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Berlin Daily 19.03.2024
Performance

19 Uhr: mit dem Klangkünstler und Performer Antti Tolvi aus Turku, Finnland im Rahmen der Ausstellung "Sound, light, silence" Galerie Pleiku | Eugen-Schönhaar-Str. 6a | 10407 B

100 Prozent für den Künstler

von Inge Pett (15.10.2017)
vorher Abb. 100 Prozent für den Künstler

Cecile Wesolowski, LA VIE DE CHÂTEAU, 2015, Rescue blankets, wires, mirrored paper, and glue, 80 meters square, © Cecile Wesolowski

Für Künstler in Berlin wird es immer enger. Bezahlbare Ateliers sind mindestens so schwer zu finden wie erschwingliche Wohnungen. Und bestehende Kreativräume wie etwa die Weddinger Uferhallen drohen, unter die Räder von Immobilieninvestments zu geraten. Umso verheißungsvoller klingt, was die Berliner Enter Art Foundation (EAF) mit der „Berlin Art Exhibition“ umsetzen will: einen „weltweit einmaligen philanthropischen Ansatz, um Künstler zu unterstützen“.

Das Prinzip ist einfach: 100 Prozent der Verkaufserlöse kommen den Künstlern zugute. Die Verkaufsausstellung, in der 49 zeitgenössische Künstler Arbeiten in einer Preisspanne von 100 bis 30.000 Euro anbieten, läuft vom 14. bis 22. Oktober 2017.


Foto / Courtesy Nadine Dinter PR

Ungewöhnlich ist nicht nur das Konzept der Ausstellung. Auch der Ort, an dem diese Schau diesmal stattfindet, ist besonders: das leerstehende Oberdeck der denkmalgeschützten Kantgaragen. Die zwischen 1929 und 1930 entstandenen Hochgaragen zählen zu den wichtigsten Baudenkmälern der Neuen Sachlichkeit.

Diese Location sei der Stiftung vom Inhaber, der Familie Gädecke, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden, erklärt EAF-Direktor Till Wald. Überhaupt versuchten er und seine beiden Mitarbeiter, die Kosten so überschaubar wie möglich zu halten.

Die Stiftung bietet jungen Künstlern am Anfang ihrer Karriere ein kostenloses Forum. Till Wald hält sich dabei an die Devise seines Großvaters, eines Kunstsammlers: „Wenn Du einem Künstler ein Kompliment machen willst, dann kauf ihm ein Werk ab“.

Die Künstler erwidern dieses „Kompliment“, indem sie der Enter Art Foundation ein Kunstwerk ihrer Wahl hinterlassen. Seit der Gründung der Stiftung im letzten Jahr sei so schon eine beachtliche Sammlung von 180 Werken zustande gekommen, die weltweit an Museen und Kunstvereine ausgeliehen wird. Die erste Ausstellung fand im Rahmen der Art Basel statt und auch während der Art Week war die Stiftung mit einer Schau präsent. Demnächst ist eine Kooperation mit Stockholm geplant.


Christian Awe, COOL WATER, 2017, Acrylic on canvas, 210 x 260 cm, © Christian Awe

Es sei ein Fulltime-Job „und noch ein bisschen mehr“, erklärt die Kuratorin Suzanne Royal, die bereits hunderte von Künstlern im In-und Ausland in ihren Ateliers aufgesucht hat. Dabei sei ihr die Internationalität besonders wichtig, so seien von den 49 präsentierten Künstlern knapp die Hälfte aus anderen Ländern, auch wenn die meisten ihren Wohnsitz in Berlin oder der Umgebung hätten.

Wie etwa die in Potsdam lebende Französin Cecile Wesolowski, deren Installation „La Vie de Chateau“ sich die Parkhausausfahrt herunter erstreckt und auch die Geländer nicht ausspart. Es sind merkwürdige golden glitzernde Gebilde, die entfernt an aus Glanzpapier gefertigte Weihnachtssterne erinnern und auf dem grauen Beton irgendwie bizarr, wenn nicht gar desolat wirken. Die Künstlerin klärt auf, dass es sich bei dem Material um Rettungsdecken handelt, wie etwa der ADAC sie verwendet.

Nur allzu präsent sind im kollektiven Gedächtnis die Medienbilder von Geflüchteten, die in solche Decken eingehüllt waren, nachdem sie aus dem Mittelmeer gerettet werden konnten. „Mich haben die vergoldeten Villen der Machthaber von Syrien, über die Ukraine bis hin nach Washington inspiriert“, erklärt die Künstlerin ihren Ansatz. „Während sie menschliche Tragödien verheerenden Ausmaßes verursachen, realisieren sie privat den Traum vom trauten Heim im geschmacklosen Pseudo-Rokokostil“. Wesolowski, die es vorzieht, in situ zu arbeiten, hat für ihre Installation den Genius Loci der Kantgarage gekonnt einbezogen. Ihre lichtspiegelnden Gebilde, für einen Quadratmeter bedarf es ca. drei bis vier Tage ihrer Zeit, machen auch vor den roten Kreideflächen auf dem Betonboden nicht halt. Die so entstehende Assoziation sei erwünscht, betont die Französin.

Suzanne Royal hat für die Ausstellung eine Bandbreite unterschiedlicher Methoden und Stilrichtungen ausgewählt, die von Abstraktion, Konzeptkunst, Realismus bis hin zum Pop reichen. Jede Arbeit wird von ausführlichen Informationen zu den Künstlern begleitet und gibt diesen die Möglichkeit, in einem Statement ihre Intentionen zu vermitteln.

Geometrisch etwa sind die Acrylarbeiten „Divine Power“ des Künstlers TEF!, der ursprünglich aus der Graffiti-Szene stammt. Suzanne Royal hatte ihn jüngst in „The House“ entdeckt, wo er einen psychodelisch anmutenden Raum ausgestattet hatte. Auf Leinwände gezähmt, aber keineswegs ausdrucksloser, warten die Linienkompositionen des Streetart-Künstlers nun in den Kant-Garagen auf einen Käufer.

TEF! schräg gegenüber, unmittelbar neben der Fensterwand, explodieren auf einem großformatigen abstrakten Gemälde von Christian Awe grüne, blaue und gelbe Farbtöne. „Cool Water“ lautet der Titel des wohl renommierten Künstlers der Ausstellung. Seine Arbeit, die an durchsichtigen Fäden von der Decke hängt, fügt sich formal harmonisch und konkurrenzlos in die Räumlichkeiten, obwohl die Ausstellungsbedingungen hier weit entfernt sind von denen eines White Cube.


Joachim Seinfeld, BERLIN: GRÜNBERGERSTRASSE 50 V, 2010, Silver gelatin emulsion on mixed media (removed wall paintings) on canvas, 30 x 50 cm, © Joachim Seinfeld

Ebenso wie die vergilbten Fotografien von Joachim Seinfeld, die dieser auf Leinwände gefügt hat. Sie gehen fast über in die Wand, scheinen Teil einer Gesamtinstallation zu sein.

Es ist vor allem dieses Zusammenspiel von historischen Räumen und zeitgenössischen Positionen, das den Reiz dieser Ausstellung ausmacht, deren Besuch übrigens auch für den Besucher kostenlos ist. Bleibt also nur noch die Frage: Wann haben Sie das letzte Mal einem Künstler ein Kompliment gemacht?

14. - 22. Oktober 2017 / Öffnungszeiten: 12.00 – 20.00

Kantgaragen-Palast, Kantstraße 126/127, 10625 Berlin
enterart.com

Inge Pett

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Anlässlich der Berliner Kunstwoche und der abc – art berlin contemporary Messe präsentiert die ENTER ART FOUNDATION vom 14. bis 25. September zeitgenössische Werke von 50 aufstrebenden Künstlern. Der Eintritt ist für Besucher kostenfrei. (Anzeige)

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