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Nach dem Regen wird die Erde hart. Akimoto Naomi und Claudia Schmacke im JDZB

von chk (28.07.2021)
vorher Abb. Nach dem Regen wird die Erde hart. Akimoto Naomi und Claudia Schmacke im JDZB

Ausstellungsansicht, Akimoto Naomi, Ohne Titel (Detail), 2017, Foto: kuag

Wem das geschäftige Treiben nach dem Pandemieschlaf schon wieder zu viel wird, dem sei die leise Ausstellung „Nach dem Regen wird die Erde hart“ im Japanisch Deutschen Zentrum Berlin (JDZB) empfohlen. Zu sehen sind Skulpturen, Fotografien, Zeichnungen und Videoarbeiten von Claudia Schmacke (*1963 in Witten) und Akimoto Naomi (*1967 in Osaka).

Bei beiden Künstlerinnen spielen die Naturelemente Feuer, Erde, Luft und Wasser sowohl beim Herstellungsprozess als auch als Ergebnis ihrer Werke eine entscheidende Rolle, wenn auch unterschiedlich gewichtet. So entwickelt Akimoto Naomi ihren skulpturalen Kosmos aus dem Element Erde, genauer gesagt aus dem traditionellen Material Tonerde, und experimentiert in ihren Papierarbeiten mit Luft. Erde und Luft zwei Gegensätze, künstlerisch umgesetzt in unterschiedlichen Aggregatzuständen. Ein Grundelement ihrer hier gezeigten Keramikarbeiten ist die Kugelform mit einem hohlen Innenraum und einer kreisrunden Öffnung.


Akimoto Naomi, Vermehrung 3 (Detail), Foto: Do Hyun Kim

Die kugeligen Objekte lassen an Gefäße wie Schalen oder Vasen denken. Doch nicht nur: mal überwiegt ihr Charakter als Gebrauchskeramiken, die lediglich ihrer Funktion enthoben sind. Mal scheinen sie wie pflanzliche und tierische Fantasiewesen aus der Natur, je nachdem, ob sie als Einzelform, verschachtelt in Gruppen oder ineinander übergehend auftreten.


Akimoto Naomi, Kette 9 (Detail), 2021, Foto: Akimoto Naomi

Ebenso kommt in diesem Zusammenhang der Glasur eine Bedeutung zu: manche der Skulpturen sind in Gelb-, Blau- oder Grüntönen glasiert und andere sind nur gebrannt und erhalten durch ihren satten Braunton etwas erdig Wesenhaftes. Fast heiter erscheinen hingegen die runden, flach gewölbten Keramikblättchen in unterschiedlichen Grüntönen. Im ersten Moment muten sie wie auf dem Boden verstreute Blätter an, ihre glänzenden Oberflächen erwecken den Eindruck als hätte es vor Kurzem geregnet. Doch widersprechen sie dem zufälligen Herabfallen in der Natur durch das subtile Arrangement auf den weißen Kieselsteinen im Innenhof des JDZB, streng den räumlichen Gegebenheiten folgend. Dieses Wechselspiel von Zufall und systematischer Festlegung gleicht einem Prinzip, das sich in Akimoto Naomis Werk wiederholt feststellen lässt. So vermitteln die kugelförmigen Skulpturenensembles in den Ausstellungsräumen den Eindruck als sei der Zufall in ein Ordnungssystem hineingepresst, dessen Regeln es zu ergründen gilt. Auch die überwiegend blauen Acryl- und Tuschezeichnungen wirken zunächst wie im Labor festgehaltene Studien zu chemischen Transformationsprozessen. Erst in der Serie offenbaren sie ihren ästhetischen Charakter, der in seinem Regelkanon wie kontrolliert herbeigeführt scheint.


„debris flow #1“ (Detail) © Claudia SCHMACKE

Claudia Schmackes Videos, Fotografien und Skulpturen aus glasiertem Ton bzw. aus Biskuitporzellan, das durch seine Weichheit für die Feinheit der Modellierungsmöglichkeiten steht, drehen sich um das Element Wasser. Ton enthält viel Wasser, das beim Brennvorgang verdunstet und das Material wandelt.
Wasser ist nicht nur zentrales Element beim Herstellungsprozess der Skulpturen, sondern hat ebenso als Bezugspunkt in der Natur für Schmacke eine Bedeutung.
Auch in diesem Werk werden verschiedene Aggregatzustände thematisiert und wie bei Akimoto, die u.a. Modellieren bei Claudia Schmacke an der Kunstakademie in Düsseldorf studiert hat, bildet Ton ein wichtiges Ausgangsmaterial ihrer Skulpturen. Im Gegensatz zu den nahezu akkurat geformten Kugelobjekten von Akimoto haben die handlichen Skulpturen eine unbestimmbare, abstrakte Form. Eine Töpferscheibe war hier sicher nicht im Spiel.
Die Arbeiten tragen Titel wie “debris flow #1”. Debris Flow ist ein geologisches Phänomen der Murgänge, bei denen wasserbeladene Erd- und Gesteinsbrocken von Berghängen´herabfließen`. Landschaft und Natur ändert sich dadurch prägnant. Manche der diesen Titel tragenden Skulpturen erinnern tatsächlich an kleine Trümmerfragmente oder verformte Pflanzenteile. Bestandteile aus der Natur, die im nächsten Moment schon wieder andere sind. Im Gegensatz dazu steht jedoch der glasierte Ton, der das Artifizielle betont und keinen Zweifel an der künstlerischen Bearbeitung lässt. Offensichtlich lotet der Arbeitsprozess die Grenze zwischen Zufall und Kontrolle aus. Unterstrichen wird dieses Spannungsfeld durch die großformatigen Fotografien an den Wänden, die die Aufmerksamkeit in Großaufnahme auf die Details der einzelnen Figuren lenkt. Was ist Natur, wo fängt der künstlerische Eingriff an.


„faults and folds #13“ © Claudia SCHMACKE

Auch die Serie “faults and folds #13” (Verwerfungen und Faltungen) scheint einen ephemeren Moment der Natur unmittelbar abgenommen und durch das Festhalten den Prozess in der Natur aufzuhalten, wohl wissend, dass alles einem unweigerlichen Veränderungprozess unterworfen ist. Schmacke hat für diese Skulpturen einen sehr flüssigen Ton verwendet, der der Schwerkraft folgend seinen Einfluss auf die Gestaltung nimmt. Dabei spannt sich die blaue Lasur wie eine Haut über die Skulpturen und manifestiert sich als künstlerisches Statement.

Die Verbindung zwischen den beiden Künstlerinnen liegt in der Transformation von immateriellen Prozessen in Materie. Insofern ist der Ausstellungstitel „Nach dem Regen wird die Erde hart“, der laut Japanisch Deutschem Zentrum Berlin so viel bedeutet wie die Beruhigung und Stabilisierung der Lage nach einem Konflikt oder dramatischen Ereignis, mehr als treffend.

Ausstellungsdauer: 31.05.2021 - 28.07.2021

Öffnungszeiten: Mo - Do 10-12:30, 13-17 Uhr, Fr 10-12:30, 13-15:30 Uhr, Eintritt frei.

Japanisch Deutsches Zentrum Berlin
Saargemünder Str. 2
14195 Berlin

Tel.: +49 (0)30 839 07 0
www.jdzb.de

chk

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