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Sich wandelnde Welten. Catherine Lupis Thomas in der Galerie Beyond.Reality

von Katja Hock (18.09.2024)


Sich wandelnde Welten. Catherine Lupis Thomas in der Galerie Beyond.Reality

Catherine Lupis Thomas, The Urban Wanderer, 2023, Courtesy Beyond.Reality

Von einem grünen Auto im Vordergrund eines Bildes fällt das Nummernschild ab, daneben eine Hauswand mit typischen Street-Art Motiven ... In der Einzelausstellung The Urban Wanderer der Galerie Beyond.Reality verwandelt die Künstlerin Catherine Lupis Thomas mit Fotografie, Collage, Montage und Installation raue Stadtansichten in bizarr-surreale Traumgebilde - eine Auswahl von Arbeiten der vergangenen zehn Jahre.

Im Schaufenster der Charlottenburger Galerie sitzt eine weiße Schaufensterpuppe in einem zerschlissenen Sessel. Nur ihr Unterkörper mit den langen, überschlagenen Beinen ist zu sehen. In den Ausstellungsräumen folgen Collagen in verschiedenen Formaten, die sich sprenkelartig über die Galeriewände ziehen. Variationen in Format und Technik vermischen sich mit menschengroßen Cut-Outs zu einer gewaltigen Raumcollage, die sich auch im Kleinen in den Arbeiten der französischen Künstlerin wiederfindet.

Im Fokus steht das Urbane; ungeschönte Räume setzt die Künstlerin durch Auslassungen, Überlagerungen und Montagen zu neuen Welten zusammen.
Catherine Lupis Thomas wurde in Charleville nahe der belgischen Grenze geboren und lebte einige Zeit in London. Heute pendelt sie zwischen Berlin und Frankreich. Orte, die als Kulisse für ihre Arbeiten dienen.

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Ausstellungsansicht, Courtesy Beyond.Reality

The Urban Wanderer von 2023 ist der Titel der Ausstellung und zugleich der einer Collage. Im Querformat angelegt, versucht sich, ein in weiß gekleideter Körper von einer Seite des Bildes zur anderen zu bewegen. Seine feingliedrige Gestalt erinnert an eine Gottesanbeterin nur ohne Kopf. Stattdessen endet der kopflose Jackenkragen in dem runden großen Licht einer Deckenlampe. Der klobige Schritt in Plateauschuhen lässt das schwere Aufsetzen auf dem Asphalt durch das Bild förmlich hören. Dahinter eine orange gekachelte Wand, kleinteilig eine Fliese neben die andere gesetzt, aber mit einem riesigen Graffiti aus silbernen Buchstaben und schwarzen Netzen besprüht. Catherine Lupis Thomas wählte für dieses Szenario als Hintergrund den Berliner U-Bahnzugang zum ICC mit einzigartiger 1970er Jahre Ästhetik. Die Figur geht daran achtlos und in sich gekehrt vorbei. Sie bietet keine Interaktion mit den Betrachtenden. Und manch andere im städtischen Leben tun es ihr gleich.

Die Stadt ist für die Künstlerin Impuls- und Motivgeber, ihre Vielschichtigkeit als Ballungsraum von Individuen ist für sie ein offener Körper. Ein Spiel mit Gegensätzlichkeit und ambivalentem Erscheinungsbild im urbanen Raum. Die Arbeit Louisiana von 2014 ist ein weiteres Beispiel.

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Catherine Lupis Thomas, Louisiana, 2014, Courtesy Beyond.Reality

Auf eine großformatige Leinwand ist eine Fotografie gespannt. Diese wurde mit Acrylfarbe bemalt und mit weiteren Elementen beklebt.
Ein Ausstellungsplakat zu Paula Modersohn-Becker, mehrmals überklebt, wurde von Lupis Thomas direkt aus dem Straßenraum mit in ihre Arbeit übernommen. Architekturfragmente werden mit knalligen Farben übermalt. Statt Räumlichkeit wird Flächigkeit erzeugt. Von einem grünen Auto im Vordergrund fällt das Nummernschild ab, daneben eine Hauswand mit typischen Street-Art-Motiven, die Lupis Thomas nachträglich hinzufügte. Zerpflücken, auseinandernehmen und fremdartig zusammensetzen: Während ihres Aufenthalts in London beschäftigte sich die Künstlerin mit der Punkszene, der feministischen Selbstermächtigung und dem daraus resultierenden Wandel in der Modebranche, was in „Louisiana“ anklingt. Der zierliche Frauenkörper am rechten Bildrand erinnert an Ausschnitte aus Modezeitschriften vergangener Tage. In klaren Schnitten, ganz in Schwarz gekleidet, die hervorblitzende Haut grau und der Kopf ein schwebender schwarzer Kreis.
Immer wieder tauchen in Lupis Thomas weiblich gelesene Körperteile auf - schlanke, lange Beine oft in Netzstrümpfen und Highheels, nackte Körper, Gesichter, rotgeschminkte Lippen oder giftgrün manikürte Nägel. Eine offensichtliche Kritik an einer patriarchalen Sichtweise, die sie ins ins Absurde zieht, indem sie den weiblichen Körper dekontextualisiert und zu hybriden Gebilden formt. Sie rebelliert und bricht mit stereotypen Bildern.

Catherine Lupis Thomas transportiert in The Urban Wanderer die vertraute, raue Realität in wunderbar skurrile Parallelwelten. Ihre Arbeiten sind keine bloßen Dokumentationen von Streifzügen durch den städtischen Raum. Ihre Arbeiten sind auch keine stillen Beobachter, vielmehr laute Stimmen. Die Künstlerin untersucht, bietet Wertschätzung und wirft einen Blick auf das Alltägliche. Übersehenes legt sie frei, deckt auf und gibt ihm einen neuen Platz.

The Urban Wanderer
Fotografien, Collagen, Montagen von Catherine Lupis Thomas
12.09. - 18.10.2024

Öffnungszeiten: Mittwoch – Freitag von 13 – 18 Uhr

Klaus Memmert I Beyond.Reality
Schlüterstraße 70
10625 Berlin
www.klausmemmert-atelier.com

Katja Hock

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