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Louise Rösler und ihre Kunst, die so schön verweilt

von Urszula Usakowska-Wolff (24.07.2019)
vorher Abb. Louise Rösler und ihre Kunst, die so schön verweilt

Louise Rösler, Septemberabend · 1986 Öl auf Leinwand · 74 x 83 cm © Museum-Atelierhaus Rösler-Kröhnke

Mit der großartigen Retrospektive unter dem Titel Bilder und Blätter bringt die Galerie Parterre die lange Zeit in Vergessenheit geratene Louise Rösler (1907-1993) in Erinnerung.

Luftig, lebensbejahend, auratisch und beschwingt: das ist der Eindruck, der beim Betrachten des Oeuvres der Berliner Malerin entsteht. Sie war eine Künstlerin, die in der Großstadt eines ihrer Hauptmotive fand. Wie eine Flaneurin streifte sie durch ihre Heimatstadt und das geliebte Paris und bannte das Gesehene auf Leinwand, Holz und Papier: Häuser, Straßen, Plätze, Passagen, Bahnhöfe. Sie schuf ein vibrierendes und pulsierendes Universum, das keinen Stillstand kennt. In ihren urbanen Landschaften aus den 1930er Jahren sind die Einflüsse des von ihr bewunderten Autodidakten vom Montmartre, Maurice Utrillo, nicht zu übersehen. Louise Röslers Ansichten von Berlin (Bülowstraße, 1935; Nettelbeckstraße, 1937) und Paris (Kleine Einfahrt, 1937; St. Lazare-Gegend, 1938) wirken beabsichtigt naiv und etwas instabil, als seien sie in eine Schieflage geraten.


Louise Rösler, Bülowstraße, Berlin · 1935 Öl auf Leinwand · 38,5 x 46 cm © Museum-Atelierhaus Rösler-Kröhnke

Sie zeigen Fragmente der beiden Städte aus der Perspektive einer Passantin oder einer Reisenden, die durch die Nacht wandelt oder aus dem Zugfenster schaut und beobachtet, wie die Architektur mit den Leuchtreklamen und den Reklametafeln an ihr vorbeizieht. Louise Rösler staunt über die Schönheit und Vitalität der urbanen Welt, in der alles fließend, kongruent und gleichzeitig ist. Die Stadt hat keinen Mittelpunkt, weil gerade in diesem flüchtigen Moment, den die Künstlerin in ein Bild übersetzt, alles im Mittelpunkt des Geschehens steht. „Farbe und Bewegung, Dynamik und Rhythmus prägen den bildnerischen Ausdruck (…), alle Elemente sind als gleichberechtigte Darstellungswerte über die Fläche verteilt“, schreibt Gabriele Himmelmann im lesenswerten Begleitheft zur Ausstellung. Zugleich muten diese mit Wortfragmenten versehenen Stadtansichten wie Collagen an: eine Technik, die Louise Rösler in ihren späteren Papierarbeiten erfolgreich und innovativ einsetzen wird.


Atelier und Wohnraum der Künstlerin, um 1980. Foto: Hilde Zenker © Museum Atelierhaus Rösler-Kröhnke

Leidgeprüft, diffamiert und evakuiert

Louise Rösler muss eine außerordentlich starke Persönlichkeit gewesen sein, denn sie gab ihre Lebensfreude und ihre Kunst nie auf, obwohl ihr Leben von persönlichen Schicksalsschlägen und der unheilvollen deutschen Geschichte überschattet wurde. Die am 8. Oktober 1907 in Berlin Geborene war die Tochter des Künstlerehepaares Waldemar Rösler (1882-1916) und Oda Hardt-Rösler (1880-1965). Nach dem Freitod ihres Vaters zog sie mit ihrer Mutter und ihrem Zwillingsbruder Fritz (gefallen 1943) nach Weimar. 1923 nahm sie Unterricht an der Privatkunstschule von Hans Hoffmann in München, von 1925 bis 1927 studierte sie Malerei an den Vereinigten Staatsschulen in Berlin bei Karl Hofer, wo sie ihren künftigen Ehemann Walter Kröhnke kennen lernte. 1933 heirateten sie. Die Beteiligung der Beiden an den Ausstellungen der Berliner Sezession und der Akademie der Künste zeugen von der hohen Qualität ihrer Bilder. Doch im nationalsozialistischen Deutschland hatten sie keine Chance: Ihre Werke wurden als „entartete Kunst“ diffamiert, und sie erhielten Ausstellungs-und Berufsverbot. Der bei Kriegsbeginn zur Wehrmacht eingezogene Kröhnke wurde seit 1944 als Soldat in Russland vermisst. Und zu guter Letzt wurde Louise Röslers Wohnung und Atelier ausgebombt, was ein „Farbverbot“ und die Evakuierung zusammen mit ihrer dreijährigen Tochter Anka nach Königsstein im Taunus zur Folge hatte.

Großmeisterin des kleinen Formats

Doch das Leid, das die Künstlerin in der ersten Hälfte ihres Lebens erfahren hatte, spiegelt sich in ihren nach 1945 entstandenen Bildern und Blättern nicht wider. Seit Ende der 1940er Jahre werden ihre Kompositionen immer lichter, abstrakter und bunter; sie sehen zunehmend wie Patchwork-Teppiche, Mandalas oder Kaleidoskop-Muster aus. Es ist ein Reigen aus Linien und Farben in einem Kosmos, der vor Freude strahlt. Wenn Louise Rösler auf die Vergangenheit zurückblickt, findet sie auch dort nur Positives. So wirkt ihr kleines Gemälde Gedanken an Venedig (1948, Öl auf Holz, 18 x 28 cm) wie ein paradiesischer Garten. Überhaupt ist sie eine Großmeisterin des kleinen Formats. Ihre Bilder: Herbstliche Straße (1949, Öl auf Holz, 18 x 28 cm), Besuch am Fenster (1950, Öl auf Holz, 15,8 x 16,2 cm), Paysage (1950, Öl auf Holz, 7 x 17 cm) und Räumliche Komposition mit Figur (1955, Kugelschreiber auf Papier, 19 x 12 cm) sind expressiv und entwickeln – trotz ihrer Unscheinbarkeit – eine starke räumliche Präsenz.


Louise Rösler, Stadtszene Berlin, 1991, Aquarell und Collage auf Papier, 30 x 45 cm © Museum-Atelierhaus Rösler-Kröhnke

Seit Anfang der 1960er Jahre werden Louise Röslers Arbeiten immer abstrakter, sie bestehen aus kontrastierenden Farbfeldern, Punkten und geschwungenen Linien. Alles scheint in Bewegung und zugleich in sich zu ruhen. Alles ist miteinander verbunden und doch als Fragment eines nicht zu fassenden Ganzen erkennbar. „Sie nutzte jede technische Option: vom Malen mit Öl- und Aquarellfarben über das Zeichnen mit Farbstiften, Kugelschreibern, Wachskreiden und Pastell bis zur Collage und zu Blättern, wo sie mehrere Techniken auf eine höchst erfinderische Weise miteinander kombinierte“, schreibt Katrin Arrieta im Begleitheft der Ausstellung von Louise Rösler.

Letzte Collage

Seit 1959 lebte die Malerin wieder in Berlin, in einer kleinen Wohnung in Zehlendorf. Da sie über kein Atelier verfügte, wurde Papier zum bevorzugten Stoff ihrer Kunst. Ihre Collagen, für die sie Stanniolpapier, Textfragmente aus Zeitungen und der Werbung, kleine Metallteile und Verpackungsreste benutzte, sind Meisterwerke dieses Genres. Sie wirken leicht und unbeschwert, setzten sich zugleich auf ironische Weise mit dem Konsum und seinen Tempeln (Überdachte Straße, 1978; Passage, 1990) auseinander.
Schwer krank zog Louise Rösler zu ihrer Tochter Anka nach Hamburg, wo sie am 25. Juni 1993, kurz vor der Eröffnung ihrer ersten Retrospektive in Berlin im Haus am Waldsee, verstarb. Ihre letzte Collage heißt Drei rote Akzente. Außer ihnen sind darauf einige rote und gelbe Wortschnipsel und eine gut lesbare „Einladung zum Select-Fest am 13. April“ zu sehen.

Louise Rösler (1907-1993)
Bilder und Blätter
bis 15. September 2019
Galerie Parterre Berlin
Danziger Straße 101, 10405 Berlin, Haus 103
Mi-So 13-21 Uhr, Do 10-22 Uhr, Eintritt frei
galerieparterre.de

Urszula Usakowska-Wolff

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Titel zum Thema Galerie Parterre Berlin:

Zwischen den Jahren: Von Januar bis Dezember 2019
Ein Blick zurück auf sehenswerte Ausstellungen, gute Besprechungen und schöne Erinnerungen. Heute: IN/SU/LA_ECO.O. Galerie Parterre Berlin (von Barbara Borek)

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