18 Uhr: Dialogische Bildbetrachtung mit Friederike Proksch und Claudia Wasow-Kania. Museum Reinickendorf | Hannah Höch Raum | Alt-Hermsdorf 35, 13467 Berlin
Die Gesellschaft an ihre Verantwortung erinnern und zum Nachdenken bringen, dieser Aufgabe geht Klaus Staeck seit vier Jahrzehnten nach. Nun zeigt die Neue Nationalgalerie zehn Motive im öffentlichen Raum und es wird deutlich: "Nichts ist erledigt!"
Seit dem 7. August kleben die politischen Plakate von Klaus Staeck in der Stadt, verteilt auf über 300 Litfaßsäulen der Firma "die draussenwerber". Die Motive aus Politik, Wirtschaft und Kultur, zusammengestellt vom Künstler und Udo Kittelmann, hinterfragen und kritisieren unseren scheinbar so alltäglichen Irrsinn. Sie seien mehr "Irritation als Provokation", so der Direktor der Nationalgalerie, ihre Botschaft erwische die Leute, zwinge sie zum Nachdenken. Es gehe ihm darum, "nicht in Resignation zu verfallen", sagt Staeck, sondern "selbst aktiv zu werden." Das Medium Plakat sei nach wie vor aktuell und gut einzusetzen.
Eine Hälfte der Erde wird wie eine Zitrone ausgepresst. Das Motiv "Und macht Euch die Erde untertan" (1987) legt den Finger auf den Allmachtsglauben der Menschen gegenüber der Natur und hat trotz heutigen Umweltbewusstseins nichts an Aktualität verloren. Auch die Aufforderung von 1986: "Stell Dir vor, Du mußt flüchten und siehst überall: Ausländer raus!", die letzten beiden Wörter in roter Farbe auf eine Mauer geschrieben oder die Aufnahme eines Roulettespiels mit der Überschrift "Rien ne va plus – die Bank gewinnt immer" (Casinokapitalismus, 2009) waren und sind gesellschaftliche Realitäten.
"Die Kunst findet nicht im Saale statt", so lautet das Credo des Autodidakten. Der Grafiker, Verleger und Rechtsanwalt, 1938 in Sachsen geboren und aufgewachsen, floh 1956 nach dem Abitur in den Westen und ist seit 2006 Präsident der Akademie der Künste. Seine Arbeiten wurden auf zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt, er war Documenta-Teilnehmer (1972, 1977, 1982 und 1987) und ist Mitglied im P.E.N. Club sowie dem Schriftstellerverband.
Doch immer wieder zieht es Klaus Staeck in den urbanen Raum, sucht er den Dialog mit den Bürgern. Seine erste Plakataktion 1971 in Nürnberg zeigte das Porträt Dürers Mutter mit der Frage "Würden Sie dieser Frau ein Zimmer vermieten?". "Die Reaktionen waren damals so überwältigend, dass mir klar wurde, es gibt eine Chance“, so der Künstler. "Die Leute nehmen an der öffentlichen Litfaßsäule etwas wahr, was nicht für ein Produkt oder eine Veranstaltung wirbt, sondern eine Frage aufwirft.“
Nach wie vor stellt Staeck seine Fragen, weist jedoch auch immer deutlich darauf hin, dass wir es sind, die etwas bewegen müssen. Wir sollten uns einmischen, Verantwortung für gesellschaftliche Themen und Entwicklungen übernehmen. Alleine der Ruf nach den Politikern sei sinnlos, davon ist der Mitte 70jährige zutiefst überzeugt. Jüngstes Beispiel ist seine Kritik am Versandhändler Amazon: "nie mehr amazon" (2014) lautet die Botschaft, gerade noch zu entziffern auf einer angerissenen Pappe …
Die ausgewählten Plakate sind in den zentralen Bezirken Berlins zu sehen. In den Häusern der Nationalgalerie (Alte und Neue Nationalgalerie, Hamburger Bahnhof, Museum Bergruen und Sammlung Scharf-Gerstenberg) erhalten die Besucher einen Stadtplan, auf dem die Standorte der Litfaßsäulen verzeichnet sind. Vor der Neuen Nationalgalerie und dem Hamburger Bahnhof steht jeweils eine Säule mit allen Motiven.
Klaus Staeck. Die Kunst findet nicht im Saale statt
bis 31. August 2014
Alle Plakate im Format DIN A1 und Offsetdruck:
1. Deutsche Arbeiter! Die SPD will Euch eure Villen im Tessin wegnehmen, 1972
2. Und neues Leben blüht aus den Ruinen, 1980
3. Im Mittelpunkt steht immer der Mensch, 1981
4. Stell Dir vor, Du mußt flüchten und siehst überall: Ausländer raus, 1986
5. Und macht Euch die Erde untertan, 1988
6. Uniwersitäten, 1997
7. Das sind die Leute, von denen erwartet wird, 1998
8. Casinokapitalismus, 2009
9. ADE AC, 2014
10. Nie wieder amazon, 2014
Titel zum Thema Klaus Staeck:
Ich glotz TV: Kunst findet nicht im Saale statt! Der Plakatkünstler Klaus Staeck
Fernsehtipp: Wieder ein Tag, den wir vorwiegend im trauten Heim verbringen müssen.
Nichts ist erledigt!
7.6. letzter Ausstellungstag: hier nochmals unsere Ausstellungsbesprechung
nie mehr amazon - Plakate von Klaus Staeck im Berliner Stadtraum
Ausstellungsbesprechung: Die Gesellschaft an ihre Verantwortung erinnern und zum Nachdenken bringen, dieser Aufgabe geht Klaus Staeck seit vier Jahrzehnten nach.
John Heartfield und Klaus Staeck in der Berlinischen Galerie (29.5.-31.8.09)
Ausstellungsbesprechung: Auf einem Ausstellungsplakat von 1929 sehen wir den Künstler John Heartfield, der den Kopf des dümmlich lächelnden Polizeipräsidenten Zörgiebel mit einer Schere bedroht: "Benütze Foto als Waffe" - Die Überschrift dieses Plakats könnte genauso gut als Symbol für das gesamte künstlerische Schaffen Heartfields wie auch Klaus Staecks stehen.
GalerieETAGE im Museum Reinickendorf
Galerie Johannisthal
Kommunale Galerie Berlin
Haus am Kleistpark
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.