Im Rahmen der Berlin Art Week laden die Galerien des Gallery Weekend Berlin am Freitagabend zur Gallery Night mit verlängerten Öffnungszeiten ein. Wer teilnimmt, siehe Website ...
Kann Herkunft wieder eine Kategorie des Kunstverständnisses werden? Mit „Born in the USSR“ zeigt der Internationale Deutsch-Russische Club eine Ausstellung fünfzehn unterschiedlichster Künstler, die zunächst nur eine Gemeinsamkeit haben: Sie sind allesamt in der ehemaligen Sowjetunion geboren.
Aber wie schlägt sich dieses Erbe in den verschiedenen Künstlerpositionen nieder? Um diese Frage kreisen die Exponate, die derzeit im Lichthof des Auswärtigen Amtes präsentiert werden.
Zwei große, bestickte Wandteppiche bilden den Anfang der Ausstellung. Die ziegelrotfarben gestickte Landidylle zeigt das Portrait eines jungen Bauernmädchens – eine „Schnitterin“ mit Sichel und Ähren in der Hand. Darüber legt sich ein weiteres Bild: Eine abstrakte Komposition aus langgezogenen Rechtecken, Linien und spärlich eingesetzten geometrischen Formen, welche eine zweite, chromfarben gemalte Ebene über den Stickereien bildet.
Der Bildtitel mag Aufschluss geben: „Blick auf ein russisches Sujet durch die Komposition von Piet Mondrian“. Zitate zweier Kunstrichtungen und zugleich zweier Ideologien werden hier übereinandergelegt und zu einem Bild verwoben. Die ideologiebefrachtete offizielle Kunst des „sozialistischen Realismus“ mit ihren häufig ländlich-bäuerlichen Motiven findet darin ihren Niederschlag genauso wie die Bewegung der konstruktivistischen Avantgarde, zu deren Ikone der Niederländer Piet Mondrian gehörte.
Mit diesem 1988 entstandenen Werk, welches das traditionelle künstlerische Erbe von Ost und West gleichermaßen auf seinem „Rücken” trägt, verdeutlicht die Künstlergruppe AES + F das Spannungsfeld, in dem sich russisch-deutsche Künstler als „Wanderer zwischen zwei Welten“ bewegen.
Bereits die Wahl des Ausstellungstitels illustriert dieses Spannungsfeld. „Born in the USSR“ ist ein Mix zweier bekannter Popsongs - „Back in the USSR“ von den Beatles und Bruce Springsteens „Born in the USA“. Die symmetrische Gegenüberstellung der Titel ist als Nachhall auf die Zeiten des Kalten Krieges zu verstehen, an dessen Ende die Auflösung der Sowjetunion stand.
Mit der Auswahl der Künstler will die Kuratorin Olga Lystova ein möglichst breites Spektrum der Ausdrucksformen aufzeigen, mit denen zeitgenössische russisch-deutsche Künstler arbeiten.
So lässt Genia Chef (geb. 1954) ein archaisch anmutendes Zelt entstehen, das als „My Personal Temple“ (2006-2007) 22 Miniaturgemälde enthält, deren Sujets dem intimen Alltag entstammen. Andrej Barov (geb. 1958) hingegen setzt zeitgenössische technische Computerprogramme für die Erstellung großformatiger Digitalfotografie oder für 3-D-Projektionen ein. Wenn er mit seinem Projekt „Beauty Matrix Operation“ die vergoldete Stereolithographie eines vom Computer entworfenen Idealkopfes ausstellt, könnte man sich dabei an heroisierte Sozialismus-Portraits genauso wie an die Idealbilder amerikanischer Schönheitschirurgie erinnert fühlen.
Trotz der thematischen Verbindungen, der „sowjetischen“ Elemente in den Werken, die immer wieder Linien zwischen den einzelnen Arbeiten ziehen, lassen sie sich in ihrer Heterogenität in einem engen Ausstellungsraum wie diesem nur schwer zusammenbringen.
Denn zusammengepfercht wie die Miniaturbilder im stickigen „Personal Temple“ erscheint leider auch die gesamte Hängung der Exponate. Auf provisorisch wirkenden, schachtelförmig angeordneten Wandmodulen haben die einzelnen Werke kaum Luft zum Atmen und schwächen sich in der engen Gegenüberstellung vielmehr ab. So entdeckt man Dmitri Vrubels bekannten „Bruderkuss“ zwischen Breschnew und Honecker, der auf der Berliner Mauer zu einer überragenden Ikone der Wiedervereinigung geworden ist, in der aktuellen Ausstellung eher zufällig und geradezu beiläufig auf einer Wandrückseite.
Den Werken wird das kaum gerecht. Genauso wenig dem ambitionierten Ausstellungskonzept, das durchaus interessante Positionen aufzuzeigen hat und fünf Jahre nach der Ausstellung "Berlin-Moskau / Moskau Berlin 1950-2000" im Martin-Gropius-Bau erstmals wieder das Thema deutsch-russischer Kulturgeschichte in den Blick nimmt.
Künstlerliste:
Künstlergruppe AES + F (Tatiana Arzamasova, Lev Evzovich, Evgeny Svyatsky und Vladimir Fridkes), Daniel Akulin, Juri Albert, Andrej Barov, Genia Chef, Ivan Chuikov, Grigori Dor, Marina Gertsovskaya, Georgi Litichevskiy, Boris Mikhailov, Haralampi G. Oroschakoff, Alexander Tokarev, Sergey Voronzov, Dmitri Vrubel
Abbildung: Boris Mikhailov: "Yesterday Sandwich", c-print, 100x150cm, late 60th-late 70 th
Auswärtiges Amt
Werderscher Markt 1
10117 Berlin
Telefon: 030-5000-0
deutsch-russischer-club.de
Titel zum Thema Boris Mikhailov:
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Ins Gefängnis musste er nicht, aber er hatte immer das unangenehme Gefühl unter Beobachtung zu stehen, sagt Boris Mikhailov über seine Arbeit in der Sowjetunion.
Boris Mikhailov. Time is out of joint. Fotografien 1966 - 2011 (Anzeige)
Ausstellungsdauer: 24.02. – 28.05.2012
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur
Alte Jakobstraße 124-128
10969 Berlin-Kreuzberg
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