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Søren Kierkegaard: Entweder / Oder - Ästhetische und ethische Positionen in der zeitgenössischen Kunst

von Barbara Borek (24.06.2013)
vorher Abb. Søren Kierkegaard: Entweder / Oder - Ästhetische und ethische Positionen in der zeitgenössischen Kunst

Lee Yongbaek, Broken Mirror, 2011, Courtesy: der Künstler und die Hakgojae Gallery, © Lee Yongbaek

"Mein Entweder/Oder bezeichnet zuallernächst nicht die Wahl zwischen Gut und Böse ... Es ist die Rede ... davon, dass man das Wollen wählt." Die These des Philosophen und Theologen Søren Kierkegaard ist Ausgangspunkt der Reflexionen zeitgenössische Künstler in der aktuellen Ausstellung im Haus am Waldsee. Der Däne stellte in seiner gleichnamigen zentralen Schrift, entstanden 1841 in Berlin, das westliche duale Denksystem radikal infrage. Die künstlerischen Antworten sind Positionierungen zwischen ästhetischer Sinnlichkeit und ethischem Handeln.

Das ambitionierte und spannende Ausstellungsprojekt im Süden Berlins, gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, ist Teil des internationalen Kierkegaard Jahres anlässlich seines 200. Geburtstags. Fünfzehn Künstlerinnen und Künstler aus neun Nationen ziehen in ihren Arbeiten und Installationen Kierkegaards existentialistische Fragen zu Liebe und Tod vom 19. ins 21. Jahrhundert – und in eine räumliche Dimension. Die Frage und Suche nach der Wahl zwischen Leidenschaft und Rationalismus, gestellt von einem Mann, der 1840 den sozialen Vertrag der Verlobung brach und die gesellschaftlichen Regeln nicht akzeptieren wollte, wird zur Frage und Suche nach der eigenen, aktuellen Wahrheit. Kierkegaard begriff Wahrheit als etwas, das jeder zu finden fähig sei.

Tom Hillewaere, Valse sentimentale, 2006, Courtesy: der Künstler

In seiner Installation "Valse Sentimentale" von 2006 lässt Tom Hillewaere (*1980) einen Gasballon mit angehängtem Filzstift über den Boden gleiten. Angetrieben von Ventilatoren schwebt er in unterschiedlichem Tempo über das weiße Podest. Zu den Klängen von Tschaikowsky folgen Augen und Ohren fast meditativ den Spuren. Der belgische Künstler gehört zu der Gruppe der ausgestellten "Ästheten". Sie spielen mit Form, Farbe und Material, suchen Unterhaltung, wählen intuitiv mit den Sinnen aus – sind allein auf sich bezogen? In den zwei Spiegeln des Koreaners Lee Yongbaek (geb. 1966) werfen die Bilder des eigenen Egos kein glattes Abbild zurück. Unter lautem Splittergeräusch zerbricht die Oberfläche in regelmäßigen Abständen. Auf das ästhetische Konzept ist kein Verlass, es ist verletzlich, kann verzerren, letztlich scheitern.

Jeppe Hein, Mirrors and Light, 2009, Courtesy: Johann König, Berlin, 303 Gallery, New York and Galleri Nicolai Wallner, Foto: Léa Nielsen

Das Lebensziel der Ethiker dagegen ist klar definiert: Ihre Überzeugungen, ihr politisches Engagement, ihre reflektierte und vernünftige Einstellung sind für ihr Handeln ausschlaggebend. Die dänische Künstlerin Stine Marie Jacobsen (geb. 1977) untersucht in ihrem Film-, Forschungs- und Plakatprojekt den Einfluss von Horrorfilmen auf unser kollektives Gedächtnis. In "Direct Approach" (2012/13) zeigen Amateurschauspieler Szenen aus bekannten Filmen, distanzieren und nähern sich im Verlauf der Dreharbeiten hinsichtlich der dargestellten Rollen. Und Renzo Martens (geb. 1973, Niederlande) fragt in seinem künstlerischen Dokumentarfilm nach der eigennützigen Ausbeutung des Kongo durch den Westen: "Kann Armut eine Ressource für die Armen sein?" Sein provokanter Vorschlag an junge einheimische Fotografen, mit den Bildern hungernder Kinder und vergewaltigter Frauen Geld zu verdienen, ist auch Kritik am Selbstbild internationaler Hilfsorganisationen.

Kierkegaard war der Auffassung: Jeder Mensch wird im Laufe seine Lebens mit existentiellen Fragen konfrontiert und beginnt nach denjenigen Werten zu suchen, auf deren Grundlage er existenzielle Entscheidungen trifft. Entweder / Oder – haben wir die Wahl?
Der Katalog (Deutsch und Dänisch), herausgegeben von Katja Blomberg, ist im Verlag Walther König erschienen.

Künstlerliste: Birgit Brenner (geb. 1964, Deutschland), Alfred Boman (geb. 1981, Schweden), Tom Hillewaere (geb. 1980 Belgien), IEPE (geb.1974, Niederlande), Kirstine Roepstorff (geb. 1972, Dänemark), TAL R (geb. 1967, Israel), Lee Yongbaek (geb. 1966, Korea), Christian Falsnaes (geb. 1980, Dänemark), Ahmad Ghossein (geb. 1981, Libanon), Jeppe Hein (1974, Dänemark), Stine Marie Jacobsen (geb. 1977, Dänemark), Renzo Martens (geb. 1973, Niederlande), Cia Rinne (geb. 1973, Schweden), Liv Strand (geb. 1971, Schweden), Kerry Tribe (geb. 1973, USA)

Kuratorin: Solvej Helweg Ovesen

Öffnungszeiten: Di - So 11 bis 18 Uhr
Søren Kierkegaard - Entweder / Oder
Im Spiegel zeitgenössischer Kunst
22. Juni bis 22. September 2013
Haus am Waldsee - Internationale Gegenwartskunst in Berlin
Argentinische Allee 30
14163 Berlin

hausamwaldsee.de

Barbara Borek

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Titel zum Thema Søren Kierkegaard :

Søren Kierkegaard: Entweder / Oder - Ästhetische und ethische Positionen in der zeitgenössischen Kunst
Ausstellungsbesprechung: "Mein Entweder/Oder bezeichnet zuallernächst nicht die Wahl zwischen Gut und Böse ...

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