16 Uhr: zwischen der Künstlerin Cornelia Herfurtner und David Polzin im Rahmen der Ausstellung "Die Kids sind nicht alright!". Galerie Adlershof im Kulturzentrum Alte Schule | Dörpfeldstraße 54-56 | 12489 Berlin
Monopoly macht Spaß, aber nur so lange, bis eine Person so viele Häuser auf dem Spielbrett verteilt hat, dass sie immer reicher wird. Die Mitspieler*innen zahlen Miete und verarmen automatisch. Ich habe das Spiel nie gemocht, weil dieser Kipppunkt unumgänglich und irreversibel war. Das echte Leben scheint ähnlich, zumindest was die Attraktivität von Immobilien anbelangt.
Noch bis zum 10. März ist eine filmische Arbeit des 2019 gegründeten Berliner Kollektivs
ufo ufo - urban fragment observatory (Jeanne Astrup Chauvaux, Sebastian Díaz de León, Lena Löhnert und Florine Schüschke) im Schaufenster der Discount-Bäckerei Back & Snack im LSD-Haus in der Kurfürstenstr. 150/151 zu sehen. Sie protestieren mit Ausstellungen, künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum gegen strukturelle Missstände einer profitgierigen Baubranche.
Im Rahmen der neuen Ausstellung fand am 25. Februar eine Veranstaltung mit großformatiger Filmprojektion statt. Diesmal ging es um den geplanten Abriss und die anschließende Neubebauung mehrerer Gebäude im Kiez Kurfürstenstraße/Potsdamer Straße. Gemeint sind folgende Häuser und Liegenschaften: Hotel President (An der Urania 18), Hotel Sylter Hof (Kurfürstenstr. 114-116), Bürohaus an der Urania (An der Urania 4-10), unter anderem entworfen von dem Architekten Werner Düttmann, der erst kürzlich in einer großen Retrospektive geehrt wurde. Etwas weiter die Straße aufwärts, liegen das Woolworth Gebäude (Kurfürstenstr. / Ecke Potsdamer Str.) und das LSD-Gebäude (Kurfürstenstr. 150/151). Einst als Bürohaus geplant, ist es heute ein relevanter safe space für Sexarbeiter*innen. Das Pressehaus Constanze (Kurfürstenstr. 72-74) wurde bereits 2021 abgerissen.
Die alten Gebäude sollen durch hochpreisige Gewerbe- und Wohnbauten ersetzt werden. Diese Neubauten sind zunächst meist Fremdkörper. Im Laufe der Zeit wirken sie sich jedoch stark auf die Umgebung aus, sei es in Form einer „Aufwertung“, sei es durch einen sich ausbreitenden (und kalkulierten) Leerstand.
Darauf aufmerksam zu machen, ist das Ziel des Kollektivs. Vor allem fordern sie eine (sozial-ökologisch) nachhaltige Umnutzung der Gebäude, die die Geschichtlichkeit und Vielfalt des Viertels im Stadtbild sichtbar macht. Dazu fordern sie konkret ein reformiertes Raumerhaltungsgesetz, das den massenhaften, rücksichtslosen und verschwenderischen Abriss verhindert. Außerdem soll eine sogenannte „MusterUMbauordnung“ für die Umnutzung nach dem Vorbild nach
Architects for Future erarbeitet werden. Schließlich soll die Berliner Immobilien Management (BIM) ihre eigenen Bestandsgebäude ökologisch
aufrüsten.
Das Kollektiv startete am 25. Februar rund um die Kurfürstenstraße mit einer Pop-up-Plakataktion in den Sprachen Deutsch, Englisch, Türkisch und Bulgarisch, die von vielen Sexarbeiter*innen gesprochen werden. Alle Plakate sind bis zum 10. März im Schaufenster der Kurfürstenstraße 145 versammelt. In klaren Schwarz-Weiß Kontrasten informieren sie über bauliche Maßnahmen, die Schäden für die Umwelt beim Abriss und die Vorteile beim Erhalt der historischen Gebäude. Sie konstatieren, wie auffällig der großflächige Abriss von Häusern der 1960er bis 1980er Jahre ist. Der absurde Anstieg an Mieten in dem Kiez wird mit den Neubauprojekten in Verbindung gebracht.
Der Film des Kollektivs ist ebenso in vier Sprachen gehalten. Er stellt Szenen des Abrisses und der Zerstörung von Infrastruktur Interviews mit Niklas Schenker (Die Linke Berlin), Samuel Schreiter (Bauleiter der Abrissmaßnahmen an der Urania 4-10) und Alexander Stumm (Abrissmoratorium) gegenüber. Insgesamt zeichnet sich der Film durch eine eher trostlose, graue und wüste Dystopie aus, die nicht von den Gebäuden ausgeht. Dieses Gefühl entsteht bei den unheilvollen Perspektiven einer Gewinnorientierung, rücksichtslos gegen Mensch und Umwelt.
Zur Kundgebung trugen die Aktivist*innen Modelle der vom Abriss bedrohten Bauten die Kurfürstenstraße entlang. Das Bild erinnerte an einen Trauerzug. Hoffnung gibt allerdings, dass sich der Investor und Besitzer des LSD-Gebäudes gegen den Film beschwert hat. Offenbar fühlt er sich bedroht, was positiv zu werten ist.
VISITING: ABRISS
ABRISSSSSSTOP – P R O T E S T F E S T
INTERVENTION IM STADTRAUM
25.2.2023-10.3.2023
Plakate am Schaufenster
Kurfürstenstr. 145
10785 Berlin
Der Film am Schaufenster der Bäckerei Back & Snack im LSD-Gebäude
Potsdamer Straße 124
10783 Berlin
Titel zum Thema urban fragment observatory:
Monopoly goes real
Besprechung: Monopoly macht Spaß, aber nur bis eine Person so viele Häuser auf dem Spielbrett verstreut hat, dass sie immer reicher wird. Die Mitspieler*innen zahlen Mieten und verarmen automatisch.
Verein Berliner Künstler
Haus am Lützowplatz / Studiogalerie
Kommunale Galerie Berlin
Haus am Lützowplatz
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.