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„Wäre Europa ohne uns Gypsies nicht langweiliger?“

von Inge Pett (10.04.2018)
vorher Abb. „Wäre Europa ohne uns Gypsies nicht langweiliger?“

Safe European Home?, © Damian and Delaine Le Bas | Photo: Lutz Knospe

„Wir kommen von einem Ort, an dem Menschen uns glauben lassen, dass Träume nicht wahr werden können. Aber wir glauben an magische Momente, in denen alle Elemente zusammenkommen und das Unmögliche möglich wird.“ Damian Le Bas, Delaine Le Bas und Hamze Bytci, von denen dieses Manifest stammt, gehören der Volksgruppe der Roma an.

Ein ganz großer Traum der drei Künstler wurde in diesen Tagen nach zehn Jahren Hoffen und Warten tatsächlich wahr: Noch bis zum 10. April findet im Berliner Gorki Theater die erste Roma-Biennale statt, die Retrospektive zu Damian Le Bas unter dem Titel "Gypsyland" - ergänzt durch Werke von Gabi Jimenez und Karol Radziszewski - ist noch bis 30. April zu sehen. Damian Le Bas allerdings konnte dieses Ereignis nicht mehr miterleben: Im Dezember 2017 verstarb er unerwartet.


COME OUT NOW! 1st Roma Biennale, © Gestaltung María José Aquilanti, Amelie Strothmann Zeichnung nach Damian Le Bas

Die Ausstellung im Gorki-Theater erinnert nun an die Arbeiten des 1963 in England geborenen interdisziplinären Künstlers. Damian Le Bas hatte am Royal College of Art London studiert und als einer von sechzehn KünstlerInnen – darunter auch seine Frau Delaine Le Bas – auf der Biennale Venedig 2007 den ersten Roma-Pavillion „Pardise Lost“ realisiert.

Ein akademischer und arrivierter Lebenslauf, den man nicht unbedingt spontan mit der Vita eines Roma in Verbindung bringt. Denn wohl kaum das Bild einer Volksgruppe ist so von Klischees belastet wie das dieser größten „ethnischen“ Minderheit in Europa, die kein eigenes Land hat, keine Nation, keine gesicherte Historie, nicht einmal eine Sprache, die von allen ihrer Vertreter verstanden wird.

Doch wer aber sind die Roma wirklich? Und wie sehen diese sich selber? Roma zu sein, sei wie eine Narbe zu haben, erklärt der in Berlin lebende 35-jährige Schauspieler Hamze Bytci. Wer die Narbe spürt, gehöre dazu. Doch wer angesichts dieser Worte eine Biennale des Schmerzes vermutet, der irrt gewaltig. Vielmehr entstand ein intensives, pralles Festival, das sich mit Minderheiten aller Art solidarisiert und in großen Lettern zum Coming Out auffordert: „Durch Zusammenhalt können wir von Landstreichern und Dieben zu den Königinnen und Königen von Gypsyland Europa werden. Denn wäre Europa ohne uns Gypsies nicht langweiliger?“


Gypsyland Europa“ | © Damian Le Bas

Ganz und gar nicht langweilig sind etwa die farbenfrohen Landkarten, in denen Damian Le Bas Grenzen und Begrenzungen ad absurdum führt. „Romanian Empire“ etwa betitele er eine Karte der Völkerwanderung, der zufolge die Roma von den „Gyptians“ abstammen. Seine Bilder- und Zeichensprache erinnert in ihrer frechen und frischen Unmittelbarkeit an die Ikonographie des Graffiti-Künstlers Jean-Michel Basquiat. In allen Arbeiten blitzt mehr oder minder subtil der aktivistische Ansatz des Künstlers durch. Es ist ein Ruf nach Wachsamkeit angesichts einer zunehmenden existentiellen Bedrohung der Roma, vor allem in Ländern wie Ungarn, Serbien oder Rumänien. Mit subversivem Wortwitz spielt Le Bas mit dem ahnungslosen Betrachter. „We want you: Youeuroma“, prangt ein Aufruf auf der „Political Map of Europe“, wobei die Überseztung von „Yo“ auf Romanes „Ich“ lautet.

Damian Le Bas kann die Begeisterung leider nicht mehr erleben, mit der die erste Roma Biennale am Samstagabend eröffnet wurde. Für Delaine Le Bas und Hamze Bytci jedoch mag es einer derjenigen „magischen Momente gewesen sein, in denen alle Elemente zusammenkommen und das Unmögliche möglich wird“. Zumindest war es ein zutiefst bewegender und menschlicher Moment, als die Künstler dem Publikum dankten und dieses in ihre Freude und Trauer einbezogen.

Über die Formate weiterer Roma-Biennalen sinnen Le Bas und Bytci bereits nach: „Es geht darum, über neue Wege nachzudenken, die so fließend sind wie das Leben selbst.“

„COME OUT NOW! 1st Roma Biennale“ ist ein Projekt von RomaTrial e.V. und Maxim Gorki Theater / Studio für das Bündnis für Solidarität mit den Sinti und Roma Europas.

COME OUT NOW! 1st Roma Biennale
7. April bis 10. April 2018 | Maxim Gorki Theater / Studio
Ausstellung – Performance – Diskussion – Konzert – Parade

RETROSPEKTIVE: GYPSYLAND, bis 30.4.2018
geöffnet 18.30 Uhr - 22 Uhr an den Vorstellungstagen im Maxim Gorki Theater
Am Festungsgraben 2
10117 Berlin
http://www.roma-biennale.eu

Inge Pett

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Titel zum Thema Roma Biennale:

2. Roma Biennale WE ARE HERE! 50. Jubiläum – 50 Kunstwerke – 5 Phasen
Am Jahrestag der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas am 24. Oktober findet im Acud Macht Neu bei freiem Eintritt Höhepunkt und Finale der 2. Roma Biennale statt. (Sponsored Link)

„Wäre Europa ohne uns Gypsies nicht langweiliger?“
Ausstellungsbesprechung: „Wir kommen von einem Ort, an dem Menschen uns glauben lassen, dass Träume nicht wahr werden können. Aber wir glauben an magische Momente, in denen alle Elemente zusammenkommen und das Unmögliche möglich wird.“

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