Ab 1930 unterrichtete der Architekt Fritz Schleifer in den neu eingerichteten Vorklassen der Landeskunstschule Hamburg. Aus dem Nachlass zeigt die Alfred Ehrhardt Stiftung erstmals Fotodokumente aus seinen Klassen und gibt so einen anschaulichen Einblick in die Bauhaus-Pädagogik.
Die Stiftung, die sich der wissenschaftlichen Erschließung sowie der Verwaltung des künstlerischen Nachlasses von Ehrhardt widmet, lädt bereits zum dritten Mal ein, im Jubiläumsjahr unbekanntere Protagonisten der Bauhaus-Bewegung kennenzulernen. Ehrhardt (1901-1984) war als Organist, Chorleiter und Komponist, als Maler und Kunstpädagoge sowie als Fotograf und Kulturfilmer tätig. Mehr als 20 Fotobücher sind erschienen, teilweise in der Stiftung erhältlich, über 50 Filme entstanden, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden.
Alfred Ehrhardt studierte wie Fritz Schleifer (1901 -1977) am Bauhaus. Er leitete ab 1930 den ersten Vorkurs für Materialkunde an der Landeskunstschule Hamburg und bereitete die Studierenden in dem von Max Sauerlandt geleiteten Institut im Sinne der Bauhaus-Pädagogik auf ihr Kunststudium vor. Beide Dozenten sowie Sauerlandt wurden im April 1933 entlassen. Die Arbeiten ihrer Schüler_innen wurden als „Zeugnisse des Verfalls“ vernichtet oder in die Reichskammer der bildenden Künste nach Berlin gebracht. Doch ein Teil der Materialien aus der Schleifer-Klasse ist als Negative erhalten geblieben und kann nun in der aktuellen Ausstellung gesichtet werden.
Es sind vor allem die Didaktischen Tafeln (Vorkurs Fritz Schleifer, Landeskunstschule Hamburg 1930-33, Silbergelantineabzüge auf Passepartoutkarton) mit aufgeklebten Schülerarbeiten, die Schleifers Lehrtätigkeit dokumentieren. Auf neun Bögen stellte der Dozent die Arbeiten sowohl nach gestalterischen als auch nach technischen Merkmalen zusammen. Organische Formen auf schwarz-weiß Fotografien, grafische Strukturen wie Kreise, Punkte, Rechtecke oder experimentelle Aufnahmen. Diese Anordnungen entstanden Anfang der 1950er Jahre, als Schleifer seine Arbeit fortsetzen konnte und die Architekturklasse an der Landeskunstschule leitete. Der Dozent hatte die Arbeiten im Keller seines Hauses versteckt und so gerettet.
Andere Arbeiten zeigen geometrische Gebilde, mit feinen Linien aufs Papier gebracht (Vorkurs Fritz Schleifer, 1930-33, Schülerarbeit von H. Klingenberg, 15.3.32) oder dreidimensional ausgeführt, wie die Materialstudie Glas-Metall (Vorkurs Fritz Schleifer, 1930-33, Silbergelantineabzug). Schleifer, der zwischen 1922 und 1924 in Weimar studiert hatte und auf den u.a. das Plakat zur ersten Bauhaus-Ausstellung von 1923 zurückgeht, arbeitete eng mit Alfred Ehrhardt zusammen. So fertigte Ehrhardt beispielsweise Glasnegative (Materialstudie, Vorklasse Ehrhardt 1930-33, Glasnegativ) von den Arbeiten aus der Schleifer-Klasse an, auch diese werden nun erstmals präsentiert.
Werke von Fritz Schleifer selbst sind nicht in der Ausstellung zu sehen, dies sei aber, so die Geschäftsführerin der Stiftung und Leiterin der Galerie Christiane Stahl, ein Projekt für die Zukunft. Eigentlich ein bisschen schade, gerade in diesem Ausstellungs-Kontext wären Vergleiche interessant gewesen.
Vier Veranstaltungen ergänzen die aktuelle Ausstellung, zu der eine kleine Broschüre mit dem Titel „1933 verboten – jetzt wiederentdeckt: Bauhauslehre in Hamburg“ erschienen ist.
Am 28. Juli um 14 Uhr können Interessierte an einer Führung mit Hans Bunge teilnehmen, der gemeinsam mit dem Kunsthistoriker Rüdiger Joppien bereits in Hamburg eine Ausstellung zum Thema kuratiert hatte. Auch dort stand vor allem der Grundlehreunterricht von Alfred Ehrhardt und Fritz Schleifer im Mittelpunkt.
Es folgen ein Lichtbilder-Vortrag von Rainer K. Wick zur „Bauhaus-Pädagogik und Alfred Ehrhardt“ am 7. August um 19 Uhr sowie ein Gespräch mit Wulf Herzogenrath und Christiane Stahl über die Bauhaus-Rezeption am 4. September, ebenfalls um 19 Uhr. Die Finissage findet am 15. September statt, um 14 Uhr bietet Hans Bunge nochmals eine Führung an.
100 jahre bauhaus III
vorkurs landeskunstschule hamburg 1930-1933
Fritz Schleifer / Alfred Ehrhardt
bis 15. September 2019
Alfred Ehrhardt Stiftung
Auguststraße 75
10117 Berlin
Di – So 11-18 Uhr
Do 11-21 Uhr
www.alfred-ehrhardt-stiftung.de
Titel zum Thema Alfred-Ehrhardt-Stiftung:
Dohle, Sperber, Star – es war einmal: Artensterben im Zeitalter des technologischen Fortschritts
Ausstellungsbesprechung: Es geht ums Überleben: Arten schwinden im Minutentakt und bedrohen nichts Geringeres als unsere eigene Existenz. Claudius Schulzes “Biosphere X” in der Alfred Ehrhardt Stiftung ...
Bauhaus-Pädagogik. Fritz Schleifer und Alfred Ehrhardt.
Ausstellungsbesprechung: Die Alfred Ehrhardt Stiftung lädt bereits zum dritten Mal ein, im Jubiläumsjahr unbekanntere Protagonisten der Bauhaus-Bewegung kennenzulernen.
Die Alfred-Ehrhardt-Stiftung zieht nach Berlin
Anfang 2010 zieht die Alfred-Ehrhardt-Stiftung von Köln nach Berlin in die Augustraße 75. Die Alfred-Ehrhardt-Stiftung widmet sich dem Werk des Fotografen und Dokumentarfilmers (1901-1984) Alfred Ehrhardt und ergänzt wechselnde Ausstellungen zu seinem Werk durch Ausstellungen mit zeitgenössischer Fotografie und Medienkunst.
Galerie HOTO
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