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Interview mit dem Wiener Architekten Gustav Peichl

von Stella Hoepner-Fillies (17.12.2004)


Interview mit dem Wiener Architekten Gustav Peichl

Gustav Peichl ist ein international anerkannter Architekt, eine Liste seiner Preise und Ehrungen würde Seiten füllen. In Deutschland ist der Wiener Architekt vor allem durch die Bundeskunsthalle in Bonn und einer Erweiterung des Städel-Kunstinstituts und der Städelschule in Frankfurt am Main bekannt geworden. Seine spektakulärsten Bauten der letzten Jahre sind der Milleniumtower und die Messe Neu in Wien.

Anlässlich seiner Ausstellung in der Galerie Aedes sprach Stella Hoepner-Fillies für art-in-berlin mit Gustav Peichl. Lesen Sie hier, was er über Berlin, seine Bauten und Billy Wilder zu sagen hat.

Stella Hoepner-Fillies: Sie begleiten Berlin mit Ihrer Architektur fast so lange wie die österreichische Politik mit Ihren Karikaturen …

Gustav Peichl: Nicht ganz so lange: Karikaturen zeichne ich seit 1954, zu der Zeit hatten wir in Wien noch die Besatzungsmächte, Amerikaner, Russen, Franzosen und Engländer. Und hier habe ich zum ersten Mal im Rahmen der IBA gebaut. Damals, ca. 1979, gewann ich den Wettbewerb für die Phosphateliminierungsanlage in Tegel.

Stella Hoepner-Fillies: … immerhin auch 25 Jahre. An welcher Stelle der architektonischen Entwicklung befindet sich - Ihrer Meinung nach - Berlin jetzt?

Gustav Peichl: Berlin ist eine reizvolle Stadt, bezogen auf die Menschen und den Ort. Aber diese Stadt hat zwei Gesichter: die vielen Möglichkeiten, die hier bestehen und die furchtbaren Fehler, die hier gemacht werden. Zum Beispiel das Holocaust-Mahnmahl: Ein Fehler, der völlig falsche Städtebau und obendrein der falsche Maßstab.
An einer derartig exponierten Stelle in der Stadt und bei einem so sensiblen Thema hätte man sich mit dem Entwurf wesentlich mehr zurück nehmen müssen.
Aber grundsätzlich finde ich Berlin einfach reizvoll, besonders sein Flair und sein kreatives Potential. Ähnliches finden Sie auf der ganzen Welt nicht wieder.

Stella Hoepner-Fillies: Bauen Sie gerne in Berlin?

Gustav Peichl: Oh ja, ich baue sehr gern in Berlin. Man mag uns hier. Wir - also die Österreicher - sind so etwas wie "Kreativkasper". Wenn behauptet wird - was manche tun -, dass sich die Architektur zwischen Ratio und Emotion befindet, dann haben wir Österreicher mehr Emotionales.
Grundsätzlich weigere ich mich, bestimmte Elemente meiner Entwürfe zu erklären. Manches ist eben einfach nicht erklärbar. Darin liegt auch der Unterschied zwischen den Deutschen und den Österreichern: Die Deutschen - einschließlich der deutschen Architekten - sind tüchtiger als wir. Wir sind eher das Zwergenvolk von nebenan. Aber: Auch Zwerge haben Fäuste.

Stella Hoepner-Fillies: Sie stellen gerade drei Projekte aus Ihrem Büro in der Galerie Aedes aus. Sind die ausgewählten Arbeiten repräsentativ für Ihre Auffassung, was Architektur heute sein sollte?

Gustav Peichl: Es gibt ja eigentlich keine anderen Bauten. Ich kann mir glücklicherweise die Projekte aussuchen, die mir gefallen und andere übernehme ich erst gar nicht. Diese drei Projekte sind die aktuellsten aus meinem Büro: das Hochhaus, das Wohnhaus in Wien und die Messe.
Natürlich gibt es noch ein paar andere, wie zum Beispiel das Karikaturmuseum in Krems, aber unsere Wahl fiel auf diese drei.
Und "repräsentativ" ist so ein gestanztes Wort. Letztendlich ist diese Frage doch erst 30-40 Jahre post mortem zu entscheiden.

Stella Hoepner-Fillies: Ihnen wird nachgesagt, dass Sie Ihrer Architekturauffassung treu bleiben. Würden Sie das auch so sehen?

Gustav Peichl: Ja, das stimmt. Ich bin ein Gegner von Modeerscheinungen. Meine Architektur hat eigentlich alles überdauert: den Brutalismus, die Postmoderne, vor allem die Postmoderne, aber auch vieles andere.
Mein Ziel ist es, modern zu sein, aber nie modisch. Natürlich kann ich nicht wissen, ob mir das immer gelingt, aber wer kann das schon.
Jedenfalls habe ich mir Mühe gegeben, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Stella Hoepner-Fillies: Bereuen Sie eines Ihrer Bauvorhaben?

Gustav Peichl: Nein. Mir fallen natürlich viele Verbesserungen ein und Dinge, die man anders hätte machen könnte, aber ich bereue nichts.
Im eigentlichen Sinne bin ich kein Vielbauer, trotz meiner 77 Jahre und der 50 Jahre Bautätigkeit sind es insgesamt nicht viele Objekte geworden. Glücklicherweise kam durch meine Karikaturmalerei immer genug Geld herein, um das Architekturbüro zu finanzieren.
Deshalb konnte ich Projekte auch auswählen und vor allem: ablehnen. Zweimal wurde ich in Berlin zum Potsdamer Platz geladen, aber beide Male lehnte ich ab. Die Bauvorhaben waren mir einfach zu groß und zu reglementiert. Später in den Jurys zu sitzen, hat mir dagegen viel Spaß gemacht, und es sind auch schöne Bauten dort entstanden. Aber für mich selbst war das nichts.

Stella Hoepner-Fillies: Welches Gebäude würden Sie gerne als nächstes bauen?

Gustav Peichl: Jetzt muss ich mich wiederholen, dass habe ich nämlich schon einmal der "Zeit" geantwortet: Ich würde gerne ein kleines Museum am Roten Platz in Moskau bauen.

Stella Hoepner-Fillies: Mit welchen Rednern würden Sie gerne auf dem nächsten Podium diskutieren?

Gustav Peichl: Das kann ich Ihnen genau sagen: mit Billy Wilder und mit Hellmuth Karasek. Und dann würde ich gerne einmal mit Sandra Maischberger reden.
Die meisten Diskussionen mag ich nicht, die sind mir zu festgelegt und dirigiert. Ich rede lieber im kleineren Kreis und auf einer anderen Ebene.

Stella Hoepner-Fillies: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.


Stella Hoepner-Fillies

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