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Basia Sokolowska: "London Works" in der Berliner Galerie miejsce/der Ort

von Agnieszka Bulak (08.10.2010)


Basia Sokolowska: "London Works" in der Berliner Galerie miejsce/der Ort

Die Galerie miejsce/der Ort wurde für einen Monat in einen Raum verwandelt, in dem es dank der Fotografien „London Works“der polnischen Künstlerin Basia Sokolowska zu einer inspirierenden Konfrontation zwischen Innen- und Außenwelten kommt.
„London Works“ bestehen aus drei fotografischen Zyklen: Der erste Zyklus heißt „Dom/Das Haus“, der zweite „Untold Narratives“ und der dritte „Wieza/Der Turm“. Alle drei Zyklen entstanden im Jahre 2006 im Zentrum von London in einer Wohnung, die am Wincent Square in Westminister liegt. Also sind die Zyklen sowohl zeitlich als auch örtlich miteinander verbunden. Auch das Motiv des Innenraumes verbindet die Werke, denn jeder Zyklus erzählt über einen Innenraum. Und dennoch unterscheiden sie sich thematisch und technisch voneinander.

Der erste Zyklus „Dom/Das Haus“ besteht aus zehn Fotografien. Er stellt Kompositionen mit Gegenständen eines Innenraumes dar und zeigt Fotos mit Außenansichten. Das Innen erfahren wir als Raum von persönlichen und häuslichen Gegenständen. Das Außen ist die Außenwelt, die wie durch Fenster, durch die eingesetzten Fotografien wahrgenommen wird. Dabei bildet sich eine Metaebene in barocker Manier: ein Bild wird ins Bild gesetzt, theatralische Momente werden beschworen und so eine höhere Realität erschaffen. Alles zielt auf ein sinnliches Erleben. Eine supranatürliche Stimmung bekräftigt das Besondere, als ob die Fotografie versucht hätte, das Übersinnliche sinnlich fassbar zu machen. Es entsteht eine surrealistische Wirklichkeit, in der Träume wahr werden und den Verstand irritieren. Die Kompositionen sind phantasievoll gestaltet und bestehen aus Schichten, die in freier Assoziation, wie Schichten des Unbewussten, aufgedeckt werden können. Mittels durchsichtiger Schals und Tücher wird verhüllt und enthüllt zugleich, ähnlich wie in Traumwelten. Jede Fotografie gleicht einem Traum, in dem über Motive frei assoziiert und berichtet werden kann.

Die Technik, mit der dieser Zyklus entstand, ist von Basia Sokolowska erarbeitet. Es handelt sich um eine Kombination der Farbfotografie mit der Schwarz-Weiß-Lochfotografie.

Der zweite Zyklus „Untold narratives“ ist eine Art persönliches fotografisches Dokument, im Sinne Susan Sonntag, die 2008 in ihrem Buch "Über Fotografie" schrieb: "Die „Dokumentaristen [und Dokumentaristinnen] (zum Unterschied von den Höflichen mit Fotoapparaten) ziehen die Tiefen vor". Hier wird die verborgen gebliebene Realität dokumentiert. Die „Untold narratives“ erzählen die Geschichte über das Ende einer Liebe. Diese Geschichte wird von den häuslichen Gegenständen flüsternd und durch den Blick der schaffenden Instanz erzählt. Die Gegenstände sind lautlose Zeugen der Trennung, die in den dargestellten Räumen stattgefunden hat. Nostalgisch, innerlich beteiligt und zugleich routinemäßig die Realität abbildend, stellt Sokolowska einen allgemeingültigen Zustand dar: die unmittelbare Zeit nach einer Trennung, ein Drama des Trennungsschmerzes und der Einsamkeit. Hier sind die Fotografien zum Maßstab der Art und Weise geworden, in der uns die dargestellten Gegenstände und die implizierten Gefühlszustände erscheinen. Die Fotografin erscheint in diesem Zyklus als eine scharfsinnige Beobachterin, deren Blick zwischen der Innen- und Außenwelt hin und her pendelt, und als eine Dichterin zugleich, die sich nicht vor dem Blick in die innersten Tiefen scheut.

Technisch gesehen handelt es sich bei diesem Zyklus um analoge Farbfotografie.

Der dritte Zyklus „Wieza/Der Turm“ umfasst eine schwarz-weiße mit einer Lochkamera aufgenommenen Fotografie und ein Buch. Dabei handelt es sich um eine Geschichte, die um einen Turm und die Legende der heiligen Barbara, der Namensträgerin der Künstlerin, aufgebaut ist. Es ist eine Geschichte über das Eingesperrt-Sein in einem Turm und über die Flucht aus diesem Gefängnis.

Diese Geschichte bildet den Abschluss der Reihe, die als eine hermetisch abgeschlossene Einheit erscheint. Die „London Works“ können im philosophischen Kontext der Subjekt-Werdung aber auch im psychologischen Kontext der Wiedererstarkung betrachtet werden. In den ersten zwei Zyklen ist ein Subjekt impliziert, jedoch noch nicht sichtbar. Da ist ein Haus, das für Geborgenheit und Sich-Daheim-Fühlen stehen soll, das jedoch effektvoll inszeniert zu einer phantasievollen Traumwelt wird. Das Subjekt wird zwar vorausgesetzt - denn Häuser werden von Menschen bewohnt –, es ist jedoch nirgends zu erkennen. Der zweite Zyklus „Untold Narratives“ handelt von Gefühlszuständen. Hier wird das Subjekt in einer Konstellation mit einem Anderen vorausgesetzt. Es ist jedoch immer noch nicht zu sehen, nur der beschlagene Spiegel lässt es erahnen. Erst im dritten Zyklus, im „Turm“, geschieht eine Wendung. Erkennbar wird ein Ich, das einen Turm betritt, wo die Sehnsüchte verschwinden und der Irrweg beginnt. Wir nehmen Indizien wahr, die uns schon begegnet sind und von einer Liebestrennung erzählen, die eine seelische Verletzung zur Folge hat. Das Ich irrend, erkennt eine fremde Welt und blickt durch die Fenster nach außen. Auf einer der Buchseiten erahnen wir zuerst das Ich im beschlagenen Spiegel, das wir bereits kennen, um es dann in seiner Existenz doch wahrzunehmen. Wir erkennen ein Selbstporträt. Das Subjekt erscheint, wie wiedergeboren. Auch wenn es sich selbst noch nicht sehen kann, denn mit einem Selbstauslöser wird es durch die Kamera festgehalten. Wie durch ein Wunder findet das Subjekt jetzt den Ausgang und verlässt den Turm. Noch ist die Angst vom Außen spürbar, aber auch die Hoffnung auf Heilung – hier symbolisiert durch die Kirschblüten – wird sichtbar. Das Subjekt befreit sich von der räumlichen Einschränkung des Turmes. Es traut sich und schreitet frei in die Welt. Eine neue Geschichte kann beginnen.

Basia Sokolowska wurde 1961 in Breslau (Wroclaw/Polen) geboren. Sie studierte Kunstgeschichte in Warschau. In den ersten Monaten des polnischen Kriegszustands 1981 gelangte sie über die Mongolei und China nach Australien. Dort beendete sie ihr kunsthistorisches Studium und arbeitete in der Art Gallery of New South Wales in Sydney. Zusätzlich beschäftigte sie sich mit der Fotografie. Ihre ersten Ausstellungen erfolgten Anfang der 1990er Jahre. Zu den fotografischen Hauptzyklen gehören: „Carmen Infinitum“ (1990-91), „Interior/Mieszkanie/Die Wohnung“ (1993), „Poza powierzchnie/Außerhalb der Oberfläche“ (1994), „Cienie niesmiertelnosci/Schatten der Unsterblichkeit“ (1995), „Ars Moriendi“ (1998) und „Chrysalis“ (2004). Ihre Werke wurden in über 30 Gruppen- und Einzelausstellungen in Australien, Europa und Japan präsentiert. Die Künstlerin lebt heute in Warschau.

Ausstellungsdauer: 01 - 31. 10. 2010

Galerie miejsce/derOrt
Berliner Str. 165
10715 Berlin

Öffnungszeiten: Di-Fr und Sa 15.30 -19.30
derort-art.de

Agnieszka Bulak

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