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aquamediale 16: Interview mit Anna Mrzyglod

von art-in-berlin (21.08.2025)


aquamediale 16: Interview mit Anna Mrzyglod

Ausstellunsaufbau: Anna Mrzyglod, Quadratische Bäume, Foto: © FRAMERATE MEDIA / Stefan Otto

Die aquamediale ist ein internationales Festival für zeitgenössische Kunst im Spreewald. In diesem Jahr findet das Kunstfestival zum 16. Mal statt. Wie immer geht es um hochaktuelle Themen unserer Zeit. So lautet das diesjährige Motto biodiversity, das die Auswirkungen einer gestörten Balance zwischen Mensch und Natur thematisiert.
Aus einem Open Call heraus bewarben sich 204 Künstler:innen aus 10 Nationen, 10 wurden für die aquamediale 16 ausgewählt. In Zusammenarbeit mit dem Kurator Harald Larisch sind nun die vor Ort realisierten Kunstwerke im Biosphärenreservat um Lübben zu sehen.
Über die Dauer des Festivals (31. Mai bis 27. September 2025) stellen wir auf art-in-berlin in regelmäßigen Abständen die Künstler:innen in Kurzinterviews vor.



INTERVIEW

Anna Mrzyglod ist Bildhauerin und Malerin. Sie hat eine Ausbildung am Lyceum für Bildhauerei in Holz in Zakopane, Polen und ein Studium an der Schlesischen Fachhochschule in Cieszyn/Katowice, Polen absolviert. Derzeit arbeitet sie als Bildhauerin in in Düsseldorf. Für ihre Holzskulpturen verwendet sie meist das Material Massivholz, das aus dem Fällen von toten Bäumen gewonnen wird.

Carola Hartlieb-Kühn: Liebe Anna Mrzyglod, die diesjährige aquamediale steht unter dem Motto "Biodiversität"? Welche Rolle spielt diese “Vielfalt des Lebens auf der Erde” in Ihrem Werk und besonders in Ihrer Arbeit vor Ort im Spreewald?

Anna Mrzyglod: Quadratische Bäume veranschaulichen die Belastung der biologischen Vielfalt durch Klimawandel, Bodenverschmutzung, Landnutzung, Abholzung, aber auch durch Jagd oder Überfischung. Alles scheint vom Homo sapiens kontrolliert zu werden. Deshalb habe ich ein Profil des Baumes erstellt. Es ist ein Spiegelbild, eine kritische Reflexion über den Zustand unseres heutigen Planeten. Die Usurpation von allem und die Ausbeutung jenseits der Norm, wo die ursprüngliche Natur kaum noch zu finden ist.

Carola Hartlieb-Kühn: Häufig arbeiten Sie mit Massivholz von toten Bäumen, ist das auch hier im Spreewald der Fall?

Anna Mrzyglod: Ja, diese abgestorbenen Bäume habe ich im Umfeld meines Ateliers lokalisieren können. Das ist oft mühselige Handarbeit, wenn ich meine „Fundstücke“ aus den Tiefen des Waldes transportieren muss. Dafür gibt es anschließend das Label „Nachhaltig“ und ich fühle mich gut, dem toten Material eine zweite Bestimmung geben zu können.

Carola Hartlieb-Kühn: Welche Bedeutung hat das Material Holz für Sie?

Anna Mrzyglod: An der Hochschule für Bildende Künste in Zakopane herrschte ein strenger und traditioneller Holz-Unterricht vor; an der Universität, unter den Fittichen von Prof. Jerzy Fober wurde die Tradition der Heiligkeit dieses edlen, lebendigen Materials gestärkt. So entwickelte ich eine starke, respektvolle Beziehung zu dem Material, ich kann mit ihm sprechen und es spricht mit mir. Dann entstanden Erwartungen von potentiellen Kunden und Zuhörern mit einem dominanten religiösen Einfluss, die ich nicht mehr erfüllen konnte. Nach Jahren dieser traditionellen Lehre traf ich die bewusste Entscheidung, auf eine neue Art mit dem Material zu arbeiten. Die Holzbearbeitung, der Weg zur Form, wurde ein ebenso wichtiger Prozess wie die Form selbst. Ich habe Farbe auf das Holz aufgetragen, Farbe auf die natürliche Maserung, um mit dem Effekt zu spielen. Die Empörung war anfangs hörbar, aber auch eine stetig wachsende Wertschätzung meiner Arbeit. Ich balanciere diese Experimente allmählich aus. Ich kann sehen, dass die Rebellion für mich notwendig war.

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Ausstellunsansicht: Anna Mrzyglod, Quadratische Bäume, Foto: © FRAMERATE MEDIA / Stefan Otto

Carola Hartlieb-Kühn: Ich habe ein Zitat von Ihnen gefunden, da sagen Sie: “Schon im Rohmaterial sehe ich vor meinem Auge die Entstehung der neuen Skulptur, dabei liebe ich die Herausforderungen, die das Werkmaterial in diesem Prozess an mich stellt.” Wie sind Sie hier vor Ort vorgegangen, hatten Sie zuerst eine Idee oder haben Sie sich von der Landschaft oder der Natur inspirieren lassen?

Anna Mrzyglod: Die Square Trees existierten schon als Prototyp im Wald vor meinem Düsseldorfer Atelier. Als ich von dem interessanten Projekt der aquamediale erfuhr, war für mich von Anfang an klar, dass dies der geeignete Ansatz ist, umso mehr erfreute es mich, dass sich die Jury und der Kurator Harald Larisch meiner Ansicht anschließen konnten.
Es war eine glückliche Fügung, dass sich mein Projekt und das Thema der aquamediale 2025 sowohl zeitliche als auch thematisch so wunderbar ergänzen.

Carola Hartlieb-Kühn: Ihr Werk trägt den Titel Square Trees (dt. Quadratische Bäume). Der Titel spiegelt sich in der Form Ihrer bearbeiteten Skulpturen wider. Was hat es damit auf sich ?

Anna Mrzyglod: Menschengemachte Zerstörung und Respektlosigkeit gegenüber unserem Leben und der Herkunft. Nur eine hochentwickelte Spezies ist sich selbst gegenüber so zerstörerisch. Die quadratischen Bäume werden aus ihrem natürlichen Kontext herausgelöst und in einen neuen räumlichen und bedeutungsvollen Kontext gestellt. Eine Galerie im Wald, ein Park oder ein städtischer Raum, so dass sie sich im Gleichgewicht zwischen dem Natürlichen und dem vom Menschen Geschaffenen befinden, aber ein Ungleichgewicht aufweisen.

Carola Hartlieb-Kühn: Was hat den Ausschlag gegeben, einige Ihrer Bäume ins Wasser zu setzen, andere ans Land?

Anna Mrzyglod: Alles Leben kommt aus dem Wasser, im Spreewald wird dies sehr deutlich und die Umsetzung des Wasser-/Landprojektes war quasi unausweichlich. Zumal mich der Kurator dahingehend unterstützt hat.

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Ausstellunsansicht: Anna Mrzyglod, Quadratische Bäume, Foto: © FRAMERATE MEDIA / Stefan Otto

Carola Hartlieb-Kühn: Sie machen viel Kunst im öffentlichen Raum, zum Beispiel auch Straßenkunst. Das bedeutet, dass die Reaktion der Menschen wahrscheinlich wichtig für Sie ist. Inwieweit interagieren die Square Trees mit den Menschen, die sie entdecken?

Anna Mrzyglod: Mein Atelier befindet sich im Wald. Es ist mir gelungen, einige tote Bäume an der Zufahrtsstraße umzuwandeln. Ich beobachte oft interessierte Spaziergänger vor ihnen, und der gelegentliche Wortwechsel führt immer zu positiven Reaktionen. Der Besucher ist sich bewusst, dass der Mensch hier eingegriffen hat, obwohl sich die quadratischen Bäume sehr unauffällig in ihre ehemals ursprüngliche Umgebung einfügen. Bei näherer Betrachtung stellt sich sofort die Frage, warum dies geschehen ist. Diese Gedankengänge möchte ich bei vielen Menschen auslösen.

Carola Hartlieb-Kühn: Im Vergleich zu Ihren früheren Skulpturen wie Der Bär, die figurativ und bewusst symbolisch aufgeladen sind, kann man Ihre Baumskulpturen eher als abstrakt bezeichnen. Stimmen Sie mir zu oder liege ich falsch?

Anna Mrzyglod: Ich überlasse die Kategorisierung gerne denjenigen, die sich dafür interessieren. Für mich ist die Philosophie meiner Arbeit zentral, und das ist bei Bear und Square Trees nicht anders. Meine Arbeit stellt kritische Fragen zu bestimmten Themen. Das ist für mich die Essenz meiner Arbeit, noch vor der Methode der Verarbeitung des Arbeitsmaterials.

Carola Hartlieb-Kühn: Sie sind nicht nur Bildhauerin, sondern auch Malerin. Gibt es in Ihrem Werk Quadratische Bäume Momente, die sich in Ihrer Malerei wiederfinden?

Anna Mrzyglod: Die Aussage des Werks und meine Haltung zu bestimmten Themen sind mir sehr wichtig. Zu Beginn des Konflikts in der Ukraine malte ich bei einer Straßenkunstausstellung ein kritisches Bild, das in der nächsten Nacht zerstört wurde. Meine moralischen und ethischen Ansichten sind untrennbar mit meiner Arbeit verbunden, und das wird sich auch nicht ändern.

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