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Boris Lurie

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Berlin Daily 28.04.2024
Künstlerinnengespräch + Performance

14 Uhr: mit Yalda Afsah und Sati Zech. Mod.: Julia Meyer-Brehm. Performance von Rozhina Rastgoo im Rahmen der Ausstellung "A Home for Something Unknown"(Kooperation: Haus am Lützowplatz / n.b.k.) Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9, 10785 Berlin

Blickwechsel. Katharina Karrenberg im House of Taswir

von Katja Hock (24.01.2024)
vorher Abb. Blickwechsel. Katharina Karrenberg im House of Taswir

Katharina Karrenberg, African Lady with Evil Eyes (2020/2024) R_A_U_S_CH_ archive no: R07_0332_04759 + R07_0332_0469/04771 sister diffractography framed between museums acryl and norm acryl, 60 x 40 cm. Courtesy of the artist and of House of Taswir.

Buntgemusterte Teppiche, schwere auf Hochglanz polierte Möbel, ein Sofa mit Kissen - das House of Taswir ist ein Raum für künstlerische Forschung und diasporisches Denken. Aktuell sind dort zwei Fotografien der Künstlerin Katharina Karrenberg (*1941) von westafrikanischen Colon-Figuren zu sehen. Die beiden Arbeiten werden in der Reihe Solo and Friends von der MKM GALLERY präsentiert, die vor Ort die Ausstellungen organisiert.

Im Vergleich zu einem Galerieraum lässt sich hier eher von einer Art Kunstsalon oder von einem intimen Kunstkabinett sprechen. Dementsprechend konzentriert sich der Blick tatsächlich nur auf die zwei Arbeiten Karrenbergs und nicht auf die sonst übliche Fülle an Kunstwerken in einer Ausstellung. Nach Terminvereinbarung können Interessierte auf einen Besuch vorbeikommen.

Seit 2019 fotografiert die Künstlerin Colon-Figuren. Insgesamt existieren davon 18 Schwarz-Weiß-Arbeiten. Die Grundlage sind Masken und figürliche Skulpturen - Zeugnisse der Kolonialzeit des späten 19. Jahrhunderts. Die meist in Westafrika verbreiteten Colon-Figuren greifen Eigenheiten von Europäer*innen auf, unter anderem Körperhaltungen oder Herrschaftsposen. Die hölzernen Statuen stellen oftmals Kolonialbeamte wie Ärzte und Soldaten dar. Erneut erlangten diese Kunstobjekte Ende der 1970er Jahre auf dem europäischen Kunstmarkt großen Anklang und werden bis heute als Souvenirs in Westafrika hergestellt. Für ihre Fotografien greift die Künstlerin unter anderem auf die Colon-Sammlung der Berliner Ethnografin und Sozialanthropologin Heike Behrend zurück.
Zwei dieser 60 x 40 cm großen Fotografien stehen auf dunklen, filigranen Gestellen inmitten des Ausstellungsraums. Auf Brusthöhe und leicht gebeugt sind sie über Eck angeordnet und nehmen die Besucher*innen in den Blick und umgekehrt.

Katharina Karrenberg arbeitet konzeptuell-installativ und behandelt Themen wie strukturelle Gewalt oder wirtschaftliche Bedingungen der Globalisierung. Sie fotografiert die Colon-Figuren in Frontalansicht als Brustportrait. Ihre jeweilige Umgebung ist nicht eindeutig und lässt keine Verortung zu: ein heller, flächiger Hintergrund, der von klaren Schattenlinien oder weich-wolkigen Formationen durchbrochen wird. Es gibt Überlagerungen, Verschiebungen, Verschattungen, die dem Bildmotiv etwas Abstraktes und Vages verleihen. Technisch steckt dahinter ein Verfahren der Reflektografie / Diffraktografie, das zum Beispiel unterschiedliche Reflexionseigenschaften ausnutzt. „Durch Verzerrung und verspiegelte Zeichnung entstehen assoziative Bilder, die ich vorher nicht erkennen konnte“ so die Künstlerin. „Ich bin fasziniert vom Unscharfen und Undeutlichen“. Bei African Lady with Evil Eyes R07_0332_04759 zieht sich eine schimmernde Linie durch Gesicht und Oberkörper. Die großen, mandelförmigen Augen rücken eng zusammen und verschmelzen mit der Mimik zu etwas Neuem, Unbekannten. Trotz der frontalen Ausrichtung des Motivs entwickelt diese Fotografie eine ungeheure Dynamik. Eine Dynamik, die erst durch die Transformation der Skulptur in die Fotografie möglich wird und damit einen neuen Denkraum offenlegt.

Bei der anderen Fotografie verstärkt sich der Verschmelzungsprozess: aus zwei Augen entsteht ein langgezogener Kopf, spitz geformt und mit nur einem Auge. Weitere geschwungene Linien, die an vergrößerte Fingerabdrücke erinnern, treten hervor. Diese Nebelzonen spielen mit der Sichtbarmachung des Unsichtbaren, des Dazwischen.

Einmal mehr zeigt sich in den beiden Arbeiten eine kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte, ein Aussprechen der eigenen weißen Privilegien und ein Anerkennen mangelnden Wissens. Zugleich wird hier die Umkehrung des Blicks verhandelt. Es geht um das Ausloten des Wahrnehmbaren, um das Aufzeigen von Nuancen, um das Festhalten von Grenzräumen. Die Fotografien versuchen mit ihren Störungen deutlich mehr offenzulegen als die bloße Betrachtung des Originals und verweisen auf weitere Ebenen darüber. Sehen wir das Ganze oder nur die Hälfte im Spiegel unserer eigenen Wahrnehmung?

African Lady with Evil Eyes / KATHARINA KARRENBERG (2020/2024)
13.01. bis 15.02.2024

Öffnungszeiten nach Vereinbarung
Eintritt frei

MKM GALLERY
Schillerstraße 15
10625 Berlin
instagram.com/mkm_gallery
instagram.com/house_of_taswir/

Katja Hock

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