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Berlin Daily 03.10.2024
Tag der offenen Moschee

Im Rahmen dieses Tages bieten viele Berliner Moscheen Führungen, Vorträge, Ausstellungen, Folklore, Informationsmaterialien und Begegnungsmöglichkeiten an.

Ein Monster kommt selten allein. Ivana Bašić im Schinkel Pavillon

von Maximilian Wahlich (30.08.2024)
vorher Abb. Ein Monster kommt selten allein. Ivana Bašić im Schinkel Pavillon

Ivana Bašić, Metempsychosis: The Passion of Pneumatics Courtesy Ivana Basic Studio. Photography by Sarah Ringrave.

Die Künstlerin Ivana Bašić verwandelt für ihre Ausstellung Metempsychosis: The Passion of Pneumatics den gesamten Schinkel Pavillon in ein dystopisches Szenario: Er wurde erobert von einer Heerschar unheimlich technoider Wesen. Sie sind gelandet, haben Staub aufgewirbelt. Die Innenräume im klassizistischen Pavillon sind hell beleuchtet, Alterungserscheinungen des Bauwerkes werden sichtbar. Die Räumlichkeiten wirken verlassen und vergessen.

Die Menschheit scheint überlebt: Kurz vor oder nach der Landung sind wohl die letzten Ecken verwaist und nun wird die Erde bevölkert von diesen Wesen: groß, menschenartig und mit Beinen wie Krakenarme, mit spiegelglatten Metallprothesen und Einbauten, langen Schläuchen aus weichen Eingeweiden. Die Oberflächen der Wesen erinnern an das ikonische Alien aus dem Film Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt von Ridley Scott (1979). Allerdings fehlt Bašićs Figuren das Aggressive, Räuberische. Sie sind in sich gekrümmt, schützen sich kauernd und wirken weicher, gebrechlicher. Ihre Eingeweide liegen offen und ähneln Geschlechtsmerkmalen, ihre Haut scheint zum zerreißen dünn, Knochen springen hervor als würden sie gleich zerspringen.

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Ivana Bašić, Metempsychosis: The Passion of Pneumatics Courtesy Ivana Basic Studio. Photography by Sarah Ringrave.

Die Figuren wirken lebendig, sind aber total starr. Warten sie wie Reptilien auf den passenden Moment oder sind ihre Bewegungen so langsam, dass wir sie nicht mehr wahrnehmen? Die Besuchenden kommen den Wesen gefährlich nahe, sie streifen beinahe die langen Spinnenbeine, tasten mit ihren Blicken die gesichtslosen Köpfe ab und sind auf der Suche nach dem Menschlichen, dem Verwandten und Bekannten. Wir erkennen uns in der spiegelnden Oberfläche. Die Anatomie der Figuren gleicht der unseren, sie wirken organisch. Ihre Haut ist von feinen Adern durchzogen.

Zentrum der außerirdischen Hausbesetzung ist der lichtdurchflutete oktogonale Saal im Obergeschoss. Dort spinnt sich ein besonders großgewachsenes, verkabeltes Wesen über den Raum. Herzstück scheint ein steinerner Kopf, eingespannt in eine Metallspange. Ein Hammer schlägt im Takt von Bašićs Atmung auf den Schädel. Auf dem Boden liegt bereits, was vom Kopf pulverisiert wurde. Die cleanen Gerätschaften erinnern auf ungute Weise an chirurgische Eingriffe. Überraschend leicht sind dagegen die aquarellierten Zeichnungen im Untergeschoss. Was sie genau zeigen, ist offen. Frei assoziiert, könnte es sich um Zeichnungen von Embryos handeln?

Ein Monster kommt selten allein. Bašićs hat keine fremdartigen Ungeheuer, Aliens oder fiktive Monster geschaffen. Sie hat den Menschen abstrakt dargestellt – in seiner merkwürdigen Hilflosigkeit die Welt zu domestizieren, in einem gnadenlosen Eroberungszug und der absoluten Verletzbarkeit gegenüber Naturgewalten. In dieser Fantasie tritt der Mensch als kurioser Gast auf – stets auf der Suche nach Schutz vor den kommenden und vergangenen Katastrophen.

Bašićs befasst sich mit ihren Kindheitserfahrungen, die durch Krieg, Gewalt, Brutalität und dem Eingeschlossensein im Jugoslawien der 1990er Jahren geprägt waren. Die Mischung aus Verletzung, Brutalität und Kühle durchzieht sämtliche Räume, begleitet von dem tiefen Dröhnen eines Organismus – schwere Körper werden mit Luft versorgt, ähnlich dem Geräusch einer Beatmungsmaschinerie. Der Atem ist langsam und eng. Die Stimmung ist klaustrophobisch. Ein hoffnungsvoller Abschluss scheint unmöglich. Die Zukunft scheint verloren, weil die Gegenwart grausam ist.

Ivana Bašić
Metempsychosis: The Passion of Pneumatics
7. June 2024 – 1. September 2024

Schinkel Pavillon
Oberwallstraße 32
10117 Berlin
www.schinkelpavillon.de

Maximilian Wahlich

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