Im Rahmen dieses Tages bieten viele Berliner Moscheen Führungen, Vorträge, Ausstellungen, Folklore, Informationsmaterialien und Begegnungsmöglichkeiten an.
Pflanzen sind das neue Ding. Jetzt holen wir uns das Grün zurück in die Wohnung, in unser Leben. Pflanzen sollen wieder Teil unseres Alltags werden. Wir schmücken unsere Zimmer mit dem grünen Accessoire und prahlen mit Kostspieligem aus tropischen Klimazonen. Urban gardening ist dann die fortgeschrittene Stufe, wo das Dekorative politisch wird – in Form einer Guerillastrategie oder als klimafreundliche Baupraxis.
Auch Kunstausstellungen werden nun wieder grüner. Einst standen in den Salons des 19. Jahrhunderts vereinzelte Töpfe mit Farnen und Palmen. Der Ausstellungsort wurde zum ausgelagerten Wintergarten, zur semiöffentlichen Orangerie des Bürgertums. Die Pflanzen schluckten den Schall, waren Zierde und suggerierten den Besuchenden, wie sich die Werke in ihren Gemächern einbetten könnten.
Auch die Außenausstellung (re)connecting.earth nimmt sich der Pflanze an, belässt sie aber in ihrem natürlichen Lebensraum. 16 künstlerische Positionen wurden eingeladen, sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Thema auseinanderzusetzen. Formal sind es immer gleich große Tafeln, gespannt in einen aufrecht stehenden Holzrahmen. Darauf sind Instruktionen zu lesen bzw. sehen, die die Besuchenden zu einer Aktion anregen. Darüber hinaus gibt es QR-Codes, die eine weitere Sinnebene eröffnen. Die meisten Poster kommen aber auch ohne das technische Equipment aus. Der Begriff Kunstwerk verfehlt etwas. Eher handelt es sich um eine künstlerisch-politische Praktik. Diese Praktik besteht nun vor allem darin, unsere Umwelt wieder wahrzunehmen, sie wieder anzuerkennen und einzubinden. Der Ausstellungsort einer Kleingartensiedlung scheint dafür ideal.
Caroline Bachmann, Racines, 2021, courtesy+© Caroline Bachmann
Interessant ist, dass die meisten Anleitungen gar nicht mit den Pflanzen vor Ort den Umgang suchen, sondern ganz allgemeine und nicht ortsspezifische Anregungen geben. So motiviert Caroline Bachmann dazu, sich das Wurzelwerk der Pflanzen vorzustellen. Sie eröffnet einen Gedankenraum, der an jedem Ort funktioniert und gerade das Nicht-Sichtbare unter der Erde bewusst machen möchte. Auch Zheng Bo offeriert uns einen neuen Zugang: Wir sollen uns auf eine Pflanze konzentrieren, sie zeichnen und das Papier im Anschluss vergraben. Damit treten wir nicht nur in Dialog mit der Natur, sondern begeben uns in einen Kreislauf, vom Erschaffen bis hin zu dessen Zersetzung.
Einen spannenden Zugang wählte Antje Majewski, die sich mit unserer Konstruktion und Benennung von Unkraut befasst hat. Dazu zeigt sie eine Pflanze, die vor allem im Stadtraum wächst, daneben notiert sie ihre umgangssprachlichen Namen, die wie Beleidigungen anmuten. Schließlich fordert uns Majewski dazu auf, einen neuen Namen zu überlegen – einen, der vielleicht die enorme Anpassungsfähigkeit an unwirtliche Orte anerkennt.
Neben der Flora sind auch der urbane Raum und Tiere Thema mancher Beiträge. So beispielsweise bei Julian Charrière, dessen Poster an eine vorangegangene Arbeit anschließt. Damals streute er Sonnenblumenkerne in geometrischen Formationen auf den Boden. Die angelockten Tauben ordneten sich entsprechend. Mit der Aktion wies er den eher unbeliebten Tieren einen Platz zu und gab ihnen sozusagen ein lesbares Zeichen. Nun fordert er erneut dazu auf, den Tieren mit schlechtem Ruf einen Platz zu geben.
Antje Majewski, Weisser Gänsefuss, 2021, © Antje Majewski
Ganz anders ist Valérie Favres Herangehensweise. Sie hat die Idee eines kleinen, aus Steinen erbauten Theaters. Die Kulisse besteht aus Ästen und Blättern. Protagonisten sind eine Schnecke und ein Käfer. Den Dialog schreiben wir, er handelt von den menschengemachten Umweltschäden. Dabei – und das räumt sie auch ein – stülpen wir dem Tier eine Sprache über, machen es zu einem Sprachrohr unserer Probleme und Ängste. Naturschutz entpuppt sich dabei zu einem Akt, der vor allem unserem Selbsterhalt dient. „Die“ Natur wird es auch noch geben, nachdem wir unseren Lebensraum mit CO2-Emissionen vergiftet haben.
Es fragt sich daher einmal mehr, ob hinter all dem altruistischen Wollen doch allein unser Überlebenswille steckt? Ist alles Grün zeitgenössischer Kunst doch nur ein gutgemeinter Einsatz, der im Grunde folgenlos bleibt?
Leider bewahrheitet sich der Verdacht auch bei dieser Ausstellung, wo die Anleitungen auf Alu Dibond gedruckt wurden. Dies ist ein Material, das sicherlich von keiner Pflanze der Welt zersetzt werden kann. Zu Gute halten kann man dem Material nur, das es witterungsbeständig ist und wenig wiegt. Klimaneutrales Reisen sollte für die Ausstellung also keine Schwierigkeit darstellen. Die nächste Station ist dann auch in Genf angedacht.
Künstler*innen: Caroline Bachmann, Julian Charrière, Eli Cortiñas, Andreas Greiner & Takafumi Tsukamoto, Valérie Favre, David Horvitz, Bianca Kennedy & The Swan Collective, Fabian Knecht, Antje Majewski, Luzie Meyer, Regina de Miguel, Adrien Missika, Pfelder, Simone Zaugg, Zheng Bo
12. Juni – 25. September 2021
Außen-Ausstellung
Kleingartenverein Habsburg-Gaußstraße, Gaußstraße 14, 10589 Berlin
durchgehend geöffnet
Über uns – (Re)connecting Earth (reconnecting.earth)
reconnecting.earth
Titel zum Thema (Re)connecting Earth:
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