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Feindbilder - The Universal Soldier

von Dr. Inge Pett (09.05.2014)
vorher Abb. Feindbilder - The Universal Soldier

Deutschland, aus der Serie TARGETS, © Herlinde Koelbl

„Wie sieht der Feind aus?“ Das fragte sich Herlinde Koelbl. An einem eisigen Wintermorgen vor dreißig Jahren stieß die Fotografin bei einer Reportage über die Bundeswehr unversehens auf ihr erstes „Target“ (Schießziel), eine von Schüssen durchlöcherte Blechfigur. „Das Bild der Figur in der Ackerfurche auf dem Truppenübungsplatz hat mich nie mehr losgelassen“, so Koelbl: „Für mich war es das Symbol für Gewalt und Tod schlechthin.“

Vor sechs Jahren beschloss sie, sich der Frage nach dem Feindbild konzentriert zu widmen. Wie sind die Targets weltweit gestaltet? Wen stellen sie dar? Haben sie ein Gesicht oder sind es abstrakte Formen? Und wer bedient das Gewehr? Wer sind die Menschen, die im Kriegseinsatz selber zum „Weichziel“ werden können?

Das Ergebnis ist vom 9. Mai bis zum 5. Oktober 2014 im Deutschen Historischen Museum in Berlin in der Ausstellung TARGETS zu besichtigen. Koelbl reiste einmal um den Globus, um zu dokumentieren wie die Übungsziele aussehen, auf die Soldaten weltweit schießen. Insgesamt besuchte sie 30 Länder von Afghanistan bis zur West-Sahara. Nur Australien habe sie ausgelassen, da das dortige Militär dieselben Targets benutze wie in England und Südafrika – eine Folge der Kolonialisierung. Doch wie hat es die 73-jährige Fotografin geschafft, all diese dem öffentlichen Blick entzogenen Truppenübungsplätze aufsuchen zu können? Reicht tatsächlich ein international renommierter Name aus, dass sich militärische Bastionen öffnen?

Deutschland, aus der Serie TARGETS, © Herlinde Koelbl

„Nein, es ging nur mit äußerster Beharrlichkeit“, erklärt Koelbl schlicht. Immer wieder habe sie die Militärattachés der entsprechenden Regionen aufgesucht und Überzeugungsarbeit leisten müssen. Ganze vier Jahre etwa habe sie warten müssen, um die Genehmigung der Vereinigten Arabischen Emirate zu erhalten. Sie sei selber überrascht gewesen über die Erlaubnis, im Libanon fotografieren zu können. „Die Einsätze waren oft anstrengend“, bekennt sie. „Ich musste meine Ausrüstung selber tragen und mit den Soldaten Schritt halten, was nicht immer einfach war“.

Und wie sieht der Feind nun aus? Immer wieder stößt der Besucher der Ausstellung auf Überraschungen. Seltsam gesichtslos – und weltweit einmalig – ist die Sonderanfertigung des Targets in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Denkbar einfach die Targets der PKK – schlichtes Papier mit aufgemalten Kreisen. Ein Schmunzeln lösen Zielscheiben in Franken aus: Die rundlichen Bäuerinnen und glücklichen Kühe erinnern an naive Malerei und lassen ihren eigentlich Zweck leicht vergessen. Und auf den amerikanischen Truppenübungsplätzen haben längst orientalisch aussehende Pop-Up- Figuren den Sowjet mit dem roten Stern abgelöst. Der Kalte Krieg ist einem asymmetrischen geführten Krieg gewichen, der in Städten und Dörfern ausgeführt wird.

Frankreich, aus der Serie TARGETS, © Herlinde Koelbl

Auch die für dieses Training speziell nachgebauten Geisterstädte hat Koelbl fotografiert. Während in Japan in grauen Betonschluchten geübt wird, gibt es in Israel eine „Bank of Palestine“ oder „El Baladia City Hall“. Dass in Sisonne, Frankreich, der Kriegsfall in der „Berliner Straße“ und der „Universitätsstraße“ trainiert wird, lässt den Besucher des DHM schlucken und über den Wandel bzw. die Beständigkeit von Feindbilder grübeln, sofern die Benennung mit deutschen Namen überhaupt in diesem Kontext zu sehen ist.

Ergänzt wird die brillante Ausstellung durch einen „Wüstenraum“, in dem die Soldaten an diversen Hörstationen selber zu Wort kommen. „Ich würde für die Kameraden mein Leben geben“, erklärt ein Vater von vier Kindern. Ein Vorgesetzter wiederum ist der Überzeugung, Gräueltaten seinen immer die Folge von Führungsversagen. Und alle Befragten sind der Überzeugung, auf der richtigen Seite zu stehen.

Den Abschluss bildet ein Raum mit bewegten Bildern. An vier Wände projiziert hört der Besucher das melodische Klicken der Pop-Ups, die Schüsse, die Schreie der Soldaten und steht inmitten dieses Geschehens – verloren, nachdenklich.

Auf die Frage, ob sich die eigene Einstellung zum Militär im Verlaufe des Projektes geändert habe, erklärt Koelbl, sie habe mehr und mehr verstanden, dass es Grautöne gebe.

Ausstellungsdauer: 9. Mai bis zum 5. Oktober 2014

Deutsches Historisches Museum
Unter den Linden 2
10117 Berlin
dhm.de/ausstellungen/targets-herlinde-koelbl.html

Dr. Inge Pett

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Titel zum Thema Herlinde Koelbl:

Feindbilder - The Universal Soldier
Ausstellungsbesprechung: „Wie sieht der Feind aus?“ Das fragte sich Herlinde Koelbl. An einem eisigen Wintermorgen vor dreißig Jahren stieß die Fotografin bei einer Reportage über die Bundeswehr unversehens auf ihr erstes „Target“ ...

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