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Berlin Daily 28.04.2024
Künstlerinnengespräch + Performance

14 Uhr: mit Yalda Afsah und Sati Zech. Mod.: Julia Meyer-Brehm. Performance von Rozhina Rastgoo im Rahmen der Ausstellung "A Home for Something Unknown"(Kooperation: Haus am Lützowplatz / n.b.k.) Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9, 10785 Berlin

Raus aus der Comfort Zone

von Frank Lassak (12.12.2023)
vorher Abb. Raus aus der Comfort Zone

Rubica von Streng, „Harvest Moon“, 2023, 100x80 cm, Öl auf Leinwand, Foto: © Efacts Photography

Nach dem großen Erfolg ihrer Soloschau Totentanz in Stralsund rückt Rubica von Streng ihren monumentalen Werkzyklus PortLand in den Fokus. Neun Arbeiten daraus sind ab 15. Dezember in der Gruppenausstellung All Together Now in der Berliner Galerie Tammen zu sehen. Auch die Züricher Lechbinska Gallery zeigt aktuell eine Auswahl ihrer Gemälde. Und für 2024 sind bereits weitere Ausstellungen geplant.

Unter dem ersten Vollmond nach Herbstbeginn nimmt die Szenerie in Rubica von Strengs Harvest Moon ein Bad in orangenem Licht; die Sonne hat sich aus der Gegend gerade erst verabschiedet. In tiefem Schwarz begrenzen gestisch aufgetragene, expressive Konturen die schemenhaften Körper unruhig anmutender Wesen. Wie Herdentiere scheinen sie aus dem Bild nervös und ungestüm hinauszudrängen. Die friedliche Stimmung im Hintergrund wird von der frontalen Stampede nahezu verdeckt. Wer genauer hinsieht, wird indes erkennen: Die Herde darf vorerst ruhig bleiben; Gefahr scheint nicht in Verzug. Dennoch bleiben Fragen offen: Werden sich die Tiere ihrem drohenden Schicksal, gleich welcher Art, am Ende fügen müssen? Oder geht doch noch alles gut? Die Antworten finden sich bei von Strengs PortLand - Werken freilich nicht in den Bildern selbst. Die Künstlerin verortet sie stattdessen in der Welt der Betrachtenden. Die, also wir, sollen nicht nur konsumieren, sondern intensiv hinschauen und reflektieren.

Der Appell, die Comfort Zone zu verlassen und sich auf einer ästhetisch reizvollen Metaebene mit bisweilen unbequemen Themen auseinanderzusetzen, mag für manche eine Zumutung sein. Gibt es nicht schon genügend offene Fragen? Gewiss doch, aber: „Rubica von Streng beschwört in PortLand die Wunder dieser Welt. Eindrücklich, jedoch ohne mahnenden Zeigefinger, weist sie darauf hin, wie wichtig es ist, diese Wunder zu erhalten und dafür aktiv zu werden“, sagt Christoph Tannert, Direktor des Künstlerhauses Bethanien. „Mitunter findet sich in ihren Gemälden auch ein Quäntchen Melancholie: eine Spur Sehnsucht nach dem friedlichen Miteinander von Mensch und Umwelt.“ Den düsteren Kosmos von Künstlerkollegen wie Anselm Kiefer oder Francis Bacon, die sie in früheren Interviews gelegentlich als Inspiration für ihre Werkzyklen Totentanz (2017–2020) und Inner Vision (2015–2016) genannt hatte, habe von Streng „längst verlassen und sich dringenderen, offensichtlich motivierenderen Themen zugewandt – was sowohl in der Komposition als auch bei Form- und Farbgebung sichtbar ist“, so Tannert.


Rubica von Streng, „Toadstool in Autumn“, 2021, 79x53 cm, Öl auf Papier, Foto: © Efacts Photography

Gleichwohl malt die Berliner Künstlerin – fernab von Cuteness und Rokoko 2.0, die als anti-avantgardistische Strömungen zurzeit den Kunstbetrieb überrollen (wollen) – mitten hinein in die akute und in eine künftige Realität. Vielschichtig setzt sie dabei gegenwärtige Gewissheiten und dräuende Ungewissheiten miteinander in Beziehung. Als Ergebnis scharfsinniger Beobachtung und präziser Innenschau entstehen facettenreiche Abstraktionen, die trotz aller Intensität und filigranen Details verblüffend konsonant wirken. „Von Strengs Malerei ist hintergründig klug, fundiert und verantwortungsvoll“, sagt René Spiegelberger, Gründer der Hamburger Kunststiftung PArt. „Sie schlägt damit ein neues Kapitel in der Abstraktion auf. Ihre Form der Auseinandersetzung mit hochaktuellen Themen manifestiert sich im monumentalen PortLand-Zyklus auf eindrucksvoll stringente Weise.“

Davon ist auch Julia Lechbinska überzeugt: „Schon der ,Totentanz‘-Zyklus hat mich nachhaltig beeindruckt, aber die PortLand - Arbeiten gehen einen Schritt weiter. Sie wirken noch freier und weisen zudem in die Zukunft – ich finde sie geradezu post-contemporary“, sagt die Gründerin der Züricher Lechbinska Gallery, die gerade einen virtuellen Showroom mit Gemälden der Künstlerin eröffnet hat und für kommendes Jahr eine Ausstellung mit ihr plant. Tatsächlich gehen abstrakte Portrait- und Landschaftsmalerei bei von Streng eine spannende Liaison ein, die Räume jenseits des Zeitgenössischen eröffnet. Ob sie sich dabei im Fahrwasser des kunstphilosophischen Vordenkers Sebastian Olma befindet, der den Diskurs über post-contemporary art derzeit prägt? Klar ist, dass sie in PortLand einen Blick in die Zukunft wirft, dabei aber dystopische Stimmungen vermeidet. „Von Strengs aquarellhaft erscheinende Ölgemälde strahlen eine phänomenale Leichtigkeit aus – auch wenn die verhandelten Themen mitunter schwer und komplex sind“, meint der niederländische Kurator Jurriaan Benschop, der ihre Arbeiten bereits in zwei seiner Ausstellungen gezeigt hat.

Dieser Spagat gelingt der Künstlerin vor allem dank der von ihr selbst entwickelten sogenannten Arpeggio-Maltechnik: Dabei trägt sie hauchdünne Schichten stark verdünnter Ölfarbe nach- und übereinander auf und lässt so ein wirkmächtiges Ensemble von – stellenweise verschmelzenden – Farbräumen und Formen entstehen. „Wie bei einem Arpeggio-Akkord, wenn alle Töne direkt nacheinander erklingen, stehen alle Farbschichten und Formen des Gemäldes unmittelbar miteinander in Bezug“, erläutert sie die Vorgehensweise. Die ausgefeilte Technik, die sie sowohl auf Leinwand als auch bei Arbeiten auf Papier einsetze, erfordere ein hohes Maß an Präzision und koste viel Zeit. Und: „Falls ich während des Prozesses feststelle, dass die Ebenen nicht so ,zusammenklingen‘ wie geplant, muss ich prüfen, ob ich sie überarbeiten kann, um die gewünschte Wirkung doch noch zu erzielen. Das ist allerdings nicht immer möglich.“


Rubica von Streng in ihrem Atelier in Berlin, Foto: © Efacts Photography

Obwohl, wie sie sagt, „durchaus ein paar Monate vergehen können, bis ein Werk vollendet ist“, hat von Streng seit 2018 mehr als 100 Arbeiten (Öl auf Leinwand, Öl auf Papier, Skulptur) für den Zyklus erschaffen. Mittlerweile besteht er aus drei aufeinander aufbauenden Serien: Towards PortLand (2018–2019), Limits of PortLand (2020–2021) und Beyond PortLand (2022–heute). Zu den ersten beiden sind bereits Bildbände erschienen, und einige Gemälde waren in internationalen Ausstellungen zu sehen, etwa im Düsseldorfer KIT (2019) und im Berliner Kunsthaus Torstraße 111 (2021). Zurzeit produziere sie gerade mit ihrem Gestaltungsteam das Buch zum dritten Teil. Es soll rechtzeitig zur Eröffnung wichtiger Ausstellungen in der Schweiz, Österreich und Großbritannien fertig sein. Im Herbst 2025 wird der Gesamtzyklus schließlich im Kunstverein Pritzwalk gezeigt. „Bis dahin werden sicher noch weitere Beyond-Gemälde entstehen“, sagt die 31-Jährige. „Und es sieht ganz so aus, als könnten sich auch jenseits von ,Beyond‘ interessante Bereiche auftun, die ich im Rahmen von ,PortLand‘ erkunden werde.“

In Berlin können Kunstinteressierte die Arbeiten der Malerin demnächst ebenfalls in Augenschein nehmen: Vom 15. Dezember 2023 bis zum 3. Februar 2024 sind neun Gemälde aus Limits of PortLand und Beyond PortLand in der prominent besetzten Gruppenschau All Together Now in der Berliner Galerie Tammen zu sehen, die ihre Werke dieses Jahr zum zweiten Mal zeigt und auch auf der Art Karlsruhe im Februar 2024 präsentieren wird. „Obwohl sie erst am Anfang ihrer künstlerischen Karriere steht, verfügt Rubica von Streng über einen beachtlichen thematischen Fundus und eine ausgesprochen differenzierte malerische Ausdruckskraft“, sagt Galerist Werner Tammen. „Damit weiß sie in der aktuellen Kunstlandschaft durchaus zu überraschen.“


Frank Lassak

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Raus aus der Comfort Zone
Gastbeitrag: Nach dem großen Erfolg ihrer Soloschau Totentanz in Stralsund rückt Rubica von Streng ihren monumentalen Werkzyklus PortLand in den Fokus. Neun Arbeiten daraus sind ab 15. Dezember in der Gruppenausstellung All Together Now in der Berliner Galerie Tammen zu sehen. Auch die Züricher Lechbinska Gallery zeigt aktuell eine Auswahl ihrer Gemälde. Und für 2024 sind bereits weitere Ausstellungen geplant.

Rubica von Strengs „Totentanz“ endet mit feierlicher Finissage
Zum Abschluss der Ausstellung „Totentanz“ in der Kulturkirche St. Jakobi, die am 25.10.2023 mit einer Finissage endet, bedankt sich die Berliner Künstlerin Rubica von Streng bei der Hansestadt und schenkt der Sammlung des Stralsund Museums eines ihrer Werke. (Sponsored Content)

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