Im Rahmen dieses Tages bieten viele Berliner Moscheen Führungen, Vorträge, Ausstellungen, Folklore, Informationsmaterialien und Begegnungsmöglichkeiten an.
Mitten in Berlin befindet sich das L40: An der Linienstraße, nahe dem Rosa-Luxemburg-Platz. Entworfen von Roger Bundschuh und der Künstlerin Cosima von Bonin soll das Haus „voller Leichtigkeit und Zuversicht (…) einladend und abweisend“ sein.
Mit seiner schwarzen Fassade und den spitzwinkligen Kuben sieht das L40 nicht nur ernst und dunkel aus, es steht auch für einen harten, neuen Lifestyle in Berlin: Unter dem neoliberalen Räderwerk der Gentrifizierung werden Begriffe, Zitate einverleibt, sogar Widerstand wird ästhetisiert und zum Mehrwert umgemünzt. Fünfstellige Quadratmeterpreise sind hier Usus und Häuser tragen Namen wie Sophie Charlotte oder Living. Die Bauten dieser Gegend zeugen von gnadenloser Strenge.
Für eine kleine exklusive Community entstanden in den letzten Jahrzehnten Gebäude ohne Anreiz. Die Flächen sind glatt, sie werfen das Spiegelbild zurück, die Eingänge aus massiven Metall- und Holzplatten wirken verschlossen. Das Kapital bleibt ungesehen und geschützt und doch sieht es jede*r.
Im L40 befindet sich auch der Kunstverein am Rosa–Luxemburg–Platz , der Kunstprojekte, meist im öffentlichen Raum, realisiert und dabei von der „urbanen und architektonischen Situation des Viertels“ ausgehend das Leben vor Ort beleuchten möchte. Anlässlich der Wallworks, die vier Mal im Jahr stattfindet, wird das Foyer zur Ausstellungsfläche für zeitgenössische künstlerische Positionen, die sich mit der spezifischen Architektur des Hauses auseinandersetzen. Das Foyer ist zur Straße hin verglast, tagsüber jedoch kaum von außen einsehbar. Daher empfiehlt sich der Foyerbesuch eher für die Zeit der Dämmerung und den Abend.
Derzeit ist hier eine große Wandinstallation des in Berlin ansässigen Künstlers Mark Fridvalszki zu sehen. Fridvalszki beschäftigt sich mit Utopien und gesellschaftlichen Träumen, die im Sande verlaufen sind oder an der Realität scheiterten. Für seine Arbeiten sammelt er die Überreste und Fragmente dieser Visionen, fügt sie zu Neuem zusammen und erschafft damit raumgreifende Collagen. Sie operieren mit harten Kanten, festen Formen, einem breiten Farb- und Materialspektrum über das manchmal kursivierte Typografie in grellen Farben gelagert wurde.
Zwischen Briefkasten und Fahrstuhl befindet sich Fridvalszkis Wandcollage. Grundlage ist eine Wand, verkleidet mit einer Fototapete mit der Farbpalette einer Sternexplosion. Darauf hängt etwa mittig ein vierteiliges Gemälde, welches unserer heutigen Vorstellung einer fetzigen „Hippitapete“ gleich sieht. Der Stil könnte als retroromantisch bezeichnet werden: Er zitiert unsere Idee eines Epochengeschmacks und scheint dabei etwas geblendet vom Traum einer Utopie.
Titel der Collage ist Forward and Up!. Vorwärts und Aufwärts erkennt Konjunktur und positive Aufbruchsstimmung. Fridvalszki bediente sich für diese Arbeit aus dem Formenrepertoire der musikalischen Subkulturen der 1960er und 1970er Jahre. Der bunte Wirbel auf dem verwaschenen Grund weckt Assoziationen an bewusstseinserweiternde Drogen, „Psychedelia und Acid“ sind Schlagworte aus dem Text des Kunstvereins. Die beiden Dekaden werden so zu einem Hort freier Liebe, von LSD, von Woodstock und allem möglichen mehr.
Was auf den ersten Blick visionär und utopisch wirkt, tendiert in diesem Setting zu einer übellaunigen Dystopie: Was die Dekaden rund um die 68er auszeichnet – ihr visionärer Gehalt – wird hier zu nettem Schmuck, einem Nebensatz im Wohnungsinserat eines Penthouses für Kunstsammler*innen in diesem Haus.
An luxussanierten Plätzen wie diesem haben die Visionen der 1960er und 70er jegliche Bedeutung verloren. LSD, das nimmt hier sicher niemand mehr. Allenfalls wird hier reines Kokos konsumiert und mit überteuerten Pralinen diniert. Fridvalszki konfrontiert, ob gewollt oder ungewollt, eine Utopie, die Liebe predigte und Blumenkleider trug (Klischee), mit ihrem lebhaften Albtraum – hier knallt sie auf den harten Grund, hier ist sie nun aufgelaufen.
Und so passt es auch wieder, dass die Installation Forward and Up! von Mark Fridvalszki tagsüber nur schwer von der Straße aus zu sehen ist und nachts den Effekt einer rosa Leuchtreklame bekommt.
17.2.—18.4.21, die Installation Forward and Up! von Mark Fridvalszki ist täglich 24h zu sehen – Besuch idealerweise erst nach Sonnenuntergang.
Verein zur Förderung von Kunst und Kultur am Rosa-Luxemburg-Platz e.V.
Linienstraße 40
10119 Berlin
Titel zum Thema Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz:
Poppige Kunst fürs cleane Foyer. Mark Fridvalszki im Kunstverein am Rosa–Luxemburg–Platz
Ausstellungsbesprechung: Für seine Arbeiten sammelt Mark Fridvalszki Überreste und Fragmente von Visionen, fügt sie zu Neuem zusammen und erschafft damit raumgreifende Collagen.
Verein Berliner Künstler
Alfred Ehrhardt Stiftung
Galerie HOTO
GalerieETAGE im Museum Reinickendorf
Haus am Lützowplatz