17 Uhr: im Rahmen der Ausstellung MENSCH BERLIN Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank | Kaiserdamm 105 | 14057 Berlin
Sheela Gowda „Of All People“, daadgalerie, 2014, ©Krzysztof Zielinski
Kaubonbonrosa sind sie und kommen eigentlich freundlich-fröhlich daher. Aber da sind Gitter vor den bunten Fenstern, die ihre verschließende Funktion nicht verbergen können. Keine romantische Weite offenbart sich hinter ihnen. Sie hängen in ihrer ambiguen Aufgabe an den Wänden und so ist nicht ganz klar: bieten sie Schutz oder sperren sie ein. Die Fenster sind Überbleibsel, Fundstücke – Elemente aus Sheela Gowdas raumfüllender Installation „Of All People“, die derzeit in der daadgalerie zu sehen ist.
Sheela Gowda „Of All People“, daadgalerie, 2014, ©Krzysztof Zielinski
Gowda setzt in ihrer Arbeit unterschiedliche architektonische Fragmente traditioneller indischer Häuser zu einem neuen Raumgefüge zusammen. Hier schweben blaue Holzbalken von der Decke, dort deuten gelbe Verstrebungen ein auf dem Kopf stehendes Dach an. Eine alte Tür präsentiert sich ohne begrenzende Fassaden mitten im Raum, während eine andere so installiert ist, dass sie ihren potentiellen Durchschreiter vor eine Wand laufen ließe. Ein Tisch liegt verkehrt herum auf dem Boden - überwuchert von unzähligen kleinen Votivfiguren, die sich wie Wurzeln über den gesamten Ausstellungsraum ausgebreitet haben. Massenweise von Kunsthandwerkern hergestellt, werden solche Votivfiguren auf den Straßen Indiens verkauft. Die symbolischen Opfergaben scheinen sich den Raum und die Häuserfragmente anzueignen. Sie schlängeln sich bis in den nächsten Ausstellungsraum, hängen, wie ein Perlenvorhang im Raumübergang, begleiten zum zweiten Werk Gowdas, das in der Galerie zu sehen ist. In verschieden großen Pappkartons hat die Künstlerin Kugeln aus Kuhdung geformt. Kisten als Anspielung auf Indiens Kastensystem? Fast meint man, in den in die Kugeln geritzten Furchen stark abstrahierte Gesichtszüge zu erkennen. Allem voran ist in dieser Arbeit mit dem Titel „Stock“ jedoch die Materialität zentral. Kuhdung wird in Indien als Brennstoff, Bodenbelag genauso, wie zur Herstellung von Heilmitteln genutzt.
Sheela Gowda „Of All People“, daadgalerie, 2014, ©Krzysztof Zielinski
Die 1957 im indischen Bhadravati geborene Künstlerin studierte in Bangalore, Baroda, London und Paris Malerei. Gowda lebt heute in Bangalore und war 2013 Stipendiatin des Berliner Künstlerprogramms des DAAD.
Der Symbolgehalt von Materialien, die im Alltäglichen, wie auch gleichzeitig im rituellen Kontext ihren Platz haben, spielt in Gowdas Werk eine gewichtige Rolle. Insbesondere “Collateral”, einer Gowdas Beiträge zur documenta 12, machte die Künstlerin in Deutschland bekannt. Hier arbeitete sie mit verbranntem Weihrauch und Asche auf flach am Boden aufgestellten Tischen und überführte so das in rituellem, wie auch im medizinischen Kontext genutzte Material in eine moderne Ästhetik. Sichtbar wird das Ephemere eines Materials, hergestellt von Arbeiterinnen, die, wie aus einem Interview Trevor Smith’s mit der Künstlerin von 2006 hervorgeht, für 40 Rupien am Tag mehrere Tausend Räucherstäbchen herstellen.
Es ist zwar schade, dass die Räumlichkeiten der daadgalerie dem Werk Gowdas nicht den nötigen Platz bieten - so muss sich “Of All People” auf zwei Räume verteilen - dennoch überzeugt gerade diese Installation besonders und macht die Ausstellung zu einem Muss.
Sheela Gowda – Of All People
05. Juli - 23. August 2014
Montag bis Samstag 11 – 18 Uhr
daadgalerie
Zimmerstraße 90
10117 Berlin
berliner-kuenstlerprogramm.de
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Ausstellungsbesprechung: Kaubonbonrosa sind sie und kommen eigentlich freundlich-fröhlich daher.
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