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Berlin Daily 26.04.2024
Lesung mit Jan Kollwitz

19 Uhr: An­läss­lich des To­des­ta­ges von Käthe Kollwitz liest ihr Urenkel aus den Brie­fen und Ta­ge­bü­chern seiner Ur­groß­mut­ter. Käthe-Kollwitz-Museum | Spandauer Damm 10 | 14059 Berlin

Kathedralen der Neuzeit - Oliver Jordan im Haus am Lützowplatz

von Inge Pett (16.12.2013)
vorher Abb. Kathedralen der Neuzeit - Oliver Jordan im Haus am Lützowplatz

Oliver Jordan im Atelier, Foto: Maurice Cox, Copyright

Als „Kathedralen der Neuzeit“ bezeichnet der Maler Oliver Jordan die Industriegebäude an Saar und Ruhr. Schon als Zwölfjähriger hatte der gebürtige Essener dort Schönheit entdeckt, wo andere nur graue Tristesse wahrnehmen - und erstmals ein Fabrikgebäude auf Papier gebannt.

Das Interesse an der Architektur und dem Milieu seiner Kindheit hat den 55-jährigen Künstler, der heute Wohnsitze in Köln und in der Bretagne hat, seitdem nie verlassen. Im Haus am Lützowplatz ist bis zum 9. Februar die Ausstellung „Industrielandschaften“ zu sehen. Es sind überwiegend Veduten aus dem Ruhrgebiet, ergänzt durch Gemälde der Völklinger Hütte, die zum UNESCO Weltkulturerbe zählt, der Saarländer Meiser Werke sowie einer Ansicht des Potsdamer Platzes.

Als „trompe l´oeil“ im weiteren Sinne bezeichnet Jordan seine Malerei, denn er möchte täuschen, irritieren, den Betrachter die Perspektive wechseln lassen. Unmittelbar vor den meist monumentalen Gemälden werden vor allem die durch Messer zugefügten Kerben sichtbar. Diese schneiden ein in pastose Farbwülste, die teils reliefartig, dreidimensional in den Raum dringen. Angesichts dieser Haptik muss sich der Betrachter zusammenreißen, die Bilder nicht zu berühren.

Oliver Jordan, Westlich, Essen, Gueterbahnhof, stadtauswärts, 1994-95, Öl auf Leinwand, 270 x 180 cm, courtesy of Galerie Seippel Koeln, ©the artist

Tritt der Betrachter zurück, werden die Konturen immer schärfer, die Motive sichtbar. Da ist etwa eine aus dem Zug heraus wahrgenommene Brandmauer, mit Knöterich überwachsen, vor der sich schmuddelige Schneereste sammeln. Oder die Emscher, ein Nebenfluss des Rheins, der lange als der schmutzigste Fluss Europas galt und jüngst erfolgreich renaturiert wurde - als Kind war es Jordan verboten, sich dem Fluss bis zu einem bestimmten Punkt, dem „Wall“, zu nähern.

„Smokestack Lightnin‘“ von 1992 wiederum zeigt das Arbeiterviertel Essen Karnap und stellt zugleich eine Hommage an den Jazzmusiker Howlin Wolf dar. Überhaupt scheint in vielen Arbeiten die Musik spürbar, ein Rhythmus sichtbar. „Wer Jazz liebt, denkt anders“, so der Künstler. Was oft nicht wahrgenommen werde, sei das Lebensbejahende des Blues, das auch in Jordans Kunst latent mitschwingt.

Jordan ist tief verwurzelt im Ruhrgebiet und seiner Heimatstadt Essen, vor allem dem Norden, dem „Malocher-Gebiet“ der Stadt, wo u.a. Krupp seine Werke hat. Fünf Jahre lang war er als Taxifahrer in Essen unterwegs und kennt jeden Winkel. Als politischer Aktivist hatte er mitgeholfen, die erste Zeche im „Pott“ zu erhalten.

Enttäuscht und beunruhigt zeigt sich der Künstler jedoch über die aktuelle Entwicklung. Nach wie vor gebe es eine starke Abwanderungstendenz, die durch den Erhalt einzelner Hot Spots nicht abgemildert werden könne. Was im Ruhrgebiet fehle, sei eine flächendeckende Bewegung, um Ressourcen zu aktivieren und das Selbstbewusstsein der Menschen zu stärken. Die Biennalen und Ruhrtriennalen hätten sich als nicht wirklich nachhaltig erwiesen.

Oliver Jordan, Berlin erwacht, 1998, Öl auf Leinwand, 135 x 325 cm, Courtesy of Galerie Seippel Köln, ©the artist

Jordan gibt an, vor allem von Rembrandt und Menzel beeinflusst zu sein, deren Werke er in seiner Jugend kopierte. Häufig habe er das Folkwang-Museum besucht und sei nach Köln gefahren, um die Bilder der Meister im Original zu sehen. Dieser Einfluss hallt nach; ein ausgefeiltes Handwerk stellt für ihn einen unumstößlichen Wert dar. So zeugen bereits seine Studien, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind, von auffälliger Exaktheit und Detailtreue: „Was ich im Großen kann, kann ich auch im Kleinen“, betont Jordan.

Irritiert sei er, wenn man ihm sage, er male „noch gegenständlich“. Vielmehr gehe es ihm um eine „Renaissance der Malerei“, eine „Malerei der Leidenschaft“, etwas „Echtes“. Sein Ziel ist das Fusionieren, denn zu lange sei in unserer Gesellschaft ebenso wie in der Kunst das Teilen kultiviert worden. Der Satz des Philosophen Albert Camus, dass Glück und Absurdität derselben Erde entstammten, mag auch als Maxime der künstlerischen Arbeit Jordans gelten.

Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 11.00 - 18.00 Uhr
Eintritt frei!

Haus am Lützowplatz
Fördererkreis Kulturzentrum Berlin e.V.
Lützowplatz 9
10785 Berlin

Tel.: +49 30 261 38 05
Fax : +49 30 264 47 13
Mail: office@hal-berlin.de
hal-berlin.de

Inge Pett

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Titel zum Thema Oliver Jordan:

Kathedralen der Neuzeit - Oliver Jordan im Haus am Lützowplatz
Ausstellungsbesprechung: Als „Kathedralen der Neuzeit“ bezeichnet der Maler Oliver Jordan die Industriegebäude an Saar und Ruhr.

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