregen. Was ist Welt eigentlich?

Die Ausstellung (Ver-)Handlungsräume in der Studiogalerie vom „Haus am Lützowplatz“ präsentiert unterschiedliche Möglichkeiten einer Aneignung und Aktivierung von Raum im Sinne von temporären künstlerischen Setzungen bzw. Markierungen, d.h. Gesten, die die vertraute Sichtweise auf die alltägliche Umgebung irritieren, verfremden und zu neuen Perspektiven auffordern. In Anlehnung an Michel de Certeaus “Kunst des Handelns” und seinem Verständnis von Raum „als Ort, mit dem man etwas macht” (Michel de Certeau, Kunst des Handelns (1980), Berlin 1988, S. 218.) sowie Maurice Merleau-Pontys anthropozentrischem, leibgebundenem Raumkonzept zeigen die vier in Berlin lebenden Künstler Vajiko Chachkhiani, Andreas Greiner, Fabian Knecht und Vinzenz Reinecke ausgewählte Werke, die eine performative Erfahrbarmachung des Raums ermöglichen und eine damit verbundene semantische Aufladung dokumentieren. Im Dialog mit dem aktivierten Betrachter entfalten sich diese skulpturalen Ereignisse erst innerhalb der Zeit und eröffnen spezifische Verhandlungsräume:

Bei Entfachung, einer Aktion von Fabian Knecht, entwich am 1. Oktober 2013 dem Dach des Museum of Contemporary Art Zagreb eine grau-schwarze, bedrohlich wirkende Rauchwolke, einen Großbrand evozierend. Sie hüllte die Umgebung in Nebel und erregte erhebliches Aufsehen. Was passiert, wenn Kunst aus dem White-Cube ausbricht, ohne Vorwarnung in unser Leben drängt, das ortsansässige Museumsgebäude dabei zu einem monumentalen Sockel dieser ephemeren Skulptur mutiert? Wie gehen wir mit unserer Faszination für Schreckensbilder um? Lässt sich diese gar in ein ästhetisches Erlebnis transferieren? – zentrale Fragen, denen der Künstler, u.a. zuletzt in seiner Explosions-Serie Entladung (2012/2013) mit Andreas Greiner an unterschiedlichen Orten in der urbanen Öffentlichkeit nachgeht. Seinem Interesse für physikalisch-biologische Phänomene geschuldet, arbeitet Letztgenannter schon seit einigen Jahren mit lebenden Organismen, Pflanzen und Tieren. Die buchstäblichen living sculptures sind geprägt von einer eigenen Zeitlichkeit bzw. Rhythmik und erweitern das traditionelle Skulpturenverständnis. In zwei alltäglichen, mit Meerwasser gefüllten Kanistern aus nachgebendem Plastik befinden sich biolumineszente Algen, die in der Dunkelheit bei Bewegung geheimnisvolles Licht abgeben und kurz aufleuchten. Durch die Handlung des Betrachters, d.h. die Berührung des plastischen Objekts verändert sich dessen visuelle Erscheinung. Es reagiert auf die externe Stimulierung und adressiert sich an seine Umgebung.

Bereits mehrfach dienten Bücher Vinzenz Reinecke als plastisches Material, darunter in seiner Performance The Flying Book (2012). In der Studiogalerie zeigt er ein eigens für den Ort realisiertes Objekt 26.11.2013, das in Form und Konzeption einem Reenactment bzw. simulierten Objet-Trouvé ähnlich agiert. Der Titel verweist auf die kürzlich durch ein Feuer beschädigte und vom Löschwasser zusätzlich angegriffene Bibliothek im Thüringischen Schloss Ehrenstein. Das durchnässte, gewellte Papier der Bücher dehnt sich aus und beansprucht nun einen größeren Platz als im vorigen Zustand. Zwischen zwei vertikalen Wandelementen trägt es sich selbst ohne stützenden Grund und durchteilt horizontal den Raum. Dem Betrachter bleibt es überlassen, ob er seinen Weg unterhalb des sich ihm in den Weg stellenden Objekts oder außenherum fortsetzt.

Bei all ihrer physischen Konkretheit leben die Werke Vajiko Chachkhianis von vagen Andeutungen und leisen Ahnungen über die teils unklare Herkunft des Materials und der auftretenden Protagonisten, die es zu dechiffrieren gilt. Sie erzählen von sich und bringen häufig unterschwellig eine emotionale Expressivität mit ins Spiel – verborgene Poesie der Form. In seinem Video Life ist die Kamera statisch auf ein geschlossenes Fenster gerichtet, dem sich langsam eine Person nähert, heraussieht, ihren Blick nach kurzer Zeit abwendet, sich umdreht, zurückgeht und verschwindet. Das Fenster bleibt leer, der Beobachter fragend alleine zurück, bis sich die Szene wiederholt. Die (nicht sichtbare) Tatsache, dass es sich um ein Hospiz handelt, erweitert den Bedeutungsraum um eine entscheidende Dimension – das Fenster als Schnittstelle zur Außenwelt, auf die Turbulenz des Lebens weisend?

In der Ausstellung vereint, sprechen diese sich im Raum temporal ereignenden und aufeinandertreffenden Werke die Sinne des Betrachters an, fordern ihn zum Nachdenken, zum handelnden Sehen (Vgl. Maurice Merleau-Ponty, Das Auge und der Geist (1961), Hamburg 2003, S. 298.) auf und lassen in der Interaktion mit ihrem Gegenüber ein Geflecht von Sinnpotentialen entstehen – Konfrontation mit dem eigenen Selbst durch den Anderen. Die enge Verschlungenheit von Körper und Welt, die Räumlichkeit unserer Existenz führt, so beschreibt es Merleau-Ponty, dazu, „daß sie nämlich nach innerer Notwendigkeit sich einem ´Außen` öffnet.“ (Maurice Merleau-Ponty, Phänomenologie der Wahrnehmung (1946), Berlin 1966/1974, S. 341.)
(Ursula Ströbele)

Hinweis: Während der Umbauzeit in der Großen Galerie des HaL vom 11. bis zum 20. Februar 2014 ist die Studiogalerie nur von 11.00 bis 16.00 Uhr geöffnet und über unser Büro zu erreichen. Am 15. und 16. Februar 2014 sind die Räume geschlossen.

Darüber hinaus möchten wir Sie zu unserer Kuratorenführung im Dialog am Mittwoch, den 29. Januar 2014 um 18 Uhr einladen!
Der Künstlerische Leiter des HaL, Dr. Marc Wellmann, führt zusammen mit Alexander Hattwig durch Oliver Jordans Ausstellung Industrielandschaften in der Großen Galerie.


Haus am Lützowplatz
Fördererkreis Kulturzentrum Berlin e.V.
Lützowplatz 9
10785 Berlin

Tel.: +49 30 261 38 05
Fax : +49 30 264 47 13
Mail: office@hal-berlin. de

Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 11.00 - 18.00 Uhr
Eintritt frei!
Haus am Lützowplatz / Studiogalerie

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