Ausstellungsansicht »Battle Cry«, Galerie Nord, vorne links: Bohdana Zaiats, Photozone, 2022 (Detail) | rechts: Maksym Khodak, First War Kinda Nervous, 2022 (Detail)

Berliner Kunstfestivals wie 48 Stunden Neukölln, artspring oder das letztes Wochenende veranstaltete Moabiter Kunstfestival ORTSTERMIN erinnern in ihrer Ausrichtung fast schon an kleine Biennalen. Sie sind ortsbezogen auf bestimmte Stadtteile verteilt, zeigen internationale Kunst, versammeln sich um eine kuratierte Hauptausstellung, bieten darüber hinaus viele Einzelpräsentationen und werden von einem umfangreichen Programm begleitet.

Berlin hat den Vorteil, dass in der Stadt zahlreiche internationale Künstler und Künstlerinnen tätig sind, sodass die Festivals für Kunstinteressierte genauso interessant sind wie für Menschen, die sich einfach mal wieder einen Überblick über das kulturelle Geschehen in ihrem Stadtteil verschaffen wollen.
In diesem Sinne entsprach ORTSTERMIN, das in diesem Jahr unter dem Motto »lieber laut« stand, den Erwartungen. Endlich konnte man nach dem Corona-Lockdown wieder aktiv werden und an Gesprächen, Filmvorführungen, Ausstellungsbesuchen, Konzerten und Buchvorstellungen teilnehmen.


Ausstellungsansicht »Battle Cry«, Galerie Nord, Christian Falsnaes, Infuence, 2012 (Detail)

Erste mögliche Anlaufstation war die Gruppenausstellung »Battle Cry« in der Galerie Nord, die übrigens noch bis 23.9. zu sehen ist. Hier geht es um die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Krieg in der Ukraine. So zeigt der junge ukrainische Künstler Maksym Khodak auf der Basis von TikTok-Videos wie Krieg und Alltag ineinander übergehen und in Codes der Social Media von ihm eigenwillig transformiert werden. Über das aktuelle Kriegsgeschehen hinaus blickt die Ausstellung auf Machtverhältnisse, Kommunikationsstrukturen oder das Funktionieren von Propaganda. Eindrucksvoll dargelegt bspw. in den Musikvideos des dänischen Performancekünstlers Christian Falsnaes, der punktgenau hierarchische Konstruktionen und deren unmittelbaren Auswirkungen veranschaulicht.
Außerdem sind Arbeiten von Zhenia Stepanenko und Bohdana Zaiats zu sehen. Kuratiert wird das Ganze von Valeria Schiller.


Afrika Haus Berlin

Neben dieser größeren Ausstellung konnten viel Ateliers, Werkstätten und andere Kulturräume wie zum Beispiel das Afrika Haus Berlin besucht werden. Das Afrika Haus Berlin, das sich mit Geschichte, Politik, Literatur und der Philosophie Afrikas und den afrikanisch-europäischen Beziehungen auseinandersetzt, bietet auch über das Kunstfestival hinaus ein regelmäßiges Programm mit Diskussionsrunden, Filmvorführungen, Buchpräsentationen, Theateraufführungen, Ausstellungen oder Musik.



Ausstellungsansicht »Baustelle. Susanne Kutter und Martin Kaltwasser«, Projektraum Kurt-Kurt, Detail: Martin Kaltwasser, Umformer, 2022 (Detail)

Aber auch kleine Ausstellungen wie Baustelle in dem Projektraum Kurt - Kurt mit Fotografien und einer Rauminstallation von Susanne Kutter und Martin Kaltwasser überzeugten. So verknüpft die raumgreifende Installation aus Papier subtil den Außen- mit dem Innenraum, eröffnet ungewohnte Blickachsen und darüber hinaus weisende Perspektiven, die auch nach dem Verlassen des Projektraumes nachwirken. Auch diese Ausstellung läuft noch bis noch bis 20. September 2022 und ist unbedingt zu empfehlen.

Erfreulich und für die Berliner Kunstszene keineswegs üblich ist, dass zwischen ORTSTERMIN, 48 Stunden Neukölln und artspring berlin rege kooperiert wurde, sodass neue Strukturen über Bezirksgrenzen hinaus erwachsen, die zuversichtlich ins nächste Jahr blicken lassen.