Maurizio Cattelan, Neue Nationalgalerie, Berlin, © Peter Rigaud, 2025

Der Preis der Nationalgalerie 2026 wird an den italienischen Künstler Maurizio Cattelan verliehen.

Maurizio Cattelan (*1960 Padua) ist für seine satirischen und provokanten Skulpturen, Installationen und Performances bekannt. Seine Werke hinterfragen gesellschaftliche Normen, politische Machtstrukturen und den Kunstmarkt selbst. Er vermeidet konventionelle Ausstellungsformate und inszeniert seine Arbeiten, die Humor, Satire und Kritik verbinden, als mediale Ereignisse.
International bekannt wurde Cattelan in den 1990er Jahren mit Werken, die das Publikum schockierten und zugleich faszinierten. Zu seinen ikonischsten Arbeiten zählt La Nona Ora (1999), eine lebensgroße Skulptur des von einem Meteoriten niedergestreckten Papstes Johannes Paul II. Nicht weniger kontrovers konfrontiert Him (2001), eine Skulptur eines knienden, kindgroßen Adolf Hitler, den Betrachter mit der Verkörperung des Bösen in einer entwaffnend zerbrechlichen Form. Aktuell steht sein goldenes WC unter dem Titel America (ein voll funktionsfähige Toilette aus 18-karätigem Gold)von 2016 bei Sotheby’s zum Verkauf.

Jurybegründung heißt es u. a.:
"... Auch seine ironische Infragestellung von Autorität und „Wahrheit” gewinnt heute neue Aktualität. In einer Phase, in der Institutionen – Museen, Politik, Medien – ihre Glaubwürdigkeit und gesellschaftliche Rolle neu definieren müssen, thematisiert Cattelan Machtverhältnisse innerhalb und außerhalb des Kunstsystems – stets ohne moralischen Zeigefinger. Seine Arbeiten regen dazu an, über persönliche Verantwortung, Repräsentation von Geschichte und die Grenzen institutioneller Kritik und Autorität nachzudenken.

In einer Atmosphäre politischer und sozialer Verhärtung wirkt Cattelans subversiver Humor als befreiendes Mittel. Er zeigt, dass Provokation und Komik nicht bloß Ausdruck von Zynismus sind, sondern Formen des Widerstands und der konstruktiven Reflexion. Gerade im deutschen Kontext, in dem gesellschaftliche Debatten häufig moralisch aufgeladen sind, eröffnet seine Kunst neue Räume des Denkens – jenseits von Empörung und Polarisierung.

Cattelan ist kein Künstler der Eindeutigkeit. Seine Stärke liegt darin, Ambivalenzen auszuhalten, Widersprüche sichtbar zu machen und neue Fragen zu stellen. Genau dieses Denken im Dazwischen kann produktive Irritation erzeugen – und erinnert daran, dass Uneindeutigkeit keine Schwäche, sondern eine Voraussetzung für kritisches Bewusstsein ist.

Die Neue Nationalgalerie, mit ihrem ikonischen Bau von Mies van der Rohe, ist als Ort zwischen Moderne, 20. und 21. Jahrhundert und Gegenwart prädestiniert, Cattelans Werk in seiner Vielschichtigkeit zu zeigen – als Spiegel und Kommentar unserer Zeit.“

Jury:
Emma Lavigne (Direktorin der Pinault Collection, Paris), Sam Keller (Direktor der Fondation Beyeler, Basel) und Klaus Biesenbach (Direktor der Neuen Nationalgalerie). Vorschlagsberechtigt waren neben den Fach-Juror*innen die Kurator*innen der Nationalgalerie sowie die Mitglieder der FREUNDE der Nationalgalerie.

Die Maurizio Cattelan-Ausstellung findet im September 2026 der Neuen Nationalgalerie statt. Mit der Ausstellung kehrt Maurizio Cattelan nach Berlin zurück, wo er 2006 die 4. Berlin Biennale mitkuratierte.

Neue Nationalgalerie
Potsdamer Straße 50
D-10785 Berlin
preis.freunde-der-nationalgalerie