19 Uhr: Matthias Flügge, Kunsthistoriker, im Gespräch mit Mark Lammert im Rahmen der Ausstellung: "Mark Lammert: REVOLUTIONSSPLITTER" Galerie Pankow | Breite Straße 8 | 13187 Berlin
William Kentridge war zunächst erstaunt über die Idee, seine grafischen Arbeiten zusammen mit den Stichen von Albrecht Dürer aus der Sammlung des Kupferstichkabinetts in Berlin zu zeigen. Doch dann, so der international renommierte Künstler in der Pressekonferenz, sah er „strong points of connection“. Es sind diese Verbindungen, die das Kuratorenteam Elke Anna Werner vom DFG Transferprojekt der FU ´Evidenz ausstellen` und Andreas Schalhorn, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Kupferstichkabinetts, in der aktuellen Schau aufspürt.
Rhino (Lithograph, two-colourd, collage, 2005) von William Kentridge und Das Rhinozeros (Holzschnitt, Typendruck, 1515, Staatliche Museen zu Berlin) von Albrecht Dürer: das gleiche Motiv in mehrfacher Ausfertigung, jeweils in schwarz-weiß, das Dürer-Tier mit einem, das südafrikanische Exemplar mit zwei Hörnern und als Collage auf die Seiten eines Buches gezeichnet. Der doppelte Blick, Double Vision, so lautet der Titel der Ausstellung nach einer Edition von Kentridge (Double Vision, Eight stereoscopic cards, wood-box, stereoscopic viewer, cards, 2007). Acht Kartonstreifen, jeweils mit zwei fast identischen Bildern bedruckt, lassen über ein Stereoskop Blicke in einen scheinbar dreidimensionalen Raum zu. Daneben ist Dürers Underweysung der Messung (Holzschnitt, 1538) zu sehen, Abbildung seines gleichnamigen theoretischen Lehrbuches und Grundlage heutiger Perspektiven.
Die Besucher werden auf- und gefordert, sich dem Medium Grafik zu nähern, einem Medium, das einen Schwerpunkt in den künstlerischen Auseinandersetzungen von Dürer und Kentridge bildet. Kentridge, Jahrgang 1955 und seit den 1990er Jahren bekannt durch seine auf schwarz-weißen Kohlezeichnungen basierenden Filme, Projekte, Performances, Filmarbeiten und Operninszenierungen, mehrfach vertreten auf der documenta in Kassel sowie der Venedig Biennale und vielen Einzel- und Gruppenausstellungen, beschäftigte sich bereits früh mit dem Tiefdruckverfahren der Radierung, nimmt immer wieder Bezug auf das Werk Albrecht Dürers (1471-1528). Er befinde sich, so Kentridge in „a continous conversation with all images done in the past“.
In sieben Kapiteln führen Themenräume durch eine von HOLODECK architects aus Wien konzipierte Anordnung und fordern unsere Wahrnehmung heraus. Perspektiven eröffnen, Im Denkraum der Bilder, Schwarz drucken, Weiß sehen – so lauten die Bereiche. Sie geben der Druckgrafik als Medium Raum, beschreiben eine Art Raumlabor, so Andreas Schalhorn, und bilden Aktionsräume. Dem Sehen Zeit und Raum geben, frei von kunsthistorischen Infotafeln, losgelöst von einer chronologischen Folge. Das Zeit-und-Raum-geben wird wörtlich genommen, so bieten eine Kissenlandschaft und ein Büchertisch in der Ausstellung Gelegenheit, andere Perspektiven der Wahrnehmung und Auseinandersetzung zu finden.
Zum Beispiel den für die Ausstellung komplett neu gerahmten Riesenholzschnitt von Dürer, die Ehrenpforte für Kaiser Maximilian I. (Holzschnitt, Typendruck, 1515), bestehend aus 196 Druckplatten, der in Dialog tritt mit der 63-teiligen Lithografie des Südafrikaners Remembering The Treason Trial (Lithografie, dreifarbig, faltbar, 2013). Beide großformatigen Werke übertragen die Erinnerungen ihrer Gesellschaften und Zeiten auf Papier, inhaltliche und ästhetische Auseinandersetzungen verbinden sich.
Insgesamt 120 Werke der „Akteure der schwarz-weißen Kunst“ sind ausgestellt und bieten, so Elke Anna Werner, auch für die Wissenschaftler eine einzigartige Erfahrung: Sie können die Ausstellung wie ein visuelles Forschungsprojekt nutzen, ein quasi begehbares Archiv. Begehbar ist auch eine Zeichnung von Kentridge: Parcours d´Atelier (Collage, Feder, Tinte, roter Farbstift, 2007) hängt gerahmt an der Wand und ist auf den Boden gezogen, vergrößert, „verräumlicht“.
Die Ausstellung widmet sich der eher schwierigen Aufgabe, Grafik zu präsentieren und Fragen zu den theoretischen Positionen zu erörtern, „das Medium selbst zu reflektieren“, so Heinrich Schulze Altcappenberg. Diese Fragen sollen durch das Raumkonzept materialisiert werden. Ein Raumkonzept, das bewusst auf erklärende Tafeln und Texte verzichtet. Allein die Kunst sprechen zu lassen – ein ambitioniertes Vorgehen, das vielleicht viele Besucher dieser sehr spannenden Ausstellung etwas überfordern könnte.
Zur Ausstellung ist ein Katalog in Deutsch und Englisch erhältlich. Er kostet 34,90 Euro und enthält Texten von William Kentridge, Klaus Krüger, Andreas Schalhorn, Elke Anna Werner, Nadine Rottau, Michael Roth und HOLODECK architects.
Double Vision
Albrecht Dürer & William Kentridge
20.11. – 06.03.2016
Kupferstichkabinett – Staatliche Museen zu Berlin
Matthaikirchplatz
10785 Berlin-Tiergarten
Di, Mi, Fr 10-18 Uhr
Do 10-20 Uhr
Sa, So 11-18 Uhr
www.smb.museum
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