Unter dem Titel FLOOD UNDER SKIN zeigt der Berliner Kunstraum Jergon noch bis zum 4. Oktober großformatige Ölgemälde der Künstlerin Rei Zukidou. Die Ausstellung markiert ihre erste Einzelausstellung bei Jergon. Kurator Nicola Patruno, der Jergon ursprünglich als Ausstellungsort mit dem Fokus auf Fotografie gründete, ermutigte Zukidou, ihre skizzenhaften organisch-figurativen Arbeiten, die auf einer instinktiven Erforschung des Körpers beruhen, weiter auszuarbeiten. FLOOD UNDER SKIN ist so das Ergebnis eines intensiven kreativen Austauschs zwischen Künstlerin und Kurator.
Bereits beim Betreten der Ausstellungsräume im Berliner Wrangelkiez wird spürbar, wie sehr sich die Gemälde mit dem Ort verzahnen. Die nackten Wände und die Farbigkeit der Leinwände scheinen auf subtile Weise miteinander zu kommunizieren. Raum und Bildraum verschmelzen in einer ästhetischen Symbiose, die durch die Architektur pulsiert wie ein Herzschlag. Diese Energie scheint sich aus der Malerei selbst zu speisen: aus den rhythmischen Bewegungen organischer Formen, die sich an menschliche Körper anlehnen, sich aber ebenso oft in manieristisch-abstrakte Auswüchse auflösen – nur um zur menschlichen Figur zurückzufinden.

Hier ein angedeuteter Rücken, dort eine Hand oder ein Brustkorb: Die Körper in Zukidous Gemälden sind klar als menschlich erkennbar, doch folgen sie keiner anatomischen Exaktheit. Vielmehr scheinen sie psychologische Spannungen nach außen zu kehren – innere Zustände werden zu äußeren Formen. Die Malerei verweigert sich der klassischen Figurendarstellung und findet stattdessen zu einer eigenen, viszeralen* Bildsprache.
Es ist naheliegend, in diesen Fleisch gewordenen Figurationen an Künstler wie Francis Bacon zu denken. Doch während Bacons Werke oft durch eine existenzielle Angst und dem Horror der Körperlichkeit geprägt sind, strahlen Zukidous Bilder eine beinahe zärtliche Wärme aus. Trotz ihrer Groteske wirken sie nicht abstoßend, sondern intim. Die Körper sind deformiert, verrenkt, manchmal in blaue Farbe wie in Wasser getaucht – und dennoch zeugt jede Geste von der Achtung der Künstlerin zu ihrem Sujet.

Rei Zukidou bewegt sich in ihrer künstlerischen Praxis zwischen zwei Polen, die oft als gegensätzlich verstanden werden: einerseits die westlich geprägte figurative Malerei, wie sie in FLOOD UNDER SKIN zu sehen ist; andererseits eine abstrakte Formsprache, die sich östlicher Ikonografie und Philosophie annähert. Als „Mark-Making“ bezeichnet sie ihre abstrakten Arbeiten. Für Zukidou bilden diese Pole keine Widersprüche, sondern eine Korrespondenz zwischen Bewusstem und Unbewusstem, zwischen materieller Körperlichkeit und spiritueller Präsenz. Ihre figurative Malerei ist nicht bloß Darstellung, sondern Konfrontation: mit sich selbst, mit dem Körper, mit dem Menschsein in seiner fragilsten Form.
* bezieht sich auf die inneren Organe des Körpers und im übertragenen Sinne auf eine tief sitzende, emotionale Reaktion.
Rei Zukidou
FLOOD UNDER SKIN
13. September – 4. Oktober 2025
Öffnungszeiten:
Fr-Sa, 16 – 19 Uhr & auf Anfrage
JERGON
Wrangelstraße 76
10997 Berlin
instagram.com/jergon.studio/
www.artsy.net