16 Uhr: zwischen der Künstlerin Cornelia Herfurtner und David Polzin im Rahmen der Ausstellung "Die Kids sind nicht alright!". Galerie Adlershof im Kulturzentrum Alte Schule | Dörpfeldstraße 54-56 | 12489 Berlin
Menschen queren den Gelben Fluss mit einem Foto von Mao Zedong, Henan, 2012
Tintenstrahldruck, 120 x 147 cm
© Zhang Kechun
Die Szene wirkt bizarr und aus westlicher Sicht irgendwie komisch. Und nein, sie sei nicht gestellt, klärt der chinesische Künstler Zhang Kechun auf. Mit der Kamera hat er eine Menschenmenge eingefangen, die, mit quietschgelben Schwimmwesten ausgestattet, den Gelben Fluss durchquert. Aus ihrer Mitte ragt ein überlebensgroßes Plakat. Es handelt sich um ein Porträt von 1966, das Mao lässig-sportlich im Bademantel darstellt. Unter seinem Bildnis befindet sich das von ihm verfasste Gedicht „Swimming“, das ihn nicht nur als Athleten, sondern zudem als Schöngeist dastehen lässt. Volksnah und dennoch gebildet – ein Foto, das zugleich Programm war.
Bis heute ist es in China ein Ritual, mit Schwimmprozessionen des ehemaligen Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas zu gedenken.
Mao Zedong nach dem Durchqueren des Yangtze, 1966
Poster, 73,2 x 52,0 cm
© Privatsammlung
Mao rief 1966 die „Große Proletarische Kulturrevolution“ aus, in deren Verlauf sich die Gesellschaft der Volksrepublik China grundlegend wandeln sollte. „Arbeiten in Geschichte. Zeitgenössische chinesische Fotografie und die Kulturrevolution“ lautet der Titel einer Ausstellung, die bis zum 7. Januar 2018 im Museum für Fotografie zu sehen sein wird. Erstmals werde damit das Augenmerk in Deutschland gezielt auf die zeitgenössische Fotografie gelenkt, erklärt Yu Zhang, Präsidentin der Gesellschaft für Deutsch-Chinesischen Kulturellen Austausch e. V.
Dabei zeigt die Ausstellung nicht nur Fotos der Jetztzeit. In einem Kubus erinnern historische Fotografien an die Kulturrevolution – Massengruppenporträts, private Fotografien und Presseaufnahmen. Vor allem blickt einem immer wieder der umjubelte Mao entgegen.
Schießübung, 2016
Silbergelatineabzug, Spiegel, 100 x 100 x 100 cm
© Cai Dongdong
Es ist eine eigene Ästhetik, die sich hier offenbart und die von den sechszehn zeitgenössischen Fotografen auf verschiedene Weise reflektiert wird. So etwa in den Installationen Cai Dongdongs, der ausschließlich mit Archivmaterial arbeitet und fragmentierte Realitäten schafft, indem er die Fotos mit Spiegeln oder anderen Gegenständen zu Fotoskulpturen zusammensetzt, die erst einmal irritieren. Dongdong besitzt ein umfangreiches Archiv aus Fotos zwischen 1949 bis 1976, die ihm als Anregung dienen.
Hauptquartier im Dorf Wuzhuang, Stadt Tushan, Kreis Pizhou, Provinz Jiangshu, 2005
Farbabzug (2017), 120 x 160 cm
© Qu Yan
Qu Yan wiederum hat in seiner Serie „Räume der Macht“ unscheinbare Orte besucht, an denen Politik betrieben wird, so etwa Büros der Kommunistischen Partei in ländlichen Regionen. Es sind anachronistische, scheinbar aus der Zeit gefallene Orte. Während an den Wänden die Heroen von einst – Lenin, Marx oder Mao – vergilben, findet sich von den aktuellen Machthabern keine Spur.
Und dennoch sind es wieder die Künstler, die seismographisch vorwegnehmen, wozu die Gesellschaft noch nicht bereit ist, nämlich eine Auseinandersetzung mit der Geschichte, die für den Kurator Wang Huansheng eine „komplizierte emotionale Angelegenheit“ darstellt.
Obwohl es sich bei der Kulturrevolution um eine umwälzende gesellschaftliche Bewegung gehandelt hat, die mit Menschenrechtsverletzungen und politischen Morden einherging, ist die Auseinandersetzung der in China lebenden Künstler mit diesem Kapitel ihrer Geschichte und seinen Folgen auffallend zahm. Wenn sie am System Kritik üben, so geschieht dies unterschwellig. So wie etwa bei Zhang Kechun, dessen Dokumentarfoto der Schwimmprozession denkbar harmlos die Absurdität der Heldenverehrung vor Augen führt. Im Gegensatz zu vielen Exilanten aus China ziehen diese Künstler vorsichtige und leise Töne vor – stets knapp unter dem Radar.
Arbeiten in Geschichte. Zeitgenössische chinesische Fotografie und die Kulturrevolution
18. August 2017 – 7. Januar 2018
Museum für Fotografie
Jebensstraße 2, 10623 Berlin
Di, Mi, Fr, Sa + So 11 – 19 Uhr, Do 11 – 20 Uhr
www.smb.museum
Titel zum Thema chinesische Fotografie:
„Eine komplizierte emotionale Angelegenheit“
Ausstellungsbesprechung: Die Szene wirkt bizarr und aus westlicher Sicht irgendwie komisch. Und nein, sie sei nicht gestellt, klärt der chinesische Künstler Zhang Kechun auf.
Galerie Beyond.Reality.
Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin
Kunstbrücke am Wildenbruch
Galerie im Körnerpark
Alfred Ehrhardt Stiftung