19 Uhr: im Rahmen der Finissage zu "Becoming Who You Are - Studium trotz Flucht". (Eintritt frei / aber Anmeld.) Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung | Stresemannstr. 90 | 10963 Berlin
Schloss Roskow, Foto: Shantala Sina Branca
Aus deutscher Sicht ist es nahezu selbstverständlich, dass Kinder Kinder, Jugendliche Jugendliche sein dürfen bevor das Erwachsensein sie einholt. Aus deutscher Sicht erscheint so vieles als selbstverständlich. Doch trotz UN-Kinderrechtskonvention weiß man, dass Kinder nicht überall eine Kindheit, Jugendliche nicht überall eine Jugend haben.
Wie unterschiedlich das ´Dazwischen` - die Zeit zwischen Kindheit und Jugend zum Erwachsenenalter - auf unserer Welt sein kann, thematisiert die seit 1994 regelmäßig stattfindende Ausstellungsreihe Rohkunstbau mit der aktuellen Ausstellung „Zwischen den Welten - Between the Worlds“, die von Mark Gisbourne kuratiert wurde. Das im 17. Jahrhundert erbaute und teilweise marode anmutende Schloss Roskow bei Brandenburg, das schon mehrere Male als Ausstellungsort von Rohkunstbau diente, unterstreicht passenderweise das ´Dazwischen` verschiedener Welten. Wurde es einst als Flüchtlingsunterkunft und Schulgebäude genutzt, ist es heute ein verwunschener Ort für Kunst und Kultur - zwischen einer Millionenmetropole und dem brandenburgischen Landleben.
Ausstellungsansicht, Arne Schreiber, #643, 2016, Öl, Siebdruck auf Leinwand/Oil, silk screen on canvas, 259 × 190 cm
#653, 2016, Buche/Beech tree, ca. 600 × 40 cm, Courtesy Galerie koal, Berlin, Foto: Shantala Sina Branca
Mark Gisbourne vereint elf künstlerische Positionen unterschiedlicher Herkunft und thematisiert das Recht des Kindes auf Kindheit. Der Potsdamer Künstler Arne Schreiber bedient sich seiner Kindheitserinnerungen aus der ehemaligen DDR und bespielt einen Raum des Schlosses, welches nach 1952 zur ehemaligen deutschen demokratischen Republik gehörte, mit zwei großformatigen Fotografien aus gemeinsamen Badeferien mit seiner Familie an der Ostsee. Die von den Eltern mit einer Super-8-Kamera aufgenommenen Fotos stellen für Schreiber die einzig flüchtige Erinnerung an diese doch mehrheitlich unbeschwerten Kindertage dar. Schwarze, sich zunehmend verdichtende Farbbalken auf den Fotografien verstärken den Eindruck des Verblassens der eigenen Erinnerungen. Neben der Unbeschwertheit, die Schreiber damals als Kind im Urlaub erleben durfte, sieht er das Meer im Allgemeinen heute als ambivalent - einerseits Erholungsort, andererseits tragischer Ort, an dem - wie auch schon zu DDR-Zeiten - zahlreiche Flüchtlinge ihr Leben verloren haben.
Die aus China stammende Konzeptkünstlerin und Kalligraphin JIA erinnert an schätzungsweise 60 Millionen zurückgelassene Kinder von chinesischen Wanderarbeiterinnen und -arbeitern. Aufgrund des seit einigen Jahrzehnten bestehenden „Hukou-Systems“, welches chinesische Kinder im Hinblick auf die staatlich vorgeschriebene Schulzeit an ihre Heimatprovinzen bindet, kommt es dazu, dass die große Mehrheit der Kinder bei ihren Großeltern - wie die Künstlerin selbst - oder in Waisenhäusern aufwächst. In einer für uns anderen Welt, in der Kinder ohne ihre Eltern aufwachsen, erschuf sich JIA damals ihre ganz eigene Welt. Die mittlerweile in Berlin ansässige Künstlerin bringt den magischen Ort - einen Mini-Shop, den bunte Kinderzeichnungen schmücken und in dem Kinder Süßigkeiten kaufen können - zu uns nach Europa und gewährt uns Einblick in den fantasievollen Zufluchtsort der zurückgelassenen Kinder.
Ausstellungsansicht XXII. Rohkunstbau, Jia (China), Mini-Shop, 2016, verschiedene Materialien und Videoprojektion //
Mixed material and video projection, 25 min, Foto: Shantala Sina Branca
Wie unterschiedlich und dramatisch Kindheiten auf dem Weg zum Erwachsenwerden verlaufen können, zeigt der syrische Künstler und Comiczeichner Hamid Sulaiman, dessen künstlerisches Schaffen durch den Arabischen Frühling Popularität erlangte. So unbeschwert das Kindsein eigentlich sein sollte, so ist sie auch die gefährlichste Lebensepoche. Ehrlich, unvoreingenommen und rein - aber auch schutzlos, unerfahren und manipulierbar. Hamid Sulaiman, der selbst vor dem Krieg in Syrien flüchtete, thematisiert in seinem „brainwash project“ den Einfluss der Medien auf Kriegskinder und die Tatsache, wie dramatisch schnell und einfach Kinder zu Kriegszwecken missbraucht werden. Comiczeichnungen in chronologischer Abfolge zeigen die Entwicklung eines Kindes auf dem Weg zum Erwachsenen. Nachdem im jugendlichen Alter eine große Blase im Kopf - das Suchen nach einer eigenen Identität und Perspektive - entsteht, wird diese im letzten Bild der Abfolge mit einem „Gotteskrieger“ gefüllt. Der Künstler bewertet Bildung und Erziehung als ausschlaggebendes Moment, das das Schicksal vieler Kinder von Beginn an in eine bessere und kindesgerechte Richtung lenken könnte.
„Zwischen den Welten - Between the Worlds“ ist ein spannendes und (in vielerlei Hinsicht leider) wohl immer aktuell bleibendes Thema, das Mark Gisbourne in der Ausstellung gelungen aufgreift.
Künstlerinnen und Künstler:
Edouard Baribeaud (F), Ammar al-Beik (SYR), Sokari Douglas Camp (NG/GB), Angela de la Cruz (E), Anthony Goicolea (CUB/US), JIA (CHN), Clemens Krauss (AT), Ryan Mosley (GB), Arne Schreiber (D), Peter Stauss (D), Hamid Sulaiman (SYR)
Ausstellungsdauer: 10. Juli bis 18. September 2016
Rohkunstbau
Schloss Roskow
Dorfstraße 30
14778 Roskow, Brandenburg
rohkunstbau.de
SA + SO 12-18 Uhr
Eintritt: 8 Euro / 5 Euro ermäßigt, Kinder und Jugendliche bis 12 Jahre freier Eintritt
Titel zum Thema Rohkunstbau:
Schloss Lieberose mit neuem Besitzer
Kurznachricht: Das Schloss Lieberose, eines der größten Barockschlösser in Brandenburg, liegt im Landkreis Dahme-Spreewald. Bekannt als ein Veranstaltungsort für zeitgenössische Kunst wurde das Schloss durch das Kunstfestival Rohkunstbau.
Spiegel, Säule, Hannes und Hase: Rohkunstbau 25. im Schloss Lieberose
Verlängert bis 4.10.20: Neue Kunst in alten Gemäuern: Das ist die Idee, aus der die Ausstellungsreihe Rohkunstbau geboren wurde.
ROHKUNSTBAU wurde abgesagt
Kurzinfo: Der 25. Rohkunstbau - eines der renommierten Ausstellungsprojekte für zeitgenössische Kunst in Brandenburg - findet 2019 nicht statt.
The different ´In-between`. XXII Rohkunstbau im Schloss Roskow
Ausstellungsbesprechung: Aus deutscher Sicht ist es nahezu selbstverständlich, dass Kinder Kinder, Jugendliche Jugendliche sein dürfen.
Rohkunstbau XX – Revolution im Vagen
Ausstellungsbesprechung: Rohkunstbau geht in die zwanzigste Runde. Zum zehnten Mal mit Kurator Mark Gisbourne. Zum dritten Mal auf Grundlage Richard Wagners „Ring des Nibelungen“.
Rohkunstbau und die Sache mit der Moral
Ausstellungsbesprechung: Die Wenigsten kennen das idyllische Schloss Roskow, nahe Potsdam, das die Familie von Katte im 18. Jahrhundert errichtete.
Kunstfestival Rohkunstbau 2012 kann nicht finanziert werden
Eine Petition unter dem Titel "Rettet Rohkunstbau" sollte das Ende des Kunstprojektes Rohkunstbau verhindern und rief zur Unterstützung auf. Mitlerweile haben 1.045 Unterstützer die Petition unterzeichnet. Trotzdem:
Aus für Rohkunstbau?
Das Brandenburger Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur will in diesem Jahr seine finanzielle Unterstützung ...
Kunst, Macht und der Ring der Nibelungen | XVIII. Rohkunstbau 2011
Ausstellungsbesprechung: Was haben der XVIII. Rohkunstbau und Richard Wagner gemein? Gar nichts, könnte man meinen, doch aber verbindet die alljährliche Sonderausstellung und den großen Dramatiker-Komponisten eines, nämlich die publikumswirksame Auseinandersetzung mit dem Thema Macht.
XVII. Rohkunstbau - Spieglein, Spieglein an der Wand
Kunst ist Reise. Im Fall des Rohkunstbaus beschränkt sich dieses Reisen nicht auf eine imaginäre Form, denn tatsächlich steht vor dem Besuch erst einmal die Anreise.
Rohkunstbau - dieses Jahr in Potsdam
Das alljährlich stattfindende Kunst-Festival Rohkunstbau, das sich seit 15 Jahren zeitgenössischer, ortsbezogener Kunst widmet, ist in diesem Sommer unter dem Titel "Drei Fraben - Rot" in der Villa Kellermann in Potsdam zu sehen.
Video: XIV. Rohkunstbau - Drei Farben - Weiss
In diesem Jahr setzt das seit 1994 alljährlich stattfindende Ausstellungsprojekt "Rohkunstbau" mit der Ausstellung "Drei Farben - Weiss" seine an den polnischen Regisseur Krzysztof Kieslowski angelehnte Triologie "Drei Farben - Blau Weiss Rot" fort.
Kaffeefahrt ins Kinderheim - Zum XII. Rohkunstbau "Kinderszenen - Child´s Play"
Damit hätte Robert Schumann sicherlich nicht gerechnet als er seine "Kinderszenen" im Jahre 1838 komponierte: die dreizehn Szenenthemen seines Stückes (z.B. "Ritter vom Steckenpferd", "Fast zu ernst" oder "Kind im Einschlummern") bilden nun den roten Faden des diesjährigen Rohkunstbau.
IX Rohkunstbau
Kunsthochschule Berlin-Weißensee
Kunstbrücke am Wildenbruch
Haus am Kleistpark | Projektraum
nüüd.berlin gallery
Schloss Biesdorf