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Ausstellung Melting Mountains: Vortrag+Gespräch

17 Uhr: mit Theresa Schubert (Künstlerin) und Ingeborg Reichle (Kunsthistorikerin / Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam). Projektraum MEINBLAU, Christinenstr. 18-19, 10119 Berlin

Zur aquamediale 15: Im Gespräch mit der Künstlerin Marike Schreiber

von chk (04.07.2023)
vorher Abb. Zur aquamediale 15: Im Gespräch mit der Künstlerin Marike Schreiber

Marike Schreiber, Frequenz eines problematischen Zustands (Detail), 2023, Foto: FRAMERATE MEDIA / Förderverein aquamediale e.V.

Die aquamediale ist ein jährlich stattfindendes internationales Festival für zeitgenössische Kunst im Spreewald. Das Spreewalddorf Schlepzig bildet dabei den Ausgangspunkt für künstlerische Interventionen, die sich immer wieder mit hochaktuellen Themen unserer Zeit beschäftigen. So zum Beispiel die aquamediale 13, die sich unter dem Motto „Spreeland trifft ...“ mit Fragen der Globalisierung auseinandersetzte. In diesem Jahr lautet das Thema »UNART NATUR - Mensch prokontra Natur«. Aus einem Open Call heraus bewarben sich 123 Künstler*innen aus 16 Nationen, 10 wurden für die aquamediale 15 ausgewählt. In Zusammenarbeit mit dem Kurator Harald Larisch werden nun die Kunstwerke vor Ort realisiert.

Marike Schreiber lebt und arbeitet an der Mecklenburgischen Seenplatte. Sie hat Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig in der „Klasse Bildende Kunst“ studiert.
In ihren Werken beschäftigt sie sich mit der Visualisierung von Ausdrucksformen der Wissensvermittlung, der Wissenschaftskommunikation und der Wissenschaft selbst.

Interview

Carola Hartlieb-Kühn: Wissenschaftsvermittlung bildet in Ihrem Werk eine wichtige Grundlage. Für welche Disziplinen interessieren Sie sich besonders und warum?

Marike Schreiber: In der Vergangenheit hat mich besonders die Beschaffenheit von Modellen in der Wissenschaft interessiert und auf welche Weise die Abstraktion der Modelle – denn ein Modell bedeutet eine Vereinfachung eines Objekts, Zustands oder Vorgangs – die inhaltlichen Aussagen mitbestimmen.
Parallel dazu finde ich Skalen und Maßstäbe in ihrer schlichten Klarheit interessant, zum Beispiel die Messlatten auf Fotografien von Ausgrabungsstätten, Tat- und Fundorten oder auch Zeitstrahlen, welche beispielsweise die Abfolge der verschiedenen Erdzeitalter visualisieren.

CHK: Verstehen Sie Ihre Kunst als künstlerische Forschung?

MS: Nicht unbedingt, wenn künstlerische Forschung meint, dass ich mich interdisziplinär zwischen Kunst und Wissenschaft bewege. Ich würde meine Praxis eher als ästhetische Forschung beschreiben. Ein Konzept, das von der Pädagogin und Künstlerin Helga Kämpf-Jansen geprägt wurde und künstlerische Praxis, Kunsttheorie und Alltagsästhetik zusammenbringt.


Marike Schreiber, beim Aufbau von Frequenz eines problematischen Zustands, 2023, Foto: FRAMERATE MEDIA / Förderverein aquamediale e.V.

CHK: Was sind die zentralen Ideen Ihrer ästhetischen Forschung?

MS: Eine zentrale Idee ist vielleicht, dass ich mir anschaue, was bei einer wissenschaftlichen Abbildung, einem Modell oder einer Skalierung, außer der scheinbar nüchternen Information, noch alles gesagt wird und welches spekulative Potenzial ich entdecken kann.

CHK: Was kann die Kunst, was die Wissenschaft nicht kann?

MS: Sowohl Wissenschaftler:innen, als auch Künstler:innen treffen mit ihren Arbeiten bestimmte Aussagen über etwas. Beide Bereiche können ästhetische Erfahrungen, aktivistisches Potenzial, relevante theoretische Erkenntnisse oder technologische Innovationen bieten. Dabei kommt es vor allem auf die Erwartungen und das Vorwissen der jeweiligen Rezipient:innen und die Kontexte an. Im Kontext der Kunst könnten Elemente der Wissenschaft präsentiert und rezipiert werden, aber andersherum ist das nicht einfach so möglich.
Als jemand, der Kunst schafft, habe ich, im Unterschied zu einer Person, die Wissenschaft betreibt, eine große Freiheit in Bezug auf Form und den Inhalt. Die Grenzen dieser Freiheit werden durch andere Parameter als in der Wissenschaft gesetzt, aber es gibt auch Einschränkungen der Freiheit, die für beide identisch sind, zum Beispiel ökonomische Grenzen.

CHK: Könnten Sie einmal Ihre konkrete künstlerische Arbeitsweise beschreiben?

MS: Meistens spricht mich etwas ästhetisch an, das kann zum Beispiel eine Abbildung sein, die in einem Geologiebuch den Querschnitt verschiedener Bodenschichten zeigt. Und dann frage ich mich, was genau an dieser Abbildung spannend ist. Ist es möglicherweise die Perspektive, sind es die Farben, der Ausschnitt oder der Grad der Abstraktion? Oft benutze ich solche Abbildungen als Ausgangsmaterial und fange an, damit zu experimentieren und sie meinerseits zu verändern. Es entstehen Zeichnungen, aus denen später Objekte, Skulpturen oder Installationen werden.

CHK: Auch in früheren Arbeiten tauchten Messlatten in unterschiedlichen Varianten auf. Für die aquamediale arbeiten Sie mit Pegellatten und nutzen die Skalierung für Ihre eigenen Zwecke. Inwieweit ist der ursprüngliche Vorgang des Messens von Bedeutung?

MS: Der Vorgang des Messens spielt dabei keine große Rolle mehr, sondern eher der Zusammenhang zwischen dem Werkzeug und dem Element Wasser, das hier vermessen wird.

CHK: Welche Materialien verwenden Sie noch und welche Rolle spielt die Materialität in Ihrem Werk?

MS: Ich arbeite gerne mit Holz, das hat sich einerseits aus ganz praktischen Gründen ergeben, denn es ist preiswert, ökologisch, vielseitig bearbeitbar und andererseits auch inhaltlich mit dem Modellbegriff verknüpft, wenn wir zum Beispiel an Modelleisenbahnen oder andere Landschaftsmodelle denken. Für Arbeiten in Ausstellungs(innen)räumen, arbeite ich mit Bunt- und Bleistiften direkt auf dem Holz, weil ich unbedingt sichtbar machen möchte, wie meine Arbeiten gemacht sind.


Marike Schreiber, Frequenz eines problematischen Zustands / Skulpturenensemble, 2023, Foto: FRAMERATE MEDIA / Förderverein aquamediale e.V.

CHK: Wichtig scheint mir in Ihren Arbeiten auch, dass das Faktische der Wissenschaft durch die sinnliche Wahrnehmung hinterfragt wird. Liege ich damit richtig?

MS: Ja, ich denke, für unsere Zeit sind Wissenschaftsbilder, wie sie in der Wissenschaftskommunikation eingesetzt werden, sehr prägend, zum Beispiel die zahlreichen Coronavirus-Visualisierungen der letzten Jahre. Ich glaube, dass diese Bilder maßgeblich die Auffassung bestimmen, die wir selbst von uns als Menschen und der Welt haben und gerade deshalb künstlerisch zu hinterfragen sind.

CHK: Für den Spreewald haben Sie ein Skulpturenensemble aus drei Skulpturen ausgeführt? In welcher Beziehung stehen die Skulpturen zueinander?

MS: Die drei Skulpturen stehen formal und inhaltlich in engem Bezug. Ich möchte, inspiriert durch den spezifischen Standort an einer Fließ-Gabelung, der wie eine kleine einsame Insel wirkt, eine Stimmung erzeugen, die zwischen Südseeparadies und Endzeitszenerie changiert.

Weitere Informationen zu Marike Schreiber: www.marikeschreiber.de

Weitere Infos zur aquamediale 15: www.aquamediale.de und www.kuenstlerhaus-eisenhammer.de

chk

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