16 Uhr: im Rahmen der Ausstellung Champagner im Keller von Nina Röder HAUS#1 | Waterloo-Ufer o. Nr. | 10961 Berlin
„Klasse, wie weit Sie rumgekommen sind.“ Mit diesen Worten habe ihm ein Preview-Besucher nach kurzem Blick in die Runde auf die Schulter geklopft, um sich dann den Cocktails zu widmen, berichtet Michael Ruetz. Doch dem Fotografen hat das schnelle Fehlurteil keineswegs missfallen. Vielmehr wertete er es als Bestätigung für seine Arbeit. Denn tatsächlich zeigt die Ausstellung „Die absolute Landschaft“, die bis zum 5. Oktober 2014 im Berliner Museum für Fotografie zu sehen sein wird, nur eine einzige Landschaft.
Ganze 23 Jahre lang – vom 28. Oktober 1989 bis zum 12. Februar 2012 - hat Ruetz vom immer selben Standort aus den Ausblick ins Bild gesetzt, der sich ihm von den Balkonen seines Chiemgauer Ferienhauses bot; Berge, Wiesen, Straßen, Bäume, Häuser... Wobei die Ortswahl ohne Bedeutung war, wie der gebürtige Berliner nachhaltig betont. „Mir ging es einzig darum, zu beweisen, dass eine einzige Landschaft alles Licht und alle kosmischen Phänomene bieten kann.“
Mit wissenschaftlicher Akribie widmete sich Ruetz seinem Beweis einer „absoluten Landschaft“. Zu diesem Zweck installierte er bis zu vierzehn Kameras nebeneinander. Die Belichtungszeit habe dabei zwischen einer Sekunde und maximal vierzehn Stunden betragen.
„Ich bin ein großer Dokumentationsfreund mit einem Faible für Notate“, bekennt der Fotograf. Jedes Bild ergänzte er daher um die genaue Angabe von Zeit und Entstehungsbedingungen. Das habe „Unmengen“ von Material verschlungen, aber letztendlich zu einem „befriedigenden Ergebnis“ geführt.
Harmlos, idyllisch, dramatisch oder abstrakt präsentiert sich die bayerische Landschaft. Vor allem die Stunde der Morgenröte, aber auch die Nacht, seien seine liebsten Zeiten, so der Fotograf. Schnee schätze er besonders, weil der Bildvordergrund dadurch besonders durchgezeichnet sei. Einen goldenen Herbst oder ein Blütenmeer sucht man hingegen vergebens auf den stets rechteckigen Großformaten – „Diese entsprechen dem natürlichen 100-Grad-Blick des Auges“.
Unprätentiös und ohne Rahmen sind sie die gut 60 Fotografien an den Wänden des Kaisersaals arrangiert. Dabei wurde die Ausstellung genau auf die Lichtverhältnisse und Architektur des historischen Raumes hin konzipiert, wie Kurator Ludger Derenthal betont.
Auf einer Fotografie züngeln die Blitze, einem verworrenen Blutgerinsel gleich. Eine andere Nachtaufnahme hingegen präsentiert den Mond als abstraktes kometenhaftes Gebilde. Und doch, es ist immer noch die gleiche Landschaft, die diese Spektakel bietet.
Einem breiten Publikum bekannt sind die unter dem Titel „Eye on Time“ publizierten Fotografien von Ruetz, die 2007 im Deutschen Historischen Museums zu sehen waren. Sie zeigen Berliner und Brandenburger Ansichten zwischen 1990 und 2007 und dokumentieren die schleichende und letztendlich dramatische Veränderung, die sich in diesen schicksalsträchtigen Jahren im Stadtraum vollzogen hat.
Die Langzeitprojekte von Michael Ruetz sind voller Poesie und Gehalt. Und sie sind vor allem eines: Anachronistische Kleinode. „Ich möchte der Schnelllebigkeit der Fotografie etwas entgegensetzen“, erklärt Ruetz. Und das ist ihm mit seiner Arbeit im Spannungsfeld zwischen Kunst und Wissenschaft zweifellos gelungen.
Ausstellungsdauer: 4. Juli 2014 bis zum 5. Oktober 2014
Öffnungszeiten der Ausstellung: Di, Mi, Fr 10 - 18 Uhr
Do 10 - 20 Uhr, Sa + So 11-18 Uhr
Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin
Museum für Fotografie
Jebensstr. 2
10623 Berlin-Charlottenburg
http://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/museum-fuer-fotografie/home.html
Titel zum Thema Michael Ruetz:
Licht und Zeit. Michael Ruetz im Museum für Fotografie
Ausstellungsbesprechung: „Klasse, wie weit Sie rumgekommen sind.“ Mit diesen Worten habe ihm ein Preview-Besucher nach kurzem Blick in die Runde auf die Schulter geklopft, um sich dann den Cocktails zu widmen, ...
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