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Die Ausstellung "und jetzt. Künstlerinnen aus der DDR" im Künstlerhaus Bethanien

von Verena Straub (02.12.2009)


Die Ausstellung "und jetzt. Künstlerinnen aus der DDR" im Künstlerhaus Bethanien

Mit laszivem Blick über die Schulter lächelt uns Marilyn vom Ausstellungsplakat entgegen. Marilyn heißt in Wirklichkeit Elisabeth und wohnt in einem kleinen Dorf in Österreich. Von 2002 bis 2006 hat die Künstlerin Tina Bara ihr Modell in zahlreichen Monroe-Posen abgelichtet: Mit verführerischem Schlafzimmerblick auf dem Bett, mit der Perlenkette über der nackten Schulter oder aber beim Gänse füttern auf dem heimischen Hof. Was ist hier noch „Marilyn“, die Rolle, das Vorbild – und was Elisabeth?

Um das Moment der Pose und des Performativen, sowie um die Reflexion weiblicher Subjektivität kreist die Ausstellung „und jetzt. Künstlerinnen aus der DDR“, die derzeit im Künstlerhaus Bethanien zu sehen ist.

Performance und Aktionskunst diente vielen Künstlerinnen als Möglichkeit, einer offiziellen sozialistischen Kunstdoktrin zu entrinnen. Die Aktionen fanden meist im privaten Raum oder als Inszenierung für die Kamera statt und waren für die Öffentlichkeit (zwangsläufig) unsichtbar.
Mit ihrer fotografisch dokumentierten Aktion „Frauen miteinander“ (1982/83) lotet Gabriele Stötzer den weiblichen Körper spielerisch-neugierig aus. Ein aufgeschlagenes, rohes Ei wandert über einen nackten Körper, tastet ihn ab, bis sich der Eidotter im Schamhaar verfängt. Bilderserien wie „Das Kleid“, „Der Schwanz“, „Das Loch“, „Das Ei“ proben einen neuen Blick auf den weiblichen Körper, der das vom Sozialismus propagierte Frauenbild unterläuft.

Auch bei Cornelia Schleime stand in den 80er Jahren die Beschäftigung mit der weiblichen Subjektivität im Vordergrund. Ihre „Selbstinszenierungen“ (1981) zeigen Schwarz-Weiß Fotografien, die sie im Nachhinein übermalt. Auf ihrem nackten Körper schlängeln sich Linien und halten sie in einem Gewirr aus Fesseln gefangen. Auf Brüsten, Bauch, Schenkeln und Gesicht triumphieren dick umrandete Augen aus schwarzer Farbe, die sie wie Narben kennzeichnen. Fotografie und Malerei, Abbild und Illusion verschmelzen ununterscheidbar zu einer Fiktion der eigenen Identität.

Es wäre jedoch verfehlt, die Ausstellung mit Kategorien wie „feministische Kunst“ oder „DDR-Kunst“ zu fassen. Die wenigsten der gezeigten Arbeiten sind explizit feministisch. Abgesehen von Annemirl Bauers Grafiken, die auf provozierende Art Geschlechterrollen umkippen und direkt angreifen, lassen die meisten Arbeiten einen eher intuitiven künstlerischen Zugang erkennen. Auch der gesellschaftliche Kontext wird nur in wenigen Arbeiten direkt thematisiert. Im Gegensatz zu den derzeit omnipräsenten „DDR-Ausstellungen“ wird hier keine Bestandsaufnahme weiblicher DDR-Kunst intendiert. Stattdessen versuchen die Kuratorinnen die Perspektive auszuweiten, indem sie fragen: „und jetzt?“ Wo stehen die Künstlerinnen heute, 20 Jahre nach dem Mauerfall? So werden den Werken aus den 80er Jahren jüngste Arbeiten gegenübergestellt.

Die Gemeinsamkeiten der Künstlerinnen – ihr Geschlecht sowie ihre Herkunft – dienen zwar als Anlass der Ausstellung, gleichzeitig wird deutlich gemacht, dass die heterogenen Positionen nicht ausschließlich auf diese zwei Kategorien reduzierbar sind.

Als Provokation gegen die feministische Künsterinnen-Rolle selbst kann man schließlich Else Gabriels „Ode ans Öde (Scheiß Künstlerin)“ (2008) lesen. Während Marilyn-Elisabeth mit Star-Attitüde die roten Lippen zum Kussmund formt, inszeniert sich Else Gabriel als gelangweilte, missgelaunte Künstlerin. Mit fettigen Haaren und gekleidet in einen grauen Trainingsanzug, hält sie ihre Mappe wie lästigen Ballast in Händen. Unter ihrem Fuß klebt eine Butterstulle. Wohin jetzt?

Teilnehmende Künstlerinnen: Tina Bara, Annemirl Bauer, Else Gabriel, Angela Hampel, Verena Kyselka, Christine Schlegel, Cornelia Schleime, Gundula Schulze Eldowy, Gabriele Stötzer, Erika Stürmer-Alex, Ramona Welsh, Karla Woisnitza.

Abbildung: Tina Bara, marilyn, 2002-2006
Fotoserie, Barythabzüge und C-Prints, Größen variabel
© Tina Bara

Ausstellungsdauer: 27.11.-20.12.09

Künstlerhaus Bethanien
Mariannenplatz 2
10997 Berlin

Öffnungszeiten: Mi-So 14-19 Uhr
bethanien.de

Verena Straub

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