Im Rahmen dieses Tages bieten viele Berliner Moscheen Führungen, Vorträge, Ausstellungen, Folklore, Informationsmaterialien und Begegnungsmöglichkeiten an.
Als Kind war sie fasziniert von der Wettervorhersage im Fernsehen. Wenn die seriösen Herren im dunklen Anzug mit Kreide ihre Prognose auf die Tafel zeichneten, wusste Nanne Meyer: Das möchte ich auch einmal machen.
Zwar hat sie sich dann doch gegen den Beruf der Wetterfee entschieden, doch die Affinität zu Karten ist geblieben. Bereits seit zwanzig Jahren verwendet die 1953 geborene Hannah-Höch-Preisträgerin Landkarten, Atlasseiten und Stadtpläne, allerdings anders als zweckbestimmt. Meyer überzeichnet die Karten, verdeckt sie, schneidet sie aus, führt ihren ursprünglichen Zweck ad absurdum.
„im Atelier Liebermann: Nanne Meyer. von wegen“ lautet daher auch der doppeldeutige Titel der Ausstellung, die bis zum 3. Oktober im Max Liebermann Haus der Stiftung Brandenburger Tor zu sehen ist.
Von wegen Google Maps: Sprichwörtlich aus der Zeit gefallen erscheint das Material im hinteren Raum des Untergeschosses. Seltsame Formen tanzen hier an der Wand und werfen ihre Schatten. Sie zeigen Ländergrenzen, wie auf den zweiten Blick deutlich wird. Nanne Meyer hat die zarten Gebilde mit der Schere ausgeschnitten. Nun zittern sie sanft im Luftstrom und erinnern an organische Strukturen, einige auch an Blutgerinnsel. „Ich lasse die Grenzen frei“, erklärt die Künstlerin. Italien steht auf dem Kopf, während die USA da enden, wo die Atlasseite aufhört, das Land Berlin ist doppelt vertreten. Subtil macht die Künstlerin mit ihrer Arbeit auf die Willkürlichkeit territorialer Grenzen aufmerksam.
Andere Grenzen lässt sie verschwinden: Eine alte Karte aus dem DDR-Geschichtsunterricht habe sie derart unangenehm berührt, dass sie diese weitgehend übermalte. „Durchlüften“ nennt Nanne Meyer diesen Prozess des Weglassens. Sie bearbeitet die Karte so lange, bis sie sich mit dem Ergebnis wohlfühlt. Und dies nicht nur ästhetisch.
Eigens für das Max Liebermann Haus hat die Künstlerin 28 Kartenwesen geschaffen. Indem sie Linien innerhalb eines aufgeklebten Kartenfragmentes auf dem Papier fortsetzt, erweckt sie Personen zum Leben. Alle Zeichnungen sind rahmenlos an die Wand gepinnt und kommen so dem Betrachter näher als gerahmt und verglast.
Besonders tiefsinnig ist eine Arbeit, die reflektiert, welche Wege wir im Leben einschlagen. Ein geometrisches Raster bietet verschiedene Optionen. „Links“, „da“, „hier nicht“ ist an den Knotenpunkten zu lesen. Wo biegt der Mensch ab? Wo verharrt er? Wo führt ein Weg hin? Ist alles Zufall? Ist alles vorherbestimmt?
Doch nicht nur Karten regen Nanne Meyer an, zu hinterfragen, wohin sich die Welt orientiert. Die gebürtige Hamburgerin sammelt vermeintlich unscheinbare Worte und gibt ihnen ein Gesicht. „Ebenbürtig“ etwa zerlegt sie in „ebenb“ und „ürtig“ und illustriert das Wort mit drei übereinander schwebenden identischen Toastscheiben. „Absolut“ wiederum stellt sie als dicken schwarzen Punkt dar, und irgendwie erscheint einem diese Darstellung stimmig.
Nanne Meyers Arbeitsprozess lässt sich in ihren Jahrbüchern nachvollziehen, in denen sie ihre Inspirationen festhält. Indem die Ausstellung den Schaffensprozess thematisiert, knüpft sie an den Genius Loci an, das Atelier, in dem einst Liebermann seine Ideen entwickelte und auch wieder verwarf.
Konservatorische Bedenken kennt die Künstlerin nicht. Noch lagern ihre Jahrbücher in einer Vitrine, doch am 30. September lädt Nanne Meyer die Besucher ein, nach Belieben in ihrer reichen Bilder- und Gedankenwelt zu stöbern.
Ausstellungsdauer: 23. August bis 03. Oktober 2018
Stiftung Brandenburger Tor
Max Liebermann Haus
Pariser Platz 7
10117 Berlin
stiftungbrandenburgertor.de
Titel zum Thema Max Liebermann Haus:
im Atelier Liebermann: Nanne Meyer. von wegen
nur noch bis morgen ...
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