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weißensee kunsthochschule berlin: Yet Yet – oder: wenn nicht jetzt, dann wann?

von Maximilian Wahlich (12.07.2022)
vorher Abb. weißensee kunsthochschule berlin: Yet Yet – oder: wenn nicht jetzt, dann wann?

Ausstellungsansicht, Yet Yet, Abschlussarbeiten der Fachgebiete Bildhauerei und Malerei, KühlhausBerlin, Foto: © Veronika Breuning

Zeitgleich zum Rundgang und dem Tag der offenen Tür der weißensee kunsthochschule berlin stellten letztes Wochenende im KühlhausBerlin rund 40 Absolvent*innen der Malerei und Bildhauerei ihre Arbeiten aus.

Der Titel der Ausstellung „Yet Yet“ lässt sich mit „noch nicht“ übersetzten. Wie im Limbus sind die Absolvent*innen nicht mehr im Studium, gehören aber noch nicht zum freien Markt. Sie stehen kurz davor, aus dem Schutzraum der Hochschule entlassen zu werden, wo eindeutiger Versicherungsstatus, Zugang zu günstigen oder gar kostenfreien Ateliers und Stipendien vorhanden sind. So vereint die Ausstellung sehr unterschiedliche Positionen, die sich inhaltlich wie formal kaum miteinander vergleichen lassen. Allein der Übergangsstatus der Künstler*innen macht ihre Gemeinsamkeit aus.
Das KühlhausBerlin, 1901 erbaut, befindet sich hinter dem Technikmuseum, nahe dem HAU sowie B-Part im Gleisdreieck. Somit liegt die Spielstätte für Kunst, Konzerte und Veranstaltungen mitten in der Stadt. Im Innern ist das Gebäude roh und unrenoviert belassen, nackte Ziegelsteinwände und Stahlträger erinnern an ein abgeschabtes Berlin von vor 20 Jahren, wo Fabriketagen noch nicht von Airbnb vermietet wurden.


Paul Gehri, Aktionsinstallation mit Äffchen, 2022, © Paul Gehri

In der Großzügigkeit der Flächen und den sehr hohen Räumen würden viele Arbeiten fremd oder verloren scheinen. Allerdings schafften es die Kurator*innen Marit Lena Herrmann und Ayşe Güngör, dass sich die meisten Werke gut in das Setting einfügen, ohne untereinander zu konkurrieren. Besonders glückte das jenen Beiträgen, die ihr eigenes Habitat aufbauen. Im Erdgeschoss gelingt dies Johanna Krahé mit der Nachbildung eines Wohnraumes durch Pflanze, Sessel und Fernseher sowie dem Künstler Paul Gehri mit einer großen Installation aus Bronzeaffe, Seil und umgestürzter Gipsbüste. Beide Positionen beanspruchen gleich einen ganzen Bereich für sich.


Julie Peter, Loop Luv, Tufted Carpet made of merino wool, 110 cm x 82cm, © Julie Peter

Ab dem 1. Stock öffnet sich der Raum nach oben in zwei weitere Galerieetagen. So lassen sich gleich mehrere Ebenen überblicken. Hier fallen vor allem die handwerklich hochwertigen Teppiche von Julie Peter auf. Sie sind flauschig und haben durch ihre Tiefe eine enorm dreidimensionale Wirkung. Ihre Motive sind grafisch verspielt und erinnern fern an Geschlechtsorgane. Entweder hängen die Teppiche gemeinsam mit Zeichnungen an einem L-Förmigen Wandeinbau oder liegen verstreut auf dem Boden. Wie hingekleckste Spuren markieren sie ein Areal, wo die Besucher*innen für jeden Schritt auf den Boden sehen müssen. Verstärkt wird das Gefühl einer Grenze durch die zwei Wände, die eine Ecke, einen „geborgenen“ Winkel bilden.


Oskar Zaumseil, 70x100 Kreide, Kohle, 2021, © Oskar Zaumseil

In den oberen Etagen wird die Ausstellungsfläche kleiner und schmaler. Hier ist der Rundgang klarer vorgegeben, womit räumliche Einbauten keine Struktur mehr definieren müssen. Dafür ergeben sich nunmehr Seitenarme und Abzweigungen. Oskar Zaumseil füllt beispielsweise mit seinen impulsiven Zeichnungen einen dieser Bereiche. Ebenso ergibt eine fest eingebaute Wendeltreppe, die die Ebenen miteinander verbindet, eine architektonische Nische. Hier zu sehen sind unter anderem lavaartige Gemälde von Johannes Popp oder Chia-Liang Lais Videoarbeit über Identität und den Umgang mit postkolonialen Erbstücken.
Die sensible Herangehensweise bei der Zusammenstellung der künstlerischen Nachbarschaften dieser Ausstellung überzeugt. Die Werke vertragen sich untereinander und arbeiten in ihrer Setzung mit dem gesamten Raum. Kein Beitrag wirkt einsam oder bekommt einen unangemessen exponierten Platz.
Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Gerade Rundgänge und Ausstellungen von Absolvent*innen entstehen unter enormen Druck, sind Ergebnis einer aggressiv umkämpften Position innerhalb des Kulturbetriebs.
Nun aber beweist sich in kommenden Monaten, wer in einer Galerie aufgenommen wird, sich in Kunstvereinen engagiert oder andere Wege finden wird. Viel Glück!

Künstler*innen: Ahmad Alhamidi, Anna Luca Mogyoros, Carla Schliephack, Charlotte Jacoby, Chia-Ying Chiang, Clara Pistner, Dachil Sado, Chia-Liang Lai, Daniela Villalobos Araújo, Dorna Dibaj, Elisabeth Brandauer, Emanuel Goldmund, Evelina Reiter, Fadi Aljabour, Frida Penelope Ortgies-Tonn, Helena Ommert, Isu Donggeon Kim, Johanna Krahé, Johannes Popp, Johannes Weilandt, Julie Peter, Katya Quel Elizarova, Keanu Sapadi, Kurt Fritsche / Joshua Gottmanns, Lia Rutenberg, Magdalena Bichler, Marié Nobematsu Le Gassic, Marlies Pahlenberg, Mona Schmidtke, Navot Miller, Nina Plášková, Oskar Zaumseil, Paul Gehri, Shira Orion, Shona Stark, Sofia Efremenko, Sophia Koellmer, Theseas Efstathopoulos, Ximena Ferrer Pizarro, Yunsun Kim

Yet Yet
Abschlussarbeiten der Fachgebiete Bildhauerei und Malerei KühlhausBerlin
Luckenwalder Str. 3, 10963 Berlin
Fr.–Mo., 08.–11. Juli 2022

Maximilian Wahlich

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