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19 Uhr: eine Performance, konzipiert und präsentiert von Katrina E. Bastian. Uferstudios_Studio 1 | Uferstr. 8/23 | 13357 Berlin

Jo Baer - Galerie Barbara Thumm

von Verena Straub (15.06.2010)


Jo Baer - Galerie Barbara Thumm

Jo Baer ist eine Malerin, die Gewichte stemmt. Stolz zeigt die 80 Jährige ihre muskulösen Oberarme, während sie zwischen ihren Gemälden sitzt und über ihre Kunst, ihr Leben und das kürzlich erschienene Buch spricht. Oft ist dabei von Gegensätzen die Rede. Als Gewichtheberin und Malerin, aber auch innerhalb ihrer Kunst überschreitet Jo Baer immer wieder Grenzen und sprengt Konventionen.
Kennt man die amerikanische Malerin in erster Linie durch ihre reduzierten Farbflächen, werfen die neun Bilder, die derzeit in der Galerie Barbara Thumm zu sehen sind, ein gänzlich anderes Licht auf ihr Oeuvre.

Hier treffen hart konturierte Skelette auf nackte Mädchen in Pastelltönen, dort Höhlenmalereien auf esoterische Tänzerinnen und derbe Männerstiefel. Ein anderes Gemälde ( „Shrine of the piggies“) eröffnet den Blick in eine Toilette, worüber sich ein feines Netz aus linearen Zeichnungen spannt. Sie zeigen ein männliches Geschlechtsorgan, Gedärme, den Verdauungstrakt – alles in Giftgrün. Im Diptychon „Vision and Prayer“ wiederum taumelt ein ägyptischer Gott mit erigiertem Penis zu Boden, auf ihm landet bedeutungsvoll ein schwarzer Aasgeier. Und über all dies legt sich die apokalyptische Patina eines Gedichts von Dylan Thomas: „In the name of the lost who glory in the swinish plains of carrion...“.

Wer diese Bilder betrachtet, würde kaum an die Jo Baer denken, die in den 60er und 70er Jahren zu den Hauptprotagonisten des New Yorker Minimalismus gehörte. Die monochrom weißen Quadrate und die von schwarzen Streifen umrandeten Farbflächen könnten von den mythischen und anspielungsreichen Traumsequenzen nicht weiter entfernt sein. Warum verschwand die abstrakte Kunst im Werk von Jo Baer? „Sie starb an Altersschwäche“, so ihre klare Antwort.
Mitte der 70er Jahre – auf dem Höhepunkt ihrer Karriere – bekam sie das Gefühl, der minimalistischen Kunst nichts mehr hinzufügen zu können. Alles schien gesagt, sie war fertig mit ihr. „The Old Year“ (1974-75) erzählt von diesem Aufbruch. Eine Reihe von nebeneinander gesetzten grauen Kreisen scheint aus den Fugen geraten, die strenge Serialität des Minimalismus wird aufgebrochen und irritiert. Auch die Farbflächen im Hintergrund sind nicht mehr dem Dogma der „Hard Edge“ Malerei verschrieben, sondern lösen ihre Kanten zugunsten fließender Farbe auf.
Der Malerei der „alten Jahre“ wird hier ein Abschiedsdenkmal entworfen.
Von nun an wollte sich Jo Baer der unmittelbaren Realität des Menschen zuwenden und sich mit den „großen Themen wie Geburt, Tod oder Zeit“ beschäftigen, so erzählt sie.

Jedoch, hinter die tatsächliche Größe dieser Themengemälde lässt sich ein Fragezeichen setzen. Beim Betrachten all dieser Skelette, mythologischer Tiere, tanzender Frauenakte und Geschlechtsorgane - garniert mit bedeutungsschwangeren Zitaten – ist nur selten Überraschendes oder gar Originelles zu entdecken. Sie verströmen vielmehr einen süßlich-poetischen Dunst, der durch stereotype Bildformeln wabert und unter der Last übersignifizierter Symbole leidet.

Ganz anders die unscheinbare Serie von frühen Zeichnungen, die verborgen im Hinterraum der Galerie zu finden sind. Auf kleinformatigem Millimeterpapier hat Baer mit wenigen Linien antike Säulen gezeichnet, die von zwei oder drei Brüsten als Kapitell gekrönt werden. Mit reduzierten Mitteln werden hier ironische Kommentare entworfen, die in aller Leichtigkeit herrschende Bildkonventionen unterlaufen.
Die formale Klarheit hat Jo Baer in ihren neueren Figurationen hinter sich gelassen. Stattdessen gehe es ihr jetzt darum, „Stimmungen“ zu transportieren: Atmosphären, in denen männliche Gewalt, weibliche Erotik, Todesfantasien oder tänzerische Lebendigkeit vorherrschen.
Doch sind es nicht gerade die formal reduzierten Zeichnungen, die mehr Raum für Stimmungen bieten und uns letztlich auf viel subtilere Weise verblüffen können?

Abbildung:
- Jo Baer, Shrine of the Piggies, 2000, Öl auf Leinwand/ Oil on canvas, 183 x 153 cm
© Jo Baer, Courtesy Galerie Barbara Thumm
- Jo Baer, Inverted View, 1992, Acrylic, pencil, pen, conte on tracing papers on board, 150 x 150 cm
© Jo Baer, Courtesy Galerie Barbara Thumm

Galerie Barbara Thumm
Markgrafenstr. 68
10969 Berlin
bthumm.de

Öffnungszeiten:
Di–Sa 11–18 Uhr

Verena Straub

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Daten zu Jo Baer:


- Art Basel Miami Beach 2013
- art berlin 2017
- artbasel2021
- Bienal de São Paulo, 2014
- Daimler Art Collection
- Frieze LA 2019
- Frieze London 2022
- JULIA STOSCHEK FOUNDATION E.V. Sammlung
- MoMA Collection
- Museo Reina Sofía Collection
- Sammlung MMK Frankfurt
- Solomon R. Guggenheim Collection
- Tate Post War Collection London
- Whitney Biennial 2017


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Titel zum Thema Jo Baer:

Jo Baer - Galerie Barbara Thumm
Jo Baer ist eine Malerin, die Gewichte stemmt. Stolz zeigt die 80 Jährige ihre muskulösen Oberarme, während sie zwischen ihren Gemälden sitzt und über ihre Kunst, ihr Leben und das kürzlich erschienene Buch spricht.

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