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10% Künstler
"Der Kubist Marcel Duchamp mag nicht malen“ in der Galerie Thomas Schulte

von Dr. Inge Pett (24.08.2014)
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Installationsansicht aus der Ausstellung „Der Kubist Marcel Duchamp mag nicht malen“ in der Galerie Thomas Schulte (zusammengestellt von Michael Müller), 15. August – 27. September 2014, Courtesy: die Künstler und Galerie Thomas Schulte, Berlin.



Am Anfang war das Wetter. Zumindest in Robert Musils Jahrhundertroman „Der Mann ohne Eigenschaften“. Der erste Absatz ist eine akribische Schilderung der Wetterlage an einem Augusttag im Jahre 1913. Das inspirierte den Berliner Künstler Michael Müller zu dem 12. Teil, „Der Kubist Marcel Duchamp mag nicht malen“, des Ausstellungszyklus "18 Ausstellungen", den er für die Galerie Thomas Schulte konzipierte. Was hat nun Musils Wetterbericht mit Duchamp zu tun? Wie erklärt sich der ebenso bemerkenswerte wie merkwürdige Ausstellungstitel?

„Der Roman erschien vor genau 100 Jahren und der detaillierte Wetterbericht verkörpert anschaulich die Komplexität des modernen Lebens“, erklärt Müller. Marcel Duchamp habe im selben Jahr mit dem „Fahrrad-Rad“ sein erstes Readymade geschaffen und damit die Geschichte der modernen Kunst revolutioniert. Duchamp vertrat die Ansicht, dass bereits die Auswahl eines Gegenstandes ein Kunstwerk darstelle. Der Schritt war umso radikaler, da der Künstler erst gerade mit seiner kubischen Malerei den internationalen Durchbruch erlangt hatte. Ein Kubist also, der nicht mehr malen wollte.

Doch inwiefern reicht die Strahlkraft des Visionärs bis in die Gegenwart? Müller hat Künstler sowie Akteure des kulturellen Lebens aufgefordert, sich frei mit Duchamp auseinanderzusetzen. Das war auch schon der gemeinsame Nenner aller Teilnehmer, die teils unvereinbare Positionen vertreten. Eine Carte Blanche – und ein Wagnis, das Müller ganz bewusst einging. Sein Wagemut hat sich gelohnt. Herausgekommen ist ein vielschichtiges, teils hintersinniges Panorama.

Der in New York lebende Künstler Luis Camnitzer etwa schuf mit „Revelation“ einen Keilrahmen, in dem ein großes Glas im Keilrahmen die Leinwand ersetzt. Mit zwei sensiblen Arbeiten ist die spanische Malerin Angela de la Cruz vertreten. In „Damage I“ wird eine Leinwand mit Klebeband zusammengehalten. Die in weiß gehaltene Arbeit lässt zum einen an die Farbfelder von Agnes Martin denken, weckt aber auch Assoziationen an die Verletzungen, die Antoni Tàpies seinen Leinwänden zugefügt hat.

Der Fotografie-Sammler Wilhelm Schürmann ist in der Ausstellung selber als Fotograf präsent. Er hat ein Motiv aus dem Hamburger Gängeviertel beigesteuert, das eine Hauswand zeigt, auf der Graffiti-Kritzeleien mit einem schwarzen Quadrat übermalt wurden. Eine Hommage an Kasimir Malewitsch, der mit dem Vorhang für die Oper „Sieg über die Sonne“ den Suprematismus begründete – ebenfalls im schicksalsträchtigen Jahr 1913. Ergänzt wird das Foto durch den Vintage Abzug „Bonjour Young Hay (after Courbet) aus Schürmanns Kollektion: Eine weiße viereckige Fläche korrespondiert hier formal mit dem schwarzen Quadrat.

Wie Schürmann ist auch Ellen Blumenstein keine Künstlerin. Sie ist eine der Leiterinnen der Berliner Kunstwerke in der Auguststraße. Während der Ausstellung verliest sie allabendlich um 18 Uhr eine Rede zur Ausstellung. Dabei wird es interessant sein, zu verfolgen, inwiefern sie ihrem Skript treu bleibt bzw. vielleicht nach einigen Wiederholungen auch ohne auskommen wird.

Immer wieder verfließen die Grenzen von Künstler und Kultur-Akteur, von Konzept und Zufall, von Geste und Fundstück. Duchamp dürfte seine Freude gehabt haben an den intellektuellen Spielereien, die einander ergänzen, konterkarieren oder auch ad absurdum führen. „10% Artist“ hat der Kroate Vlado Martek eine Collage genannt – ein Titel, der auch als Programm für die gesamte Ausstellung verstanden werden kann.

Der Künstler-Kurator Michael Müller wählte das Ready-Made „Ausstattung und Aneignung eines Objektes durch Liebe“ aus – eine Austernschale, in die er eine kleine Stahlkugel gebettet hat. Hier ergänzt Müller Duchamp, der natürliche Objekte bei der Wahl seiner Objets Trouvés ausgelassen hatte.

Und das monochrome grau-verwaschene Ölgemälde von David Schutter? „Er mag halt malen“, so Müller. An die Außenwand des Gebäudes schließlich hat Karin Sander weiße Leinwände, die „Gebrauchsbilder“, angebracht und sie damit der Dynamik der Stadt ausgesetzt – und natürlich dem Wetter.

Galerie Thomas Schulte
Charlottenstr. 24 / D–10117 Berlin
Tel.: 0049 (0)30 20 60 89 90
Fax: 0049 (0)30 20 60 89 91 0
mail@galeriethomasschulte.de
Öffnungszeiten: Di-Sa 12-18 Uhr

17. September: 18-22 Uhr Empfang mit Performance von Jochen Dehn


Dr. Inge Pett

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Ausstellungsbesprechung: Am Anfang war das Wetter. Zumindest in Robert Musils Jahrhundertroman „Der Mann ohne Eigenschaften“.

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