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19 Uhr: im Rahmen der Finissage zu "Becoming Who You Are - Studium trotz Flucht". (Eintritt frei / aber Anmeld.) Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung | Stresemannstr. 90 | 10963 Berlin

Zeugen der Anklage - FORENSIS im Haus der Kulturen der Welt

von Barbara Borek (18.03.2014)
vorher Abb. Zeugen der Anklage - FORENSIS im Haus der Kulturen der Welt

DNA-Identifikationsraum des Clyde Snow Labors („Laboratorio Clyde Snow”), Guatemala-Stadt, November 2011. © Paulo Tavares/Eyal Weizman

Das Projekt FORENSIS stellt sich einer großen Aufgabe: Menschenrechtsanwälte, Künstler, Wissenschaftler und Aktivisten zeigen in einer bedrückenden Zusammenstellung Blicke auf Machtmissbrauch, Vertreibung und Zerstörung. Und auf die technischen Möglichkeiten, diese aufzudecken.

Forensische Methoden sind den Zuschauern von Fernsehkrimis ein Begriff, helfen sie doch auf oft spektakuläre Weise bei der Überführung der Täter. Auch der Staat kann über Fingerabdrücke oder Internet-Ortung die Bevölkerung überwachen, ihren Spuren folgen. Die von Eyal Weizmann und Anselm Franke kuratierte Ausstellung untersucht nun die andere Seite dieser Techniken. Der lateinische Begriff Forensis bedeutet ´zum Forum gehörend`. "Das Forum ... wird der Ort, an dem sich die Dinge zu Wort melden und Sehweisen gesellschaftlicher Akteure artikuliert werden. Es wird zum Ort, an dem sowohl die Ordnung der Welt wie das Verständnis der Gesellschaft verhandelt werden", erläutert Intendant Bernd M. Scherer. "Als ein solches Forum versteht sich das HKW." Verhandelt werden hier mit Modellen und Karten, Film- und Tonaufnahmen sowie Dokumentationen die Eingriffe in Landschaften und Staatsgebiete, in die klimatischen Bedingungen des Planeten und somit immer wieder in das menschliche Leben. Die Zusammenstellung der Projekte folgt einer ganz eigenen, die Besucher sehr fordernden Sehweise.

Die Gewebeproben von Jassir Arafats Leichnam nach dessen Exhumierung, die Ruinen eines palästinensischen Wohnviertels in Jaffa, der Völkermord an den Ixil in Guatemala und die Bedrohung eines kleinen Dorfes in der Arktis – Spuren der Gewalt ziehen sich durch die Ausstellungshalle und sind oft schwer auszuhalten. Der Anspruch der Ausstellung, die "Richtung des forensischen Blickes umzukehren und ein Handlungsfeld abzustecken, in dem Individuen und Organisationen Machtmissbrauch durch Staaten und Firmen aufdecken" wird auf zwei Ebenen eingelöst: Unter dem Titel CASE werden Beispiele gezeigt, die internationale agierenden Strafverfolgern sowie politischen Organisationen und NGOs neuartige Beweismittel bieten. Als FILE dagegen werden kritische Untersuchungen zu historischen Ereignissen bezeichnet.

So weist Nicola Perugini, Anthropologe aus Jerusalem (Palästina), in seinem CASE darauf hin, dass die verschiedenen historischen Teilungspläne sein Land nicht nur aufgeteilt, sondern auch neue räumliche Verhältnisse haben entstehen lassen. Ein Raum, irreal und real zugleich, bestehend aus der Breite der Trennlinien, ´Lawless Lines`. Paulo Tavares, Architekt und Stadtplaner aus Ecuador, nutzt im CASE ´Archeology of Violence` Fernerkundungstechniken zur Untersuchung der Gewalt gegen indigene Völker in Amazonien.

Als FILE zeigen der US-amerikanische Medienwissenschaftler und Menschenrechtler Thomas Keenan und Eyal Weizmann, Architekt und Professor für Spatial und Visual Cultures am Goldsmiths, die Verfahren zur Identifizierung von Leichnamen, so den des Lagerarztes von Auschwitz, Josef Mengele, aber auch der von Tausenden verschwundenen Personen in aller Welt. Der Künstler und Forscher Gerald Nestler hinterfragt in seinem FILE ´Financal Forensis And The Double Figure Of The Expert Witness` einen finanzwirtschaftlichen Zwischenfall an der New Yorker Börse 2010: Eine forensische Untersuchung ergab, dass von Computeralgorithmen ausgeführte Transaktionen die Schuld an dem Kurseinbruch trugen.

Die Abhängigkeit des Menschen von der Technik, die Macht des Menschen über die Technik, aber auch die Möglichkeiten neuer Beweismittel und somit auch Veränderungen mithilfe der Technik – die komplexe Ausstellung hinterlässt ihre Besucher mit einer Fülle von Fragen. Leider ist der Katalog zur Ausstellung mit den Titel "Forensis. The Architecture of Public Truth" (28 Euro) ausschließlich auf Englisch erschienen.

Forensis
Haus der Kulturen der Welt
John-Foster-Dulles-Allee 10
10557 Berlin
Mi – Mo und feiertags 11.00 bis 19.00 Uhr
hkw.de


Video zur Ausstellung Forensis:
HKW Anthropocene

Barbara Borek

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Titel zum Thema Forensis :

Zeugen der Anklage - FORENSIS im Haus der Kulturen der Welt
Ausstellungsbesprechung: Das Projekt FORENSIS stellt sich einer großen Aufgabe: Menschenrechtsanwälte, Künstler, Wissenschaftler und Aktivisten zeigen in einer bedrückenden Zusammenstellung ...

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