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Berlin Daily 19.03.2024
Performance

19 Uhr: mit dem Klangkünstler und Performer Antti Tolvi aus Turku, Finnland im Rahmen der Ausstellung "Sound, light, silence" Galerie Pleiku | Eugen-Schönhaar-Str. 6a | 10407 B

Optimismus ist nur ein Mangel an Informationen

von chk (24.09.2016)
vorher Abb. Optimismus ist nur ein Mangel an Informationen

Raumansicht, im Vordergrund: A.R. Penck,Ohne Titel, 1974, rechts: Michael Freudenberg, Brandung, 1989,aus der Serie Struktur und Strömung

Nur noch bis Montag: "Optimismus ist nur ein Mangel an Informationen" prangt in einem der Ausstellungsräume im zweiten Stock des Martin-Gropius-Baus im Rahmen der Ausstellung "Gegenstimmen. Kunst in der DDR 1976-1989". Das Heiner Müller Zitat beschreibt eine Zeit in der DDR, die in den Künstlerkreisen geprägt war von Desillussionismus und Ernüchterung. Ausschlag gab die Ausbürgerung Wolf Biermanns im Jahr 1976, was zu einer Zäsur führte. Kritikern des Systems wurde durch die "Verbannung" der Zugang zu allen gesellschaftsrelevanten Prozessen innerhalb der DDR verwehrt. Von jetzt an gab es nicht mehr die Hoffnung oder das Streben, das System in irgendeiner Weise zu reformieren, vielmehr "pfiffen besonders die jungen Künstler auf die DDR," wie Eugen Blume, der zusammen mit Christoph Tannert "Gegenstimmen" kuratiert hat, zur Pressekonferenz festhielt.

Das Jahr 1976 dient zugleich als Ausgangspunkt der Ausstellung, die Maler, Dichter, Performer, Aktionisten, Fotografen, Super-8-Filmer, Jazz- und Rockmusiker aus dem Zeitraum von 1976 bis zum Beginn des Mauerfalls 1989 zusammenführt. Insgesamt 80 Künstler, darunter bekannte Namen wie Lutz Friedel, Else Gabriel, Via Lewandowsky, Sibylle Bergemann, Hans Scheib, Strawalde, A.R. Penck oder York der Knoefel. Man erforschte staatsabgewandt Freiräume, orientierte sich verstärkt an den Bildsprachen der klassischen Avantgarde oder an Trends wie den Happenings, der Punkszene oder den Beuysaktionen aus dem Westen, auf der Suche nach einer eigenen relevanten Sprache. So zeigt sich die Distanzierung zum DDR-Machtapparat in vielerlei künstlerischen Stilen, Medien und Mittel.

Bewußt haben sich die beiden Kuratoren gegen eine chronologische Anordnung der Kunst oder ein Zuordnung der Schulen (Leipziger oder Dresdner) entschieden, weil es nicht darum ging, eine kulturpolitische Dokumentation zu präsentieren. Stattdessen sollen die in 10 Ausstellungsräumen verteilten Werke im Mittelpunkt stehen, auch um dem immer noch vorherrschenden Vorurteil zu begegnen, Kunst aus dieser Zeit sei in einem geschlossenen Raum entstanden, korrigiert von einer bornierten Obrigkeit. Und wie Tannert und Blume mehrfach betonten, um die Qualität der Arbeiten, die im westdeutschen Kontext nach wie vor als zweitklassig gilt, erneut zur Diskussion zu stellen. Betont wird dieses Anliegen durch die Sprüche, Gedichtszeilen oder Zitate an den Wänden der einzelnen Räume wie beispielsweise von dem eingangs erwähnten Heiner Müller, von dem sich auch noch der schöne Satz: "Was jetzt passiert, ist die totale Besetzung mit Gegenwart" finden lässt. Diese Zeilen dienen keineswegs als Motto, denen sich die Kunstwerke zuordnen lassen, sondern sollen auch kunsthistorisch neue Perspektiven eröffnen und Denkanstöße geben.


Raumansicht, im Vordergrund: Reinhard Stangl, Das Gespräch, 1987, Gemeinschaftsarbeit mit Hans Scheib

Ohne Frage macht es Spaß, sich diese Ausstellung anzusehen. Mal erfreut: über eine gelungene Zusammenstellung und Auswahl an Kunstwerken wie bspw. unbekanntere Werke von A.R. Penck oder einer Vielzahl an Fotografien wie bspw. von Thomas Florschütz oder Mitschnitte von Aktionen der Autoperforationsartisten (Micha Brendel, Else Gabriel, Via Lewandowsky, Rainer Görß). Mal schmunzelnd: Etwa, wenn man zwischen zwei Räumen auf ein kleinformatiges Video stößt, in dem der Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke, vor Abgeordneten der laut lachenden Volkskammer betont, wie sehr er doch alle liebe - und das als Loop. Mal anregend: über ein kluges Konzept, bei dem nur manchmal, angesichts der inneren Getriebenheit jener Zeit, ein Hauch von Nostalgie aufkommt.

Künstler: Autoperforationsartisten, Sibylle Bergemann, Eugen Blume und Erhard Monden, Joachim Böttcher, Micha Brendel, Hans Brosch, Manfred Butzmann, Hartwig Ebersbach, Christiane Eisler, Anatol Erdmann, Lutz Fleischer, Thomas Florschuetz, Michael Freudenberg, Lutz Friedel, Else Gabriel, Rainer Görß, Eberhard Göschel, Wasja Götze, Peter Graf, Hans-Hendrik Grimmling, Sabina Grzimek, Bernd Hahn, Klaus Hähner-Springmühl, Angela Hampel, Volker Henze, Peter Herrmann, Sabine Herrmann, Martin Hoffmann, Veit Hofmann, Petra Kasten, Ralf Kerbach, Klaus Killisch, York der Knoefel, Andreas Küchler, Michael Kunert, Verena Kyselka, Mark Lammert, Helge Leiberg, Via Lewandowsky, Walter Libuda, Ronald Lippok und Bert Papenfuß, Frank Maasdorf, Ute Mahler, Werner Mahler, Peter Makolies, Oskar Manigk, Yana Milev, A. R. Penck, Oscer Pioppi, Steffen Reck, Robert Rehfeldt, Stefan Reichmann, Reinhard Sandner, Jürgen Schäfer, Wolfram Adalbert Scheffler, Hans Scheib, Hans Scheuerecker, Hanns Schimansky, Christine Schlegel, Cornelia Schleime, Gil Schlesinger, Bernd Schlothauer, Annette Schröter, Hans-Joachim Schulze, Frank Seidel, Reinhard Stangl, Matthias Stein, Gabriele Stötzer, Strawalde, Gudrun Trendafilov, Joachim Völkner, Trak Wendisch, Jochen Wermann, Karin Wieckhorst, Michael Wirkner, Ruth Wolf-Rehfeldt, Reinhard Zabka

Gegenstimmen. Kunst in der DDR 1976-1989
16. Juli bis 26. September 2016

Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstraße 7
10963 Berlin
Tel +49 30 254 86-236
Fax +49 30 254 86-235
gropiusbau.de

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