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Berlin Daily 29.03.2024
CARDIAC; the heart is a muscle

19 Uhr: eine Performance, konzipiert und präsentiert von Katrina E. Bastian. Uferstudios_Studio 1 | Uferstr. 8/23 | 13357 Berlin

Inbetween Structures - Tadeusz Kantor im Polnischen Institut Berlin

von Inge Pett (14.11.2015)
vorher Abb. Inbetween Structures - Tadeusz Kantor im Polnischen Institut Berlin

Courtesy Polnisches Institut Berlin

Sein Ruf als innovativer Kopf des experimentellen Theaters ist unumstritten. Vor allem das Stück "Die tote Klasse" (1975), in dem er seine persönlichen Verluste durch den Krieg aufarbeitete, machte Tadeusz Kantor weltberühmt. Weniger bekannt hingegen ist die Leidenschaft des Krakauers für die Malerei. "In seinen Gemälden hat er oft mehr über sich verraten als auf der Bühne", schreibt seine Biografin Krystyna Czerni.

In diesem Jahr wäre Kantor 100 Jahre alt geworden. Ein willkommener Anlass für das Polnische Institut Berlin und das Polish Institute London dem 1990 verstorbenen Avantgardisten die Ausstellung "Inbetween Structures" zu widmen. Eine erste Station hatte die Schau beim Fringe Festival in Edinburgh, bis zum 15. November ist sie nun in Berlin zu sehen. Mit vielen noch nie in Deutschland gezeigten Leihgaben u.a. aus der Cricoteca, dem Zentrum für die Erforschung der Kunst Tadeusz Kantors, dem Nationalmuseum in Krakau, sowie polnischen Privatsammlungen.

Zudem hatte der Kurator Marc Glöde bei seinen Recherchen eine spektakuläre Entdeckung gemacht: Im Archiv der Biennale von Venedig stieß er auf den lange verschollenen, längst verloren geglaubten neunminütigen Film "Achtung... Malerei!". Dieses Kleinod aus dem Jahr 1958, das Kantor mit zwei Studenten drehte, bildet das Herzstück der Ausstellung. Es ist - wie bereits der Titel verrät - ein Film über das Malen. Doch wer einen Künstler in Aktion erwartet, hat sich geirrt.

Einzige Darsteller sind die Farben, Formen, Bewegungen. Farben tropfen herab, bilden pastose informelle Landschaften. Diese werden unter dem Schwenk der Kamera dreidimensional, entwickeln ein haptisches Eigenleben - untermalt von kunstvoll eingesetzter Filmmusik. Explodierende rote Farbkaskaden etwa werden mit dramatisch anschwellenden Klängen im Stil eines Hitchcock-Films untermalt. Ein Sound, der an Walt Disneys "Die Wüste lebt" denken lässt, wiederum verbreitet Optimismus, zelebriert den Prozess des Entstehens und Wachsens. Doch findet die Aktion auf der Leinwand oder dem gegenübergestellten Spiegel statt? Diese Frage bleibt offen. Während übereinanderliegende bemalte Glasscheiben von Händen, die sich außerhalb des Kamerawinkels befinden, hin und her bewegt werden und somit die Anwesenheit des Künstlers und den Akt des Manuellen betonen, sind andere Szenen von einer kaum entschlüsselbaren Abstraktion. So wie die Wülste aus Acrylfarbe, die im Dunkeln das spärliche Licht reflektieren.

Courtesy Polnisches Institut Berlin

Überhaupt ging es Kantor, für den Sparten bedeutungslos waren und der lässig zwischen den diversen Medien changierte, vor allem um den Prozess, nie um das Endprodukt. Bei der Ausstellung "Anti-Exposition", 1963 in Krakau, formulierte er seine Erwartungshaltung. Die Kreation sei eine Illusion, so sein Statement. Er forderte das Publikum auf, seine analytische, kontemplative Rolle hinter sich zu lassen und sich stattdessen aktiv auf den Flux einzulassen.

"Man darf nicht vergessen, dass das Polen der 50er Jahre wesentlich offener war als andere Länder Europas", erläutert Glöde. Vor diesem Hintergrund habe Kantor sein ganz eigenes Terrain besetzen können. Von dessen immenser Bandbreite zeugen nun die Exponate in "Inbetween Structures".

So etwa die gerahmten Objets Trouvés vor dunklen Passepartouts. Gegenstände, denen ansonsten keine Beachtung geschenkt wird und deren Funktion es ist, das Objekt zu schützen - Umschläge, Tüten, Verpackungsmaterial - rückt Kantor prominent und poetisch in den Fokus. Gleichzeitig verstärken sie auf diese Weise den Blick auf die Inhalte - ganz so wie Christo es viele Jahre später mit dem Reichstag machen sollte.


Courtesy Polnisches Institut Berlin

In der Serie "Tachism" experimentierte Kantor mit Wasserfarben, ließ diese durchs Bild laufen und den Zufall regieren. Das Resultat ist irritierend, lässt an Landschaftsfotos denken und nicht an Gouachen. Interessant auch die Bühnenbildentwürfe, etwa für Antigone, mit denen Kantor seinen ganzen eigenen Kosmos offenbarte. Einen interaktiven, quergedachten Kosmos, der heute - mehr als ein halbes Jahrhundert später - immer noch von verblüffender Aktualität ist.


Ausstellungsdauer: 10.09. bis 15.11.2015

Öffnungszeiten: Di-Fr 10.00 - 18.00

Polnisches Institut Berlin
Burgstrasse 27, 10178 Berlin
http://berlin.polnischekultur.de/

Inge Pett

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Daten zu Tadeusz Kantor:


- Art Basel 2013
- Berlin Biennale 2006
- Mediations Biennale,2012
- Sammlung Würth


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Titel zum Thema Tadeusz Kantor:

Inbetween Structures - Tadeusz Kantor im Polnischen Institut Berlin
Nur noch dieses Wochenende zu sehen --> Ausstellungsbesprechung

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