Elín Hansdóttir, What happens when nothing happens, 2023,
Ausstellungsansicht Schering Stiftung, Berlin, Rendering: Ihor Sokolov / Oleksandr Sirous


In der Berliner Schering Stiftung, die in ihrem Projektraum regelmäßig Positionen im interdisziplinären Dialog zwischen Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft präsentiert, hat am Mittwoch eine neue Ausstellung eröffnet. Die Ausstellung What happens when nothing happens? zeigt Arbeiten der isländischen Künstlerin Elín Hansdóttir. In ihren immersiven, ortsspezifischen Installationen experimentiert Hansdóttir mit Größenverhältnissen und optischen Illusionen. Zu sehen sind Fotografien und eine VR-Arbeit, die in Zusammenarbeit mit Matthew McGinity, Professor für Mediendesign an der TU Dresden, entstanden sind.

Haben die Besucher*innen erst einmal die schweren Türen und das steinerne Foyer hinter sich gelassen, treten sie in einen dunklen Raum, er ist beinahe würfelförmig. Schwarzer Teppichboden schluckt den Schall, schwarze Wände das Licht.
An den Wänden hängen Fotografien. Motiv sind Ausschnitte eines ebenso schwarzen Raumes, allerdings verstellt durch einen rechteckigen Kubus. Wir sehen eine Art Verschalung aus Holzlatten und Steinwolle. Baumaterial, womöglich ist das Objekt ein Gehäuse? Das Innere ist unbekannt. Auf den Fotografien wird das Objekt immer wieder aus anderen Perspektiven gezeigt.

Setzt man die VR-Brille auf, kehrt sich der Raumeindruck um: Er erscheint immer noch gleich, nur gleißend weiß. Das Gehäuse aus Holz und Steinwolle steht plötzlich vor uns. Unsicher tasten wir uns durch den aufgeräumten Raum in das Innere. Darin: ein verschachteltes dunkles Labyrinth. Mit jedem weiteren Schritt tauchen neue Winkel auf, verwirrend erscheint die Vielzahl an Gängen, Schluchten, Ein- und Ausstülpungen. Per Algorithmus wird der Irrweg endlos fortgesetzt. Im Inneren muten die Wände hoch, fast burgartig. Man verliert die Orientierung. Erst ein von der Künstlerin programmiertes Zeitlimit setzt dem ein Ende - wir sehen einen schmalen Spalt. Der Ausgang, wir laufen zurück und geben die VR-Brille weiter.


Foto: Elín Hansdóttir, Path, 2008,
installation view Galerie Maribel López, Berlin, Photo: diephotodesigner.de © the artist


Wir erkennen die Ähnlichkeiten zwischen dem realen Ausstellungsraum, den fotografischen Arbeiten und der eigentümlichen Verdoppelung in der virtuellen Welt. Merkwürdig ..., weil die Wahrnehmung durch die Brille eine ganz andere ist,, weil das hell ausgeleuchtete Gehäuse plötzlich von innen erlebt werden kann. Dabei drängt sich der Gedanke auf, dass wir wahrscheinlich seit Betreten der Ausstellung im Inneren des Gehäuses gestanden haben.
Der Ausstellungstitel suggeriert einen tieferliegenden Twist, eine ironische Pointe? Eine Illusion des vermeintlichen Nichts. Zumindest muss immer etwas da sein, um das Nichts überhaupt wahrzunehmen. Wohin dieser Titel auch führt – je mehr wir eindringen und Motive wiedererkennen, desto mehr erscheint das Gehäuse wie der Ausstellungsraum. Eine schier endlose Wiederholungsschleife – ein geborgenes dunkles, aber auch ewig verwirrendes Netz von Gängen. Mit jedem Schritt dehnt sich dieses System aus, nur das Zeitlimit der Virtual Reality sorgt für einen Ausstieg. So dringen wir tiefer ein, sehen aber immer das Gleiche. Eine Konstruktion, die permanent zu ihrem Anfang zurückführt. Wie ein kaputter Zoom in Endlosschleife.

Künstler*innen:
Die Ausstellung ist in Zusammenarbeit mit Ihor Sokolov und Oleksandr Sirous
(3D Künstler), Úlfur Hansson (Sound) und Gabriel Patay (Modellbau) entstanden.
Sie wurde kuratiert von Christina Landbrecht.

20.04.–02.07.2023

Elín Hansdóttir: What happens when nothing happens?

Schering Stiftung
Unter den Linden 32–34
10117 Berlin
scheringstiftung.de.