Im Rahmen dieses Tages bieten viele Berliner Moscheen Führungen, Vorträge, Ausstellungen, Folklore, Informationsmaterialien und Begegnungsmöglichkeiten an.
Vergehen, Entstehen, Vergehen. Anfang und Ende sind einfach – das Leben dazwischen kompliziert. Christian Keinstar beantwortet die großen, existentiellen Fragen auf seine Weise, so zum Beispiel mit seiner Skulptur „Simplifikation“.
Um den endlosen Kreislauf von Sterben und Entstehen zu verdeutlichen, hat er eine Büste aus Gallium gefertigt, die sich auf einem geheizten Sockelgestell im Atrium des Duisburger Lehmbruck Museums langsam auflöst. Gallium beginnt bereits bei 29,76 Grad Celsius zu schmelzen. Mit diesem Kunstgriff lässt Keinstar eine ganz spezielle Büste zerfließen: sein Selbstbildnis.
So schaut der Betrachter gleichermaßen befremdet und gebannt zu, wie die markanten, gleichmäßigen Gesichtszüge des Künstlers peu à peu schwinden, Tropfen für Tropfen des silbrigen Materials in ein Auffangbecken fällt, bis sich die Büste schließlich ganz auflöst. Giftig und ungut scheint der Vorgang, der sich je nach Temperatur über mehrere Stunden hinzieht. Doch im Gegensatz zu Quecksilber sei Gallium, dessen Kilopreis bei 250 Euro liege, absolut harmlos, beruhigt der 1975 geborene, aus Polen stammende Wahlkölner. „Die Endlichkeit hat für mich einen beruhigenden Charakter“, erklärt er gelassen.
Jedes Mal sei der Prozess anders und auch für ihn völlig überraschend, erklärt Keinstar. „Man sieht sich zu beim Verschwinden“, erklärt er, als sei dies die normalste Sache der Welt. Wenn der Kopf verflossen ist, gießen Museumsmitarbeiter das Material erneut in die Form.
Seine Arbeit „Simplifikation“ hat Keinstar während eines Stipendiums im Rahmen des Artist in Residence-Programms VISIT der innogy Stiftung geschaffen. In Duisburg stellt der Absolvent der Kunsthochschule für Medien Köln, der mit mehreren Kunstpreisen ausgezeichnet wurde, sie erstmals öffentlich aus.
Anders als viele Künstler, die vor ihm das Atrium des Lehmbruck Museums bespielten, habe Keinstar darauf verzichtet, gegen den imposanten Bau der Moderne mit seiner riesigen Glasfront anzugehen, betont Kurator Michael Krajewski.
Stattdessen arrangierte Keinstar seine Werke unprätentiös, teils beiläufig, zwischen schlichten Stellwänden. Irritierend wirkt die gotisch anmutende „Rose“ aus Stahl und Beton. Denn anders als die Fenster in den mittelalterlichen Gotteshäusern ist der Rahmen nicht mit buntem Glas gefüllt. Vielmehr erinnert das bleiche Grau an menschliche Knochen. Auch die herausspringenden Drähte und Armierungen unterstreichen den Aspekt des Verfalls.
Als „postnukleare Architektur“ bezeichnet der Künstler die Fragmente, zu denen ihn eine Dokumentation über Hiroshima inspirierte. Unter anderem habe die Hitze der Atomexplosion Kirchenfenster bizarr deformiert. In der Skulptur „Piece of Evidence“ hat er sie nachgebildet.
Auf die Frage, nach seinem philosophischen oder religiösen Hintergrund schweigt Keinstar. Die Poesie des Materials ist beredt genug.
SCULPTURE 21ST: CHRISTIAN KEINSTAR
Ausstellungsdauer: noch bis 18.6.2017
Wilhelm Lehmbruck Museum – Zentrum Internationaler Skulptur
Düsseldorfer Straße 51
47051 Duisburg
lehmbruckmuseum.de/
Titel zum Thema Christian Keinstar:
Vom beruhigenden Charakter der Endlichkeit – Christian Keinstar im Lehmbruck Museum
Von einem Ausflug nach Duisburg (Teil 1): Unsere Ausstellungsbesprechung zu SCULPTURE 21ST: CHRISTIAN KEINSTAR im Wilhelm Lehmbruck Museum – Zentrum Internationaler Skulptur
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