Der britische Künstler und Musiker Max Eastley untersucht in seinen Werken, wie Klang aus Bewegung entstehen kann und fragt nach dem Verhältnis zwischen unberührter Natur und menschlicher Intervention. In seiner kinetischen Klanginstallation „12 Stones“ aus dem Jahr 1976 lässt er eine kleine Eisenplatte in einem 9qm großen Sandbecken auf Wanderschaft gehen. Fixiert an einem Draht, der durch einen kleinen Motor in Bewegung versetzt wird, zieht die Platte kreisrunde Spuren durch den Sand. Neben den leisen Passagen im Sand entstehen unregelmäßige Geräusche und Klänge, wenn die Platte mit den zwölf vom Künstler in Wales gesammelten Kalksteinen in Berührung kommt. Der Aufbau erinnert an die Installation „Forst“ von Michael Sailstorfer, für die der Berliner Künstler einen dicken Ast kopfüber aufhängt und in langsamen Kreisbewegungen über den Boden fegen lässt. Beide Arbeiten, die von Eastley und jene von Sailstorfer, machen den Lauf der Zeit sichtbar, indem die motorisierten Objekte Spuren ziehen, die zwar immer in der gleichen Bahn laufen aber sich doch durch minimale Abweichungen stetig wandeln. Ständige Wiederholung geprägt durch kleine Veränderungen - ein Prinzip, dessen sich Eastley häufig bedient.
„Lines and Traces“ lautet der Titel der neuen Ausstellung in der Berliner daadgalerie, die mit Beginn dieses Jahres ihre neuen Räumlichkeiten in der Oranienstraße neben Bazon Brocks Denkerei bezogen hat. Max Eastley (geb. 1944) ist als Stipendiat in der Sparte Musik seit Mai Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst), das seit 1963 internationale Künstler*innen für jeweils ein Jahr nach Berlin einlädt. Eastleys Einzelausstellung im Erdgeschoss bildet den Auftakt zur vierten Ausgabe des Festivals „mikromusik. festival experimenteller musik und sound art“. Von 22. bis 27. August locken neben der daadgalerie auch der Heimathafen Neukölln und das Engelbecken mit Installationen und Konzerten.
Mit „Rotations 12“ zeigt die daadgalerie auch eine neue kinetische Skulptur von Eastley, die etwa 40 Jahre später als „12 Stones“, nämlich 2016 entstand. Wiederum zwölf Karbonstäbe hängen an motorisierten Stahlkabeln, klopfen auf die darunter liegenden weißen Holzflächen und erzeugen dabei Trommelgeräusche. Assoziationen zur von den Surrealisten häufig verwendeten Technik der Écriture Automatique kommen hoch, wenn die schwarzen Stifte wie von selbst und durch den Zufall geleitet auf der weißen Fläche „tanzen“, ohne jedoch Spuren zu hinterlassen.
Neben den beiden „Klangmaschinen“ zeigt die Ausstellung auch 16 kleinformatige Grafiken von Max Eastley. Die meisten verraten eine Auseinandersetzung mit Fragen nach Struktur und Oberfläche. Viele erinnern an einen Blick von oben, etwa aus einem Flugzeug oder einem Raumschiff. Andererseits lassen sich in den nur durch den Bildausschnitt begrenzten abstrakten Formen und Mustern auch mikroskopische Blicke herauslesen - ein Changieren zwischen Mikro- und Makrokosmos.
Die Ausstellung in der daadgalerie ist recht überschaubar. Die einzelnen Werke zeugen von einem sehr sinnlichen Zugang zur Welt und eröffnen Fragestellungen rund um die großen Themen Natur, Sound und Zeit. Sie verweisen nicht auf ein spezifisches Ereignis oder einen bestimmten Ort, sondern sind allgemeingültig und deswegen vielleicht auch ein bisschen weltfremd oder zumindest wenig welthaltig. Auf beschreibende Texte wurde in der Ausstellung verzichtet – sie werden auch gar nicht benötigt. Eastleys Werke sind erfrischend leicht zugänglich. Man kann sich gut in ihren sich ständig wiederholenden Rhythmen verlieren und sich den Sinneseindrücken öffnen.
„Max Eastley. Lines and Traces“
11. August – 3. September 2017
daadgalerie
Oranienstraße 161, 10969 Berlin
www.maxeastley.co.uk/
berliner-kuenstlerprogramm.de
Öffnungszeiten:
Di – So: 12 – 19 Uhr
Eintritt Freitag
mikromusik. festival experimenteller musik und sound art
22. – 27. August
www.berliner-kuenstlerprogramm.de/de/veranstaltung
Titel zum Thema Max Eastley :
Wenn Bewegung zu Klang wird - Max Eastleys „Lines and Traces“ in der daadgalerie
Ausstellungsbesprechung: In seiner kinetischen Klanginstallation „12 Stones“ aus dem Jahr 1976 lässt Max Eastley eine kleine Eisenplatte in einem 9qm großen Sandbecken auf Wanderschaft gehen.
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