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Von der Erotik des Objekts. Giuseppe Desiato in der Galerie Isabella Bortolozzi

von Maximilian Wahlich (30.07.2021)
vorher Abb. Von der Erotik des Objekts. Giuseppe Desiato in der Galerie Isabella Bortolozzi

Giuseppe Desiato
Untitled
1994
Colour photography with intervention 99.5 x 149 cm
Courtesy Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin Photo: Graysc.de


Ein Nylonstrumpf erstreckt sich über einen nackten Körper, im oberen Eck funkelt ein diamantenes Schmuckstück. Devotionalien, Erinnerungen und Doppeldeutigkeiten zieren die großformatigen Fotoarbeiten Giuseppe Desiatos. Das Werk des 1935 in Neapel geborenen Künstler ist derzeit in der Galerie Isabella Bortolozzi zu sehen. Die Ausstellung verteilt sich auf zwei Ausstellungsorte: der Galerie am Schöneberger Ufer und dem EDEN EDEN in der Bülowstraße. In der Galerie Isabella Bortolozzi, dem Hauptort, sind drei Werkgruppen zu sehen: Im ersten Raum hängen Fotografien einer Baseler Performance des Künstlers mit Charlotte Moorman (1975). In den restlichen Räumen werden die großformatigen Fotoarbeiten präsentiert. Und dort, wo es nicht erwartet wird, stehen Assemblagen des Künstlers: Auf einem Regal, in einer Vitrine, ganz beiläufig.

Desiatos Werk wird als poetisch beschrieben. Der erste Satz des Ausstellungstextes zitiert ein blumiges Gedicht, sofort werden Assoziationen an das Leben in Süditalien geweckt, nach einer warmen Prise sonnensatter Orangenbäume. Doch Vorsicht – keine romantische Illusion: Die Blumen duften schwer, fast welk und Süditalien wartet nicht mit prallroten Früchten auf. Desiato bezieht sich auf italienische Popkultur. Floral sind allenfalls die Farben, die Fotos wirken dick und dicht, geradezu fleischig. Desiatos Motive stocken und harren im Momentanen, sie spielen mit kleinen Lustbarkeiten und ähneln Stillleben. Klare Konturen scheinen von der südländischen Hitze verdunstet, die Blumen vermodern.


Installation view, Giuseppe Desiato, “Like the quietness of flowers...”(rituals, ephemeral monuments and brides),
Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin, 2021.


Desiato war inspiriert von den Wiener Aktionisten, kooperierte sogar mit deren Vertretern wie Hermann Nitsch. Und trotzdem stehen seine Werke weit ab vom orgelnd-pompösen Gehabe eines Nitsch oder dem popig-schrillen Schrei eines Dario Argento Films. Sie sprechen eine andere, Desiatos ganz eigene Sprache. Sie muss brüchig, undeutlich, aber zärtlich klingen – ein wenig wie das Geraune hinter einem Hutschleier.


Giuseppe Desiato
Untitled
1994
Colour photography with intervention 99.5 x 149 cm
Courtesy Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin Photo: Graysc.de


Besonders spannend sind die Fotografien, die Desiato mit kleinen Objekten versehen hat. Die großen Fotoabzüge zeigen Puppen, Kinder mit Masken, Körperzonen – ihre Handlungen erzählen von passiven, zum Objekt gemachten Rollen und Akteur:innen: Eine clowneske Puppe baumelt vor struppigen Girlanden, ein nackter Körper liegt apathisch im Himmelbett und ein maskiertes Kind steht unvermittelt im Raum. Vereinzelt finden sich auf den Motiven kleine Nippesgegenstände, kitschiges Zeug. Diese Beigaben sind nicht additiv auf das Motiv gestreut. Sie verorten sich über die Körperstellen auf den Fotografien. Beispielsweise hängt aus einem Bauchnabel an einem dünnen Faden ein schmales Drahtstück, blaue Schlaufen bedecken Augen, zwischen überkreuzten Beinen erhebt sich eine giftgrüne Feder. Über allem breitet sich meist hauchdünnes Gaze aus. Das Spiel mit den Ebenen ist unmissverständlich: Der Schleier verbirgt das Dahinterliegende genau so weit, dass es noch immer sichtbar ist – ein Spannungsfeld zwischen klandestinem und offen körperlichem Reiz. Die Objekte gleichen einem zum Fetisch gewordenen Andenken. Dabei stechen diese Dinge nicht nur wegen ihrer Dreidimensionalität hervor, zudem glitzern sie und brechen in ihrer Farbigkeit mit dem Dunst der Fotografien, ja, als seien sie eben auch nicht wirklich Teil des Fotos, sondern Transferobjekte, die das fotografierte Motiv mit dem Raum der Betrachter:innen verbindet.

Diese Verbindungen sperrt Desiato manchmal in Boxen, dann wirken die Gesichter der Personen gequetscht und gefangen. Gemeinsam mit Folie und Gegenstand sind sie in einen Plastikbehälter gestopft. Die Schachtel ist verschlossen und so wirkt das Ganze noch dichter, noch naher, noch sinnlicher. Doch begnügte man sich in der Ausstellung nicht damit, die hermetischen Werke dabei zu belassen. Sie wurden so in die Ausstellungsräume integriert, dass sich auch die Boxen als Teil der Ausstellung öffnen und von sich zu erzählen wissen.


Giuseppe Desiato Scatola
1994
Assemblage
26 x 17 cm
Courtesy Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin Photo: Graysc.de


Desiatos Werk ist voll poetischen Assoziationen und Anspielungen. Jede Betrachtung ergibt eine eigene mehrdeutige Geschichte. Doch nicht nur die Interpretationsmöglichkeiten sind poetisch vielseitig, auch Desiatos Werk als Gesamtes erzählt von vielen Inspirationen und Einflüssen. Von den Facetten seines Schaffen lässt sich in der Galerieausstellung ein guter Eindruck gewinnen.

In den Ausstellungsräumlichkeiten von EDEN EDEN sind weitere Arbeiten des Künstlers zu sehen, unter anderen Gemälde aus den Jahren von 1970 bis 1975, Fotografien zu seinen Performances aus den 80er Jahren und Assemblagen.

28. April – 31. Juli 2021
v GALERIE ISABELLA BORTOLOZZI
Schöneberger Ufer 61
10785 Berlin
+49 (0) 30 2639 7620
bortolozzi.com

EDEN EDEN
Bülowstraße 74
10783 Berlin

Maximilian Wahlich

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Von der Erotik des Objekts. Giuseppe Desiato in der Galerie Isabella Bortolozzi
Nur noch bis morgen. Hier unsere Ausstellungsbesprechung.

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