15 Uhr: mit Anke Becker (Kuratorin Anonyme Zeichner) und Stéphane Bauer (Leiter Kunstraum Kreuzberg) Danach bis 20 Uhr Glühweinumtrunk und Gelegenheit, Zeichnungen zu erwerben. Kunstraum Kreuzberg/Bethanien | Mariannenplatz 2 | 10997 B
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Eigentum des Landes Berlin, © estate rolf julius, Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Jens Ziehe
Der Titel „Lautlos“ mag in Verbindung mit einem Klangkünstler unpassend erscheinen. Betritt man allerdings die Ausstellung, wird klar: Es ist eine leise, sensible und zuweilen poetische Ausstellung, die der Hamburger Bahnhof im Ostflügel des Hauses präsentiert.
Zu sehen sind in einer dialogischen Situation Arbeiten zweier Künstler aus verschiedenen Generationen: von Rolf Julius (*1939), der im letzten Jahr verstarb, und von der jungen Schwedin Nina Canell (*1979). Trotz des gemeinsamen Wohnorts Berlin kannten sich die beiden nicht persönlich.
Es sind Arbeiten, die durch ihre Zurückhaltung bestechen und den Betrachter herausfordern. „Backstage“ heißt eine wundersame vielteilige Arbeit, die von Rolf Julius‘ Arbeitsraum inspiriert ist. Auf einem erhöhten Holzpodest finden sich Materialien wie Schalen, Steine, Pigmente, Lampen und Lautsprecher, die das Geräusch plätschernden Wassers oder einen tiefen Bass von sich geben. Mit „Glas“ ist eine andere an der Wand hängende Arbeit betitelt, die aus einem Lautsprecher hinter einer Glasscheibe besteht und dem Besucher einen eigenwilligen Sound hören lässt. Man muss nahe an das Objekt herantreten, um die Geräusche wahrzunehmen.
Als Vertreter der Klangkunst, die sich an der Grenze zwischen Skulptur und Musik, Material und Klang bewegt, versteht es Rolf Julius das Schweigen der Dinge hörbar zu machen. Es gelingt ihm die Immaterialität des Klanges mit dem Material so eng zu verbinden, dass man fast das Gefühl hat, die leisen Geräusche entstammen tatsächlich den Dingen. Rolf Julius komponierte seine Klänge – Naturklänge gemischt mit elektronisch erzeugten Tönen – immer für ein bestimmtes Material und eine bestimmte Größe. So erzeugte er graue Musik für die Farbe Grau oder Musik, die gerade für eine 80 x 80 cm große Eisenplatte ausreicht. Klang und Material werden zu einer unlöslichen Einheit. Das Auge meint zu hören, und das Ohr sieht. Unsere Sinne werden sensibilisiert, und wir finden uns an einem Ort, der fern von der Lautstärke der Gegenwart ist.
Sensibilität und Materialpoesie sind die Worte, die im Kontext des Dialogs der beiden Künstler immer wieder fallen. Unscheinbare Objekte, natürliche Materialien und technische Geräte entfalten künstlerisches Potential und werden auf sparsame und feine Weise im Raum platziert.
Bereits am Anfang der Ausstellung sieht man sich in Nina Canells „Ode to Outer Ends“ einer schwebenden Kugel gegenüber. Vergeblich rätselnd verrät erst die Beschriftung, dass hier ein elektromagnetisches Feld erzeugt wurde. Eine andere Arbeit gleicht nahezu einer Versuchsanordnung: Unter einer Glasglocke mit einer darin befindlichen Klingel wird ein Vakuum erzeugt. Die Bewegung der Klingel ist sichtbar, doch es ist nichts zu hören. Erst nach einiger Zeit, wenn das Vakuum nachlässt, wird die Klingel für den Besucher hörbar („Uttermost Beat of the Heart“).
Nina Canell interessiert sich für die physikalischen und poetischen Eigenschaften der Gegenstände und Phänomene. In Ihren Arbeiten verwendet sie Materialien wie Äste, Kupferrohre, Zement und Gas, Geräte wie Vakuumpumpen oder Verstärker. Dinge werden unter Strom gesetzt, erhitzt oder Energiefelder werden erzeugt. „Es ist nichts Geheimnisvolles in den Materialien selbst, und das öffnet wiederum die Sinne für die symbolischen Fähigkeiten.“, so Canell.
Es sind Arbeiten zweier Künstler, deren Vergleichbarkeit und Differenzen man im Dialog der Ausstellung herauszufinden sucht. Es sind Arbeiten, die den Betrachter nicht überwältigen, sondern ihm einen leisen Zugang ermöglichen. Arbeiten, die keine konkrete Antwort geben und uns ausgehend von Materialien und Klängen auf eine poetische und gedankliche Ebene führen. Sie erfordern Konzentration und Kontemplation. Unbedingt lohnenswert.
NINA CANELL. ROLF JULIUS. LAUTLOS
Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin, 1. OG Ostflügel
Invalidenstraße 50/51, 10557 Berlin-Mitte
Ausstellungsdauer: 30.11.2012-21.04.2013
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr, Sa / So 11-18 Uhr
hamburgerbahnhof.de
Titel zum Thema Nina Canell:
Sensibilität und Materialpoesie – ein lautloser Dialog zwischen Rolf Julius und Nina Canell
Ausstellungsbesprechung: Der Titel „Lautlos“ mag in Verbindung mit einem Klangkünstler unpassend erscheinen.
Kommunale Galerie Berlin
Galerie im Saalbau
Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank
ifa-Galerie Berlin
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.