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Was Zugehörigkeit bedeutet: A Journey of Belonging in der temporären CAA Galerie Berlin

von Urszula Usakowska-Wolff (22.04.2019)
vorher Abb. Was Zugehörigkeit bedeutet: A Journey of Belonging in der temporären CAA Galerie Berlin

Wael Toubaji „Look Into My Eyes“, 2019, interaktive Videoinstallation, Foto Credit: Wael Toubaji.

Eine Galerie auf Zeit hat in der ersten Etage des Bikini-Hauses Quartier bezogen: Hinter den großen Schaufenstern mit dem Schild CAA GALLERY fällt die weiße Stellwand mit der schwarzen Aufschrift A JOURNEY OF BELONGING sofort ins Auge. Dahinter liegt eine geräumige Halle mit vielen bis zum Fußboden reichenden Alu-Lüftungsrohren und einer roten Sprinkleranlage an der Decke, die der Lokalität in der Berliner City West ein besonderes Flair verleihen.

Papier, Acryl, Stoff und Zucker

Diese sonst leer stehende Halle, die für Ausstellungen wie gemacht ist, haben über einen Monat lang sechs Künstlerinnen und sechs Künstler als Atelier benutzt, um Werke für die Gruppenschau A Journey of Belonging, in der es um eine Reise rund um die Zugehörigkeit geht, zu kreieren; darunter Zeichnungen auf Papier und dem auf Stickrahmen gespannten Stoff (Tewa Barnosa), großformatige Acryl- und Ölgemälde (Ali Amam, Kamal Sallat), mit Autolack bemalte traditionelle afghanische Holzskulpturen (Jeanno Gaussi), raumgreifende Installationen aus selbst gestempelten Stoffbahnen (Rula Ali), Keramik, Glas, Metall oder Papier (Hiba Al-Ansari, Ahmed Ramadan), Animationsfilme (Wael Toubaji), ja, sogar eine Maschine zur Herstellung von Ziegelsteinen aus zwei Tonnen Zucker (Fadi al Hamwi). So unterschiedlich diese Kunstwerke auch sind, sie haben alle einen gemeinsamen Nenner: Sie wurden von jungen Künstlerinnen und Künstlern geschaffen, die ihre Heimat verlassen mussten, weil dort Krieg, Hass, Terror, Geringschätzung und Unterdrückung der Menschen, erst recht der Kunst herrschen. Viele von ihnen waren in ihren Ländern hoch angesehen und hatten ein gutes Auskommen, bis der Krieg sie ins Exil trieb.


Hiba Alansari (*1983 in Libyen, lebt und arbeitet in Berlin)
„To forget“, 2019, Multimedia Installation, Dimensionen variabel


Alles auf Anfang

Außer Dafni Barbageorgopoulou, Südafrikanerin griechischer Herkunft, Jeanno Gaussi aus Kabul und der in Frankfurt am Main geborenen Funda Özgünaydin stammen alle anderen an der Ausstellung Beteiligten aus Syrien und Libyen. Sie wohnen, mit Ausnahme von Wael Toubaji, in Berlin. Das ist eine Stadt, die Tag für Tag Kunst mehr als satt zu bieten hat. Dabei wird übersehen, dass das Kunstparkett nur für einige wenige offen steht: Museen bevorzugen bekannte Namen, die wie Publikumsmagneten wirken und Galerien sind kommerzielle Unternehmen, die verkaufen müssen. Nur wenige, die auf diesem Gebiet das Sagen haben, machen sich Gedanken darüber, welche existenziellen und mentalen Probleme auf Künstlerinnen und Künstlern lasten, die in Berlin zwar Zuflucht fanden, sich aber hier alles neu aufbauen müssen: den Bekannten- und Freundeskreis, die Kontakte zur Kunstszene und ihren Akteuren, wobei die Beherrschung der deutschen Sprache zu den kleinsten Hindernissen gehört, denn zum Glück ist Englisch die Lingua Franca der hiesigen und internationalen Kunstwelt. Sie sind gezwungen, bei null anzufangen: Was sie in ihren Heimatländern in der Zeit vor den blutigen Konflikten gemacht und geleistet haben, spielt keine Rolle. Und häufig sind sie bei ihren Bemühungen, in Berlin künstlerisch Fuß zu fassen, auf sich selbst gestellt.

Zugehörigkeit, Identität, Sehnsucht

Nicht so im Fall der zwölf Künstlerinnen und Künstler, die von Contemporary Arts Alliance Berlin, einer gemeinnützigen GmbH mit dem Ziel, durch privates Engagement zeitgenössische Kultur in der Bundeshauptstadt zu fördern, zur Teilnahme am zweiten Teil der Ausstellung A Journey of Belonging eingeladen wurden. Ihnen wurde die Bikini-Halle, wo sie ungestört arbeiten und Kontakte miteinander, aber auch mit Museums- und anderen Fachleuten und Journalisten knüpfen, also sich umfassend vernetzen konnten, und Material zur Verfügung gestellt. Ferner hat eine Jury Tewa Barnosa, Hiba Al-Ansari und Wael Toubaji mit einem Preis ausgezeichnet, der mit einer Ausstellung in der Berliner Galerie 68projects im Jahr 2020 verbunden ist. Diese Drei zeigen wohl am deutlichsten, was Zugehörigkeit, Identität, Eingrenzung und Ausgrenzung, Sehnsucht nach der alten Heimat und das Gefühl, in der neuen noch nicht angekommen zu sein, bedeuten.


Tewa Barnosa (*1998 in Libyen, lebt und arbeitet in Berlin)
„Crime Evidence“, 2019, Acryl auf Papier in Plastik, Dimensionen variabel


Verbotene Sprache

Die Arbeiten von Tewa Barnosa und Hiba Al-Ansari sind ähnlich, obwohl sie sich unterschiedlicher Medien bedienen. Barnosa, die jüngste Künstlerin der Ausstellung, wurde 1998 im Nafusa-Gebirge in Libyen geboren. Ihre in Plastikfolie eingeschweißten Acrylzeichnungen und frei hängende Objekte aus Plexiglas unter dem Titel Crime Evidence – Beweismaterial für Verbrechen – sind mit Kaligraphien in ihrer Muttersprache Tamazight, die bis 2011 in Libyen verboten war, bedeckt. Die Künstlerin benutzt ganz wenige Farben: schwarz, blau und gelb. Sie schafft es, damit die Beklemmung der Menschen auszudrücken, deren Kommunikation in der eigenen Sprache unter Strafe gestellt wurde. Hiba Al-Ansari, Jahrgang 1983, ist eine Libyerin syrischer Herkunft, die in Damaskus und München Kunst studierte. Ihre Installation, die sie für A Journey of Belonging fertigte, besteht aus weißem Keramikgeschirr, dessen Blümchenmuster sie mit dicker schwarzer Farbe übertünchte und die einzelnen Teile in eine käfigähnliche Vitrine steckte: Sinnbilder der Zensur, die die innere und äußere Freiheit im Keim erstickt.


Wael Toubaji „Look Into My Eyes“, 2019, interaktive Videoinstallation, Foto Credit: Wael Toubaji.

Auf dem besten Weg nach oben

Viel Bewegung kommt in die Schau dank Wael Toubaji, der, 1984 in Damaskus geboren, seit fünf Jahren in Frederiksberg (Kopenhagen) lebt. Der Mann, der nicht still stehen kann, macht außergewöhnliche Animationsfilme, vor denen man in Bewunderung stumm verharrt. Er beamt an die Wand seine 17-fache, nur aus Konturen bestehende Silhouette, die sich auf uns zu zu bewegen scheint. Ihr Titel fordert uns auf: Look in my Eyes! Wenn wir näher treten, entfernt sie sich gleich von uns. Ein Schritt nach vorn, viele Schritte zurück: So bewegt sich ein Mensch, der seine Heimat zwar verlassen, aber in der neuen noch nicht so richtig verwurzelt ist. Dass Wael Toubaji und die anderen elf auf diesem unsicheren Grund solche fulminante Werke schaffen, ist ein großer Schritt auf dem Weg nach ganz oben in der Kunstwelt.

Bis 27. April 2019
täglich 12 bis 20 Uhr

Zum Gallery Weekend am 26. und 27. April wird Fadi al Hamwi zwischen 16-18 Uhr eine Performance in seiner Installation Sugar Forever aufführen.

Bikini Berlin, 1. OG
Budapester Straße 38-50
10787 Berlin
www.ajourneyofbelonging.de

Urszula Usakowska-Wolff

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»A Journey of Belonging« (Part II)
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