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Teil-Zeit in der ifa Galerie. Radio Kunci zur indonesischen Praxis des Numpang

von Inge Pett (04.05.2016)
vorher Abb. Teil-Zeit in der ifa Galerie. Radio Kunci zur indonesischen Praxis des Numpang

(c) Victoria Tomaschko

Der White Cube war einmal. Ambitionierte Kunsträume sind heute mehr als nur Ausstellungsorte. So auch die Berliner ifa-Galerie, die sich seit dem 14. April für einen Monat in eine Radiostation verwandelt hat.

Radio KUNCI hat in der Linienstraße Einzug gehalten und produziert Sendungen zum Thema „Numpang“. Der hierzulande noch gänzlich unbekannte Begriff lässt sie nicht ohne weiteres übersetzen. Indonesier umschreiben mit Numpang eine Praxis des Teilens von Raum, Ort und Zeit. Das kann eine Mitfahrgelegenheit sein, eine temporäre Unterkunft oder die Nutzung des öffentlichen Raums. Und immer erfordert es das Einverständnis anderer. Im Optimalfall profitieren dann beide Seiten voneinander und eine neue – oft unerwartete – Art der Symbiose entsteht.

„Ein sensibler Austausch nicht nur von Geld, sondern auch von Zeit und Herzlichkeit“, erklärt Syafiatudina, eine der Moderatoren von KUNCI. „Und vielleicht ist es auch gut, wenn sich manche Begriffe nicht übersetzen lassen“, fügt Elke aus dem Moore, die Leiterin der Abteilung Kunst des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) hinzu, die sich – durch Numpang - in die Rolle eines Gastes in den eigenen Räumen begeben hat. Schließlich könne eine Unübersetzbarkeit auch dazu motivieren, kreative neue Gedanken für die eigene Kultur zu entwickeln.

Das KUNCI Cultural Studies Center ist ein Kollektiv von Künstlern, Schriftstellern und Denkern, das 1999 als Studenteninitiative in Yogyakarta, Indonesien, gestartet war. „Unser Ziel ist es, eine kritische Gesellschaft zu schaffen“, betont Syafiatudina. „Wir genießen es, zwischen den Bereichen zu switchen und Themen querzudenken.“


(c) Victoria Tomaschko

So nun auch in Berlin-Mitte. An vier Terminen luden und laden die Moderatoren von KUNCI im Rahmen des Programms „Politics of Sharing. On Collective Wisdom“ ein, gesellschaftsrelevante Themen zu diskutieren. Sehr zur Freude von Alya Sebti, der neuen Leiterin der ifa Galeire Berlin, die es sich zum Ziel gesetzt hat, lokale und globale Kunstszenen zu vernetzen.

„Sich eine Heimat fern der Heimat schaffen“ war der Titel der Auftaktveranstaltung, der sich die Schwerpunkte „Studium des Raumteilens“, „Die Öffentlichkeit des Raumteilens“ und „Numpang als Politik des geteilten Raums“ anschließen. Und jeweils wurden und werden Gäste, darunter Künstler, Kuratoren und Wissenschaftler, eingeladen, mit dem Team von KUNCI zu diskutieren und eigene Erfahrungen einzubringen.

Wie etwa Sinthujan Varatharajah, Mitarbeiter der digitalen Plattform „Initiative Flüchtlinge Willkommen“. Diese vermittelt Zimmer in Wohngemeinschaften an Menschen, die ihre Heimat verloren haben. „Für uns ist der Gedanke nicht zu ertragen, dass traumatisierte Geflüchtete isoliert in ehemaligen Gefängnissen, Militärgebäuden oder Krankenhäusern leben sollen“, erklärt er. Ziel der Initiative: Die Geflüchteten in die Gesellschaft zu bringen. Wobei sich aus bislang dreihundert erfolgreichen Vermittlungen viele wertvolle neue Beziehungen entwickelten hätten. Also ein Fall von Numpang?

Oder wie bei dem britischen Künstler Axel Head, dem Co-Direktor von Wasteland Twinning Network, einem transdisziplinären Netzwerk für parallele Forschung und Praxis in urbanen Brachflächen. Mithilfe eines DAAD-Stipendiums hatte Head 2015 fünf Wochen lang auf der Insel Adata verbracht, einem verlassenen, mit Gestrüpp überwuchertem Ödland mitten im Maritza-Flusses, der durch die bulgarische Stadt Plovdiv fließt. Einem modernen Robinson Crusoe gleich dokumentierte Head seine Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen mittels Tonaufzeichnungen. Ebenso den Versuch, mit den Menschen vor Ort in Dialog zu treten. Auch wenn die den intellektuellen Ansatz des Künstlers nicht ohne weiteres nachempfinden konnten.

Bei Radio KUNCI diskutierte Head seine Erfahrungen mit Syafiatudina, die in Indonesien ebenfalls besiedelte Brachflächen aufgesucht hatte, um die Strukturen des Zusammenlebens kennenzulernen und eigenes Wissen zu vermitteln.


(c) Victoria Tomaschko

Es waren bislang spannende Gespräche, die – analog zur Philosophie des ifa – belegen, wie wichtig der direkte Austausch zwischen Menschen verschiedener kultureller Hintergründe ist. Dabei gab ein Aspekt besonders zu denken. Während Syafiatudina in Berlin die Praxis des Numpang vermittelte, schlossen sich ihre Freunde von KUNCI daheim in Yogyakarta einer Solidaritätsbewegung an: Radikale Muslime hatten einen alternativen Kunstraum zerstört, in dem Frauenrechte thematisiert wurden. „Ich mag Berlin sehr“, erklärte Syafiatudina, „Aber momentan wäre ich lieber in Indonesien, um dort an den Protesten teilzunehmen. Es ist so wichtig, die eigene Gesellschaft immer neu zu reflektieren.“ Und dem Numpang somit ein Umfeld zu bewahren, in dem es sich stets neu entfalten kann.

14. April 2016 - 14. Mai 2016
ifa-Galerie Berlin, Linienstraße 139/140, 10115 Berlin
ifa.de/kunst/ifa-galerien/ausstellungen/radio-kunci.html

Inge Pett

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Teil-Zeit in der ifa Galerie. Radio Kunci zur indonesischen Praxis des Numpang
Ausstellungsbesprechung: Der White Cube war einmal. Ambitionierte Kunsträume sind heute mehr als nur Ausstellungsorte. So auch die Berliner ifa-Galerie, die sich seit dem 14. April für einen Monat in eine Radiostation verwandelt hat.

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