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“Ewig ist eh nichts”, machen wir doch das Beste draus

von Theresa Hartherz (19.06.2014)
vorher Abb. “Ewig ist eh nichts”, machen wir doch das Beste draus

Reijiro Wada: Freeze, 2006, Einscheiben-Sicherheitsglas, Messing, Früchte, 160 x 260 x 30 cm Courtesy of the Artist, Installationsansicht Georg Kolbe Museum, Berlin 2014, Foto: Enric Duch

Kaum zur Tür herein gekommen, überrascht den Besuchern der aktuellen Ausstellung „Vanitas – Ewig ist eh nichts“ im Georg Kolbe Museum das überdimensionierte Bild eines Totenkopfes. Der Schädel wirkt keineswegs abschreckend oder einschüchternd. Vielmehr macht sich in seinem Antlitz ein leichtes Lächeln breit, das sich aus Flaschen zusammensetzt. James Hopkins hat seine Arbeit „The Dance of Death“ eigens für die Ausstellung, die am 14. Juni eröffnet wurde, angefertigt. Angeregt durch die Vanitas-Stillleben des 17.Jahrhunderts arrangierte Hopkins verschiedene Objekte, wie einen Verstärker, eine Discokugel und leere Flaschen so, dass sie das Bild eines Totenkopfes ergeben.

James Hopkins: The Dance of Death, 2014, Mixed Media, 260 x 183 x 35 cm, © James Hopkins, Foto: Nathan Spencer

Das Werk leitet treffend in Thema und Tenor der Ausstellung ein, die sich der nie enden wollenden künstlerischen Auseinandersetzung mit der Endlichkeit widmet. Die Vergänglichkeit wird hier mit einer angenehmen Leichtigkeit behandelt, denn „ewig ist eh nichts“, machen wir doch das Beste daraus. Die Gruppenschau vereint unter anderem Werke wie ein “Fallenbild” Daniel Spoerris, Arbeiten von Alicia Kwade, Tomás Saraceno, Katja Strunz, Thomas Schütte, Luca Trevisani und Pawel Althamer. Allesamt greifen die Arbeiten auf die barocke Vanitas-Symbolik zurück, übertragen diese in die Gegenwart oder arbeiten mit ephemeren Materialien. Dabei zeigen gerade die jüngeren Arbeiten die Fragilität des Lebens nicht mehr nur als Bedrohung, sondern schreiben ihr auch konstruktive Fähigkeiten ein.

Im lichtdurchfluteten Ausstellungsraum ist ganz leise ein unregelmäßiges Tropfen zu vernehmen. Es sind die Eisblöcke, die Luca Trevisanis Paradiesvogelblumen noch konservieren, der Raumtemperatur aber nicht standhalten können. Die raumfüllende Installation des italienischen Bildhauers ist nach James Hiram Bedford benannt, einem Psychologie-Professor, der seinen Körper 1967 mit dem Wunsch nach späterer Wiederbelebung, einfrieren ließ. Daneben muss Dieter Roths „Karnickelköttelkarnickel“ seinem Schokokollegen aus Roman Signers „Hase mit Rakete“ beim schmelzen zusehen. Leider bleibt in Signers Fotografie die endgültige Zerstörung des Schokohasen, der von der Raketenflamme langsam dahingerafft wird, der Vorstellungskraft des Betrachters überlassen. Reijiro Wadas Arbeit hingegen, kann er live beim Verwesen zusehen. Im Garten des Kolbe Museums installierte der japanische Künstler mit seiner Arbeit „Freeze“ drei keilförmig zulaufende Glaswände, in deren Zwischenräume er regelmäßig neues Obst wirft. Nach und nach verfault dieses und wird am Boden der Natur zurückgegeben. Dabei arbeitet der Zufall dem Werk eine besonders schöne Ästhetik zu, ein barockes Stillleben tradiert in die heutige Wegwerfgesellschaft.

Tomás Saraceno: Work in progress – captured on 15-05-14: Live performance by semi social Cyrtophora citricola, weaving on the Omega Centauri web of solitary Nephila kenianensis, 2014, Spinnenseide, Karbonfaserrahmen, Metall, Spotlight, 62 x 62 x 70 cm, Installationsansicht Georg Kolbe Museum, Berlin 2014, Foto: Enric Duch

Die Uhr tickt, die Zeit läuft, abzulesen ist sie nicht. Eine von Alicia Kwades verspiegelten Uhren hängt in der hinteren Ecke des nächsten Raumes. Das treibende Ticken wird, durch den Besucher ausgelöst, vom Geräusch der herunterkrachenden Wanduhren aus Katja Strunz´ „Crack Initiation Testing“ unterbrochen. Zwei Werke, die die Zeitlichkeit direkt thematisieren und gemeinsam mit Kwades „Kaminuhr“ ein Trio bilden, das die sich selbst dekonstruierende Eigenschaft der Zeit ironisch unterwandert. Kwade ließ für die Ausstellung eine Kaminuhr zermahlen und separierte die feinen Überbleibsel sortiert nach ihrer Materialart in unterschiedliche Gläser. Derweil weben die Spinnen von Tomás Saraceno in einer abgedunkelten Kammer wie Klotho ihre Fäden – ganz ohne gläserne Umhüllung. Zwei Spinnenarten, die in der Natur nie aufeinander träfen, lässt Saraceno hier, in weißes Licht gehüllt, miteinander arbeiten. Es entsteht im offenen Raum ein Netzgefüge, das durch den fehlenden Schutz so zerbrechlich wirkt und vielleicht genau deshalb den Blick fesselt, fast hypnotisiert.

Das Ausstellungsthema ist gewiss kein neues. Dennoch zeigt die Auswahl der Werke, die die Kuratorinnen Nathalie Küchen und Sandra Brutscher trafen, einen gelungenen Überblick über den skulpturalen Umgang mit dem Thema seit den 60er Jahren. Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall, am besten dann, wenn Wada wieder seine Früchte wirft.

Beteiligte KünstlerInnen: Pawel Althamer, Mona Hatoum, Jeppe Hein, James Hopkins, Alicja Kwade, Dieter Roth, Tomás Saraceno, Thomas Schütte, Roman Signer, Daniel Spoerri, Katja Strunz, Kei Takemura, Luca Trevisani, Reijiro Wada

Ausstellungsdauer: 15. Juni - 31. August 2014

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 - 18 Uhr

Georg Kolbe Museum
Sensburger Allee 25
14055 Berlin
georg-kolbe-museum.de/

Theresa Hartherz

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